Michael Lewin und Erich Seitter im Gespräch

Künstleragenten - Macht und Ohnmacht

Sie sind nicht ausübende Künstler, sondern ermöglichen hinter den Kulissen den Erfolg von Opern-Lieblingen: Die Agenten Michael Lewin und Erich Seitter. Im Gespräch mit Haide Tenner erzählen sie u. a. über die Problematik von Engagements und den Aufbau von Karrieren.

In der "Opernwerkstatt" stehen diesmal nicht ausübende Künstler im Mittelpunkt, sondern zwei Persönlichkeiten, die hinter den Kulissen oft erst den Erfolg und die Karriere unserer Bühnenlieblinge erleichtern:

Die Agenten Michael Lewin und Erich Seitter, mit denen Haide Tenner über die Problematik von Engagements, Aufbau und Entwicklung von Karrieren, aber auch über die schwierige finanzielle Situation der Bühnen in Zeiten der allgemein angesagten Sparmaßnahmen diskutiert.

Wie wird man Künstlermanager?

Erich Seitter begann als Sänger, sah aber - auch aus gesundheitlichen Gründen - keine Zukunft in diesem Beruf und wurde von Joan Holender in die damalige Agentur Starka engagiert. 1987 gründete er seine eigene Agentur.

Wie findet man überhaupt junge Sänger, die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen haben? "Dies ist ganz unterschiedlich, z. B. Elina Garanca, die gerade eine große Karriere beginnt, entdeckte ich in Frankfurt, als ich mir wegen eines anderen Sängers die Vorstellung ansah. Drei Monate später traf ich sie wieder bei einem Gesangswettbewerb in Cardiff, wo sie den zweiten Platz errang. Da habe ich ihr ein Vorsingen an der Wiener Staatsoper ermöglicht. So begann ihre Karriere in Wien."

Lewin, ein umfassender Betreuer

Michael Lewin ist weniger Vermittler von Engagements, sondern sieht sich eher als Manager, der Künstler umfassend betreut und ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht. Wie wurde er Manager?

"Irgendwann, als ich knapp 20 Jahre alt wurde, war ich's! Ich hatte ein Konzert von Paul Gulda organisiert und kurz bevor er auf's Podium trat, sagt er zu mir: Du weißt eh' was Du bist - Du bist ein Manager! Und so war's dann!" Und auch auf Entdeckungen kann er verweisen: "Ich entdeckte z. B. den Dirigenten Kirill Petrenko bei einem Abschlusskonzert der Musikhochschule. Ich kann nur sagen, der ist mit dem Taktstock auf die Welt gekommen. Eine Wucht!"

Prekäre Lage deutschsprachiger Klein-Bühnen

Erich Seitter veranstaltet einmal im Monat ein Vorsingen, für das sich junge Bühnenangehörige bewerben können. Beide Künstler-Agenten bedauern, dass die finanzielle Situation an den Bühnen im deutschsprachigen Raum immer prekärer wird. Dadurch wird es für junge Künstler immer schwieriger, erste Engagements an kleinen Bühnen zu bekommen, wo sie erste Erfahrungen sammeln können.

Dies bedeutet aber, dass es in einigen Jahren auch an Nachwuchs für die großen Opernhäuser Europas fehlen wird. Michael Lewin stellt dazu fest: "Diese rund 100 kleinen Bühnen im deutschen Sprachraum sind die Herz-Lungenfunktion des gesamten internationalen Opernbetriebes. Wenn die kollabiert, wird der gesamte Opernbetrieb, wie wir ihn heute kennen, zugrunde gehen, da sich junge Sänger nicht mehr langsam entwickeln können."

Problematische Rolle der Kritik...

Ein Thema der Diskussion ist auch die Rolle der Kritik. So ist zu bemerken, dass der Besprechung der Inszenierungen immer mehr Bedeutung zugemessen wird. Die Sänger kommen dabei oft zu kurz.

In Österreich gibt es auch immer weniger Kritiker, die dafür wirklich qualifiziert sind. Und es kommt kaum vor, dass ein Kritiker sagt: Hier ist ein unbekannter Sänger, der eine Entdeckung wert ist.

...und namhafter Dirigenten

Generell wird auch bemängelt, dass heute nur noch wenige namhafte Dirigenten jungen Kollegen etwas zu sagen haben. Barenboim und Levine sind hier löbliche Ausnahmen. Ebenso fehlt auch der entsprechende Maßstab. Die großen Dirigenten hatten noch eine direkte Beziehung zu den berühmten Komponisten ihrer Zeit.

Bruno Walter und Otto Klemperer hatten Kontakt zu Mahler, Fritz Reiner, Karl Böhm und Clemens Krauss kamen von Richard Strauss. Ebenso wie Karajan. Den heutigen Dirigenten fehlt vielfach dieser wichtige Bezug zu den großen Komponisten-Persönlichkeiten. Es wird aber auch immer schwieriger, da sich der Abstand der Interpreten zur Entstehungszeit der klassischen Werke immer weiter vergrößert.