Ein Interview mit Josef Hader über sein jüngstes Solo
Hader muss weg
In Josef Haders neuem Solo ist der Titel Auftrag und Programm zugleich: "Hader muss weg" - von der Kleinkunstbühne schon allein deswegen, weil seine Mikrofonbatterien fast leer sind. Was er selbst dazu zu sagen hat, erfahren Sie im folgenden Exklusiv-Interview.
9. April 2017, 17:52
Ausschnitt aus dem aktuellen Programm
Er hat ihn, den Kabarettisten ihres Vertrauens, aus dem Kleinkunstlokal gelockt und mutwillig in Gefahr gebracht - Josef Hader selbst. Nun liegt der Kleinkunst-Schaffende am Straßenrand, irgendwo in Wiens Peripherie, und fürchtet sich - mit Recht. Denn es kommt, wie es kommen muss, so man sich nicht im Handlungsablauf einer Boulevardkomödie befindet. Der Kabarettist überlebt den Abend nicht. In Josef Haders neuem Solo ist nämlich der Titel Auftrag und Programm zugleich: "Hader muss weg". Muss er das als Kabarettist in seinem wirklichen Leben auch? Wir haben ihn im folgenden Interview dazu befragt.
Der Kabarettist - exklusiv für oe1.ORF.at
Nach knapp elf Jahren gibt es nun wieder ein neues Programm von Ihnen. Mit welchen künstlerischen Ansprüchen sind Sie an die Arbeit gegangen?
Im Grunde wollte ich weg von meiner Person, wieder hin zu einer Art von Ein-Mann-Theater, das über die Gesellschaft etwas aussagt. Nicht eine Person sollte im Mittelpunkt stehen, sondern ich wollte eine Art Kaleidoskop der Gesellschaft zeigen, wie ich sie empfinde. Daher stellte sich die Frage, wie ich mehrere Personen in einem Theaterstück unterbringe. Sieben Leute, die am Würstelstand stehen - das war mir vom Ansatz her zu fad. Ich wollte weg von der starren Dramaturgie. Und so habe ich mich für eine Art Filmdramaturgie entschieden, weil man so am schönsten erzählen kann.
Das Hauptproblem war aber nicht die filmische Dramaturgie. Schwierig war vielmehr die Umstellung von den Monologen meiner früheren Programme auf Dialoge. Die Kraft von dem Programm liegt in den Figuren und dass sie miteinander reden, und sonst ist nix. Und ich habe völlig unterschätzt, wie schwierig das ist. Ich bin mir vorgekommen, wie der erste Mensch, weil alles auf Dialogen aufbaut. Das Ziel war, wirkliche Menschen darzustellen.
Die Figur des Kabarettisten darf im Stück zuerst gegen alles und jeden schimpfen und verschwindet dann relativ bald. Geht es dabei irgendwie auch um die Entzauberung des guten Kabarettisten, auf den plötzlich kein Verlass mehr ist?
Es war von Anfang an klar, dass der Kabarettist eine Figur wird. Zuerst dachte ich noch, es wird die Hauptfigur, dann aber schien es mir viel interessanter, wenn er eine Nebenfigur wird, die bald verschwindet. Dann war die Frage, wie man den Kabarettisten ganz am Anfang positioniert: und da hatte ich lange Zeit die Idee, ich geh auf die Bühne und mache flockiges Kabarett, Comedy, etwas Flottes, Politisches. Ich wollte was machen, wo die Menschen nach 20 Minuten denken, das ist jetzt der neue Hader-Stil. Und dann wollte ich abbrechen, mit einem speziellen Effekt - zum Beispiel dass Rauch aufsteigt und man sagt, da ist ein Kurzschluss passiert, wir müssen unterbrechen. Dann wäre der Abend losgegangen.
Ich bin aber draufgekommen, dass ich das nicht schreiben will. Und dann ist mir eben die Idee gekommen, den Kabarettisten von Anfang an eher als schimpfenden, grantigen Menschen in der Garderobe vorzuführen. Das ist mir beim Schreiben viel leichter gefallen, weil er da eine richtige Person war, ein Charakter, der einfach seine Eigenschaften hat. Das hat mich viel mehr interessiert: Das Schimpfen war einfach viel schöner zu schreiben, ich wollte gar nicht aufhören mit Schimpf-Monologen.
Also wurde der Kabarettist doch irgendwie von der Gutmenschlichkeit entkleidet?
Den guten Menschen als Kabarettisten, den hab ich sowieso auf der Bühne nie wirklich gespielt, auch nicht als Josef Hader. Es ist jetzt eben nicht mehr der Kabarettist, der auch seine Abgründe hat, aber sie irgendwie positiv auf der Bühne auslebt. In 'Hader muss weg' ist der Kabarettist überhaupt nicht mehr faszinierend, vielleicht noch in seiner Schimpferei - er ist so ein ausgepuffter, alter Komiker, der irgendwie 'rumschimpft. Ich dachte, es ist so eine Facette, die ich noch nie hatte. Sicher war ich auch inspiriert von den Thomas-Bernhard-Interviews, die ich gelesen habe. Und es gibt ja keine schöneren Schimpf-Monologe als die Interviews von Thomas Bernhard. Und da habe ich richtig Lust bekommen auf so etwas.
Nach welchen Überlegungen wurden die Figuren angelegt - zum Beispiel Werner, die eigentliche Hauptfigur, seine Freundin Cornelia, der Tankwart, der Musiker ...?
Die Charaktere entstehen, wenn man sich die Geschichte ausdenkt. Ich wusste aber von Anfang an: Es geht sich nur aus, wenn das wirklich Menschen sind und wenn man das Gefühl hat, obwohl da nur Josef Hader oben steht, man sieht einen. Die Figuren können ruhig etwas von Josef Hader haben, aber es müssen Figuren sein. Es muss der Film vor dem Zuschauer ablaufen. Da braucht man dann nicht zu spielen, wie der de Niro; das wird sonst zu virtuos, ein Schauspielerisches herzeigen: 'Schaut's her ich kann mit meinem Körper Klavierspielen'. Dann steht das Virtuose so im Vordergrund, das hat dann nicht die richtige Form. Es muss eine gewisse Leichtigkeit haben, und die Figuren müssen da sein, aber nicht in jeder Nuance gespielt werden, wie in einem Film eben. Man kann sich ruhig denken, im Grunde sind das lauter schizophrene Ausgeburten von Josef Hader, das ist durchaus eine Deutung: Josef Hader ist jetzt verrückt geworden und spielt uns eine Reihe von Figuren vor.
Die Hauptfigur Werner verkörpert den Halbintelektuellen, der ein bisschen liberal, ein bisschen politisch korrekt ist ...
Werner, die Hauptfigur, ist der, der am ehesten bei mir im Programm sitzen könnte. Das ist für mich persönlich wichtig. Mich stört, wenn Leute über längere Zeit über etwas lachen, das sie selber nie sein könnten - also wenn z. B. der Tankstellenbesitzer im Mittelpunkt stünde, und man könnte zwei Stunden über einen Proleten lachen oder eben über eine Frau wie Cornelia. Wenn man Glück hat, lachen Leute über sich selber, und andere lachen über andere, die hier sitzen. In meinen Programmen lacht man aber nicht über Menschen, die auf der gesellschaftlichen Skala ganz woanders angesiedelt sind. Das würde mich stören.
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