Dichter der Freiheit

Der Enthusiast der Freiheit - Teil 1

Friedrich Schiller: der Dichter des Edlen, Wahren, Guten. Dieses Zerrbild des idealistischen Schriftstellers bestimmte die Schiller-Rezeption der letzten Jahrzehnte. Diese Phase ist nunmehr beendet, meint der Philosophie-Historiker Rüdiger Safranski.

Rüdiger Safranski, Autor einer viel beachteten Schiller - Biografie, bezeichnet den Klassiker als universellen, kritischen Intellektuellen. Besonders betont Safranski Schillers Einsatz für die Freiheit.

Die Auseinandersetzung mit verschiedenen Formen der Macht, die ein menschenwürdiges Leben beeinträchtigen oder verhindern, bestimmte auch sein künstlerisches Schaffen. Das Ziel war der "Bau einer wahren politischen Freiheit als das vollkommenste aller Kunstwerke".

Frühes Leid

Geboren wurde Friedrich Schiller am 10. November 1759 in Marbach. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf; er verbrachte nach eigener Aussage "eine traurige und düstere Jugend". Schuld daran war der tyrannische Herzog Carl Eugen von Württemberg.

Er zwang Schiller zum Besuch eines Internats, das sehr autoritär geführt wurde. Die Jugenderlebnisse verarbeitete Schiller in seinem ersten Drama "Die Räuber", das 1782 in Mannheim aufgeführt wurde.

Drama der Rebellion: "Die Räuber"

Im Mittelpunkt des Dramas steht der Konflikt zweier Brüder. Der vom gräflichen Vater bevorzugte, geniale Karl Moor fällt einer Intrige seines nihilistischen, bösartigen Bruders Franz zum Opfer, der seinen Bruder als flüchtigen Verbrecher denunziert.

Daraufhin wird Karl vom Vater verstoßen. Als Reaktion stellt sich der tief getroffene Karl an die Spitze einer Räuberbande, um sich als neuer Robin Hood an den Herrschenden zu rächen. "Die Privaterbitterung gegen den unzärtlichen Vater" - so Schiller in einer Selbstbesprechung des Dramas - "wütet in einem Universalhass gegen das ganze Menschengeschlecht".

Karl Moor wurde vielfach als Verkörperung des Sozialrebellen interpretiert, der sich gegen die Ausbeutung des Volkes durch die Mächtigen zur Wehr setzt. Als Revolutionsdrama wurde es speziell in den Jahren nach der Studentenrevolte des Jahres 1968 inszeniert. Dabei fungierte Andreas Bader gleichsam als Karl Moor der Roten Armee Fraktion, der die Marionetten des Imperialismus mit Waffengewalt bekämpfte.

Flucht und Armut

Schiller wurde der Druck des Despoten unerträglich; gemeinsam mit seinem Freund Andreas Streicher floh er nach Mannheim und fand Zuflucht auf dem Gut der Landadeligen Henriette von Wolzogen. Hier entstanden die Dramen "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua" und "Kabale und Liebe", die auf wenig Publikumsinteresse stießen.

Der geringe Erfolg der Dramen brachte Schiller an den Rand des finanziellen Ruins. Er musste Geld von Freunden ausleihen, dazu kamen gesundheitliche Probleme, die ihn zeit seines Lebens begleiteten.

In dieser Situation kam Schiller eine Einladung von Freunden sehr gelegen. 1785 übersiedelte er nach Dresden, wo er bei dem Juristen Christian Gottfried Körner wohnte, der ihn finanziell unterstützte. Dieser existenzielle Rückhalt ermöglichte Schiller die Arbeit an dem dramatischen Gedicht "Don Carlos", das er 1787 abschloss.

"Don Carlos"

Im Zentrum der Tragödie steht das Gespräch zwischen dem spanischen König Philipp und Marquis Posa. Der König fühlt sich in seinem Hofstaat isoliert. Verzweifelt sucht er nach einem Menschen, dem er vertrauen kann. Diesen Einzigen findet Philipp ausgerechnet in Marquis Posa, einem engen Freund seines Sohns Don Carlos.

Posa vertritt die Thesen der französischen Aufklärung, die den Despotismus der absoluten Monarchie als höchstes Übel geißelte. Trotz seiner staatsgefährdenden Gedanken erringt Posa die Gunst des Despoten. Der königliche Vertrauensbeweis beflügelt Posa, seine Ideale machtpolitisch zu verwirklichen. Er bedient sich ebenfalls der Intrige und verrät seinen Freund Don Carlos.

Durch die vermeintliche moralische Überlegenheit seines Ideals legitimiert, nimmt er keine Rücksicht auf die Gefühle des Einzelnen. "Er schaltet ebenso willkürlich mit den Individuen" - schreibt Schiller - "als der selbstsüchtigste Despot". Schiller entlarvt hier jene Revolutionsideologie, die - wie die Rote Armee Fraktion - bereit ist, das Individuum für die ideale Gesellschaftsform zu opfern.

Download-Tipp
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Buch-Tipps
Friedrich Schiller, "Sämtliche Werke", dtv Verlag ISBN 3423590688

Peter-Andre Alt, "Schiller. Leben - Werk - Zeit. Eine Biographie", C.H.Beck Verlag, ISBN 3406531288

Pete-Andre Alt, "Friedrich Schiller", C.H.Beck Wissen (Kurzfassung), ISBN 3406508578

Dieter Borchmeyer, "Macht und Melancholie, Schillers Wallenstein", Edition Mnemosyne, ISBN 3934012183

Claudia Pilling, Diana Schilling und Mirjam Springer, "Schiller", rororo Monographien, ISBN 3449506009

Rüdiger Safranski, "Schiller oder die Erfindung des deutschen Idealismus", Hanser Verlag, ISBN 3446205489