Über späte Mütter, ratlose Väter und Singles

Andrea Händlers "Einsendeschluss"

In "Einsendeschluss" - dem neuen Programm von Andrea Händler - kommt jeder dran: hysterische Spätmütter, vollbewusste Vati-Schlaffis und natürlich diese halslosen Monstren, die das Leben ihrer Umwelt in ein einziges Alete-Inferno verwandeln.

Händlers maximaler Kinderwunsch

Kinder sind für Andrea Händler das, was andere haben. Denn das angeblich schönste Geschenk, das ein Mann einer Frau machen kann, ruiniert erst einmal die Figur und dann die Wohnung. Andererseits stellt sich die Kabarettistin schon die Frage: Sollen, dürfen ihre prächtigen Gene dem Orkus der Vergessenheit anheim fallen? Schließlich ist so ein G'schrap nicht nur ein Fall für die Fürsorge, sondern auch eine Anlage zur Vorsorge.

Wenn die biologische Uhr tickt

Eine Frau Anfang Vierzig muss sich von ihrem Gynäkologen sagen lassen, dass ihre biologische Uhr bereits unüberhörbar tickt, und zwar - darf man dem Arzt Glauben schenken - so laut wie ein Presslufthammer. Das ist die Ausgangslage für Andrea Händlers sechstes Solo namens "Einsendeschluss“. Im Leben auf der Bühne der erst kürzlich in die "Gemeinschaft der 40-Jährigen“ eingetretenen Frau scheinen mit einem Male alle bislang gültigen Klarheiten beseitigt.

Was tun also, wenn man keine Antworten mehr auf die wirklich brennenden Fragen der neuen und - wie sich herausstellt - der für die noch kinderlose Frau doch heiklen Lebensdekade parat hat? Soll man sich nun um Nachwuchs bemühen? Und wenn ja, was tun, wenn selbiger später einmal als Berufswunsch "Serienmörder“ angeben wird? Die Journalistin und Kolumnistin Angelika Hager, die auch unter dem Pseudonym "Polly Adler“ regelmäßig über urbanes Frauenleben im Lichte der Szene berichtet, fasste der Kabarettistin Ideen in Worte.

Kind, Karriere und Koitus

Das Programm "Einsendeschluss“ ist eine sarkastische Abrechnung mit einer Reihe von Eitelkeiten und scheinbaren Bedürfnissen, die unseren Alltag bestimmen. Andrea Händler und Angelika Hager haben gemeinsam einen bitterbösen Gesellschaftsentwurf gezeichnet, der für späte Mütter ebenso einen Schuss Ironie bereithält wie für ratlose Väter und für grundsätzlich Fortpflanzungsunwillige, die dem sozialen und moralischen Druck, sich fortzupflanzen, trotzig Widerstand leisten. Ohne Pathos, dafür aber mit viel Sinn für Situationskomik wird der Alltag einer jungen Familie und später jener der alleinerziehenden Mutter gezeigt, die - wie sie sagt - "Kind, Karriere und Koitus“ gerne in einem Leben untergebracht hätte.

Interview mit Andrea Händler

Silvia Lahner: Wie weit ist das Programm "Einsendeschluss“ auch ein wenig autobiografisch?
Andrea Händler: Meine beste Freundin hat mit 40 Jahren ihr erstes Kind bekommen. Das war eigentlich der Auslöser für dieses Programm. "Einsendeschluss“ heißt in meinem Fall nichts anderes, als 40 Jahre alt zu sein; die biologische Uhr tickt, und wenn man nicht rechtzeitig seinen "Sperminator“ gefunden hat, dann war’s das; dann ist Einsendeschluss. Mich selber hat meine biologische Uhr nicht sonderlich interessiert, weil ich schon relativ früh der Meinung war, ich werde keiner Kinder bekommen wollen. Ich habe darauf gewartet, ob ich irgendwann Lust darauf bekomme; aber diese Lust ist bis jetzt noch nie gekommen. Und wenn sie später kommt, dann habe ich eben Pech gehabt. So einfach ist das!

Kann man trotzdem ein Programm über Kinderwunsch, Geburt und Mutterfreuden machen?
Ich habe immer schon gerne Erlebnisse auf der Bühne verarbeitet, die ich nicht selber erlebt habe, sondern die ich nur gesehen und so nebenher erlebt habe. Ob das jetzt die Esoterik war oder die Ehe - ich war weder jemals Esoterik-Freak noch war ich verheiratet und habe über beide Themen Programme gemacht. Also muss das “Kinder-Bekommen“ natürlich auch ein Thema sein. Man braucht ja nur zu beobachten, weil man doch viele Mütter und Väter kennt. Gott sei Dank ist das so - ich will doch auch eine Pension!

Gibt es Fantasien, wie Andrea Händler als Mutter wäre?
Ich selber fühle mich heute zu alt für ein Kind, ich hätte die Nerven dafür nicht mehr. Allein der Gedanke, dass ich jetzt 18 Jahre Verantwortung übernehmen müsste ... dann bin ich ja 58! Das wäre mir zuviel, obwohl ich einige Mütter kenne, die erst mit 40, 41 ihre Kinder bekommen haben und mit 50 viel bessere Mütter sind als so manche 20-Jährige. Ich glaube, das ist immer sehr individuell zu beurteilen. Jedenfalls: Wenn man kein Kind bekommt, ist man unter absolutem Erklärungsbedarf, weil viele das nicht verstehen können. Mütter mit erwachsenen Kindern hingegen verstehen das besser. Was mir aber einmal Leid tun wird: dass ich diese Art von Liebe nie kennen lernen werde. Denn das sagen alle Mütter und Väter: Man kann die Liebe zu einem Kind mit keinem anderen Gefühl vergleichen. Das ist eine Art von Liebe, die keine und keiner vorher gekannt hat.

Wie darf man sich die Zusammenarbeit mit der neuen Autorin, der Journalistin Angelika Hager vorstellen?
Das stelle man sich so vor: Zwei Frauen treffen sich im Kaffeehaus, bestellen beide unabhängig voneinander ein Glas Weißwein, packen ihre Zigaretten aus, und dann geht es los. Wir waren uns ganz schnell einig: Ich habe ihr meine Geschichte erzählt, dass ich keine Kinder habe, aber erzählen will, wie es wäre, wenn ich eines hätte. Und ich wollte, dass es eine böse Geschichte wird, eine schwarzhumorige; denn so bin ich. Ich lache über Missgeschicke und mache mich gerne über mich selber lustig; da habe ich kein Problem damit. Und da waren wir uns schnell einig. Angelika kann sich auch bestens über sich selber lustig machen. Und es gibt nicht viele Frauen, die das können. Und da macht das Arbeiten Spaß.

Bislang haben Uli Brée und Ruppert Henning an den Programmen geschrieben. War bei "Einsendeschluss“ die Zeit reif für eine Autorin?
Ich glaube, Männer hätten dieses Thema nie so böse abhandeln können. Die hätten da zu viel Respekt gehabt und hätten sich nicht getraut, so direkt zu werden. Aber als Frau kann man sagen: Das ist so. Also in dem Fall war eine weibliche Autorin notwendig, der verdammt viele böse Dinge eingefallen sind, die aber der Realität entspringen. Ich spiele zum Beispiel die achtjährige Tochter Alpha Händler, die ihre Mutter gnadenlos aufweckt, obwohl diese Mutter eine Nacht durchgemacht hat und mit einem Brummschädel im Bett liegt. Und das Kind sagt dann eben die Wahrheit: "Wie schaust denn du aus ... kein Wunder, dass der Papa nicht mehr bei uns wohnen will ...oder: Wie soll ich mit einer Mutter zusammenleben, die sich heimlich in meine Jeans zwängt?" ... und so weiter. Das traut sich kein Mann zu schreiben, glaub ich ...

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Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 2. Juli 2006, 22:05 Uhr

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