Filmplakate im Lauf der Zeit
Die Visitenkarte des Kinos
"Welcome home" heißt eine von der Kritik durchaus freundlich aufgenommene Polit-Komödie aus Österreich. Der Film hat dennoch ein Problem: sein Plakat. Nicht immer dient die Visitenkarte des Kinos auch dem Film, für den sie wirbt, doch oft verrät sie viel vom Zeitgeist.
8. April 2017, 21:58
Zwei heimische Polizisten und ein Afroamerikaner. Was die drei Menschen gerade tun, wird nicht recht deutlich. Ein orangefarbener Himmel überwölbt das Trio, am Rand suggerieren Zebras und Giraffen, dass die Szene in Afrika angesiedelt ist. Hässlicheres wurde in der letzten Zeit nicht affichiert als dieses in schmutzigen Brauntönen gehaltene Plakat, das für den Film "Welcome home" nicht wirklich wirbt. Andreas Gruber, der Regisseur des Films, ist eben kein Stanley Kubrick, und das bezieht sich jetzt nicht im Mindesten auf seine inszenatorischen Qualitäten.
Corporate identities
Kubrick war nämlich der erste Regisseur gewesen, der sämtliche Werbemittel zu seinen Filmen, also auch die Plakate, höchstpersönlich überwacht hatte. Der Soldatenhelm mit dem Peace-Symbol aus "Full Metal Jacket", die Raumstation aus "2001" - alles von Kubrick selbst ausgesucht und weltweit zum Plakatmotiv erkoren. Kubrick war (auch) hier ein Vorreiter: Heutzutage sind solche optischen "Corporate identities" für teuer budgetierte Filme üblich.
Die goldfarben stilisierten Porträts aus den "Herr der Ringe"-Filmen blicken in den USA ebenso von der Plakatwand wie in Europa - die Vermarktung überlässt nichts dem Zufall mehr. Ein kultureller Verlust? Durchaus.
Kinogemälde
Noch in den 5oer Jahren des letzten Jahrhunderts konnten die Filmverleihe in den einzelnen Ländern, ja sogar die Erstaufführungskinos weitgehend selbst über die Werbemittel für Filmneuheiten bestimmen. Das Ergebnis waren oft gemalte Kinogemälde von gleißender Farbpracht, auf die sich einzelne Grafiker eigens spezialisiert hatten. Sie verbanden die jeweiligen Stars des Films mit ausgewählten szenischen Höhepunkten der Handlung zu Bild-Kompositionen, die heute bei Auktionen hohe Sammlerpreise erzielen. Namen wie Ernst Litter, Heinz Schulz-Neudamm oder Klaus Dill genießen unter Kennern Kultstatus.
Foto statt Pinsel
Erst in den 70er und 80er Jahren begann sich die Situation auf dem Filmplakatsektor dramatisch zu verändern: Im Zeitalter der damals aufkommenden Schachtelkinos hatten ausladende Breitwand-Plakate ausgedient. Der Fotoapparat ersetze zunehmend den Malerpinsel, die einfallslose Ablichtung der jeweiligen Stars die eigenständige grafische Film-Umsetzung. Die "Goldene Ära" der Filmplakate war vorüber. Jetzt wird sie neu entdeckt und als unverstellter Ausdruck der Trivialkultur geschätzt. Auch außerhalb des eigentlichen Kinosaales kann sich Filmkultur ereignen.
Links
Warner Bros. - Stanley Kubrick
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