Von der Typografie zur Videokunst
Pirmin Blum, Medienkünstler
Sein Weg zur Kunst führte über Umwege: Pirmin Blum, Jahrgang 1969, der nun sein Studium der Medien-Kunst an der Bildenden in Wien beendet hat. Seine Videoarbeiten finden offizielle Anerkennung - und die Nachfrage nach dem Schweizer Künstler steigt international.
27. April 2017, 15:40
"Kurz bevor ich an die Akademie gekommen bin, sah ich Arbeiten von Peter Kogler, die mich spontan interessiert haben. Als ich dann das Atelier im Semper-Depot sah, war ich sehr beeindruckt. Denn ich stellte fest, dass hier die Arbeitmöglichkeiten viel besser als zum Beispiel in Berlin sind.
Und als ich Professor Kogler persönlich kennen lernte, wusste ich, dass ich hier sehr gut aufgehoben bin", erzählt Pirmin Blum, gebürtiger Schweizer, Jahrgang 1969, der an der Wiener Akademie der bildenden Künste bei Peter Kogler Kunst und digitale Medien studiert und im Juni 2005 mit Auszeichnung abgeschlossen hat.
Blums Magisterarbeit "Kiss" war anschließend im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien, dem hemaligen "Semperdepot" zu sehen.
Gefragter upcoming Artist
Inzwischen ist die Liste von Pirmins Blums Ausstellungen, der auch die Online-Videodokumentation der "Plattform1" der "documenta 11" gemacht hat, beträchtlich angewachsen. Der Radius reicht von Wien, Basel, Paris, Turin, New York, bis Peking, Singapur und Tokio, wo er auch bereits einen Workshop geleitet hat. In diesem Frühjahr waren seine Video-Installationen im Wiener "quartier21" sowie beim "Bétonsalon" in Paris zu sehen.
Allein im Sommer 2005 waren in Österreich Arbeiten des Medien-Künstlers in der Gruppenausstellung "Hallo Wels!" in der Galerie der Stadt Wels, im Rahmen von Sotheby's "Artist Quaterly" im Wiener Palais Wilczek sowie im Rahmen der Schau "Reich und Schön" in der Grazer Galerie Patrick Ebensperger zu sehen.
Berlin, Turku, Paris & Wien
Im Herbst 2005 war Pirmin Blum auch international vertreten: Ab 28. September zeigte die Galerie Patrick Ebensperger seine Werke bei der "Berliner Liste 2005", der Messe für aktuelle Kunst, am Prenzlauer Berg im ehemaligen "Vitra Design Museum".
Im Oktober 2005 präsentierte der Wiener "Projectraum Victor Bucher" Blums Video-Installationen bei der "fiac" in Paris. Und im November wurden seine Arbeiten in der Schau "Without Bounderies" im Studio des "Turku City Art Museum" in Finnland sowie in der Wiener Galerie Grita Insam gezeigt.
Eine Entwicklung
Ursprünglich begann Blum, aufgewachsen als Sohn eines Viehzüchters in einer Idylle nahe Luzern, mit 15 eine Lehre in einer Druckerei. Danach wechselte er nach Basel, wo er als typografischer Gestalter ausgebildet wurde. Später arbeitete er als Grafiker für ein Schweizer Modeunternehmen.
Als er entdeckte, dass ihm diese Tätigkeit zu oberflächlich war, entschied er sich - ausgelöst durch Bilder seelisch behinderter Menschen - zu einer Ausbildung als Heilpädagoge. Als Assistent betreute er in einem Heim Autisten und begann sich für Kunsttherapie zu interessieren. "Rückblickend waren diese Jahre eine wichtige Zeit, die mich im Denken weiter gebracht hat", resümiert Blum.
Wechsel zur Kunst
Letztlich entschied sich Blum für die Kunst und begann 1997 mit dem Studium der Malerei an der "Ecole supérieure des Beaux-Arts" in Genf, wo er bis zu seinem Wechsel nach Wien blieb. "Parallel dazu habe ich damals auch mit Videoarbeiten begonnen. Ich hatte in Silvie Defraouie eine tolle Lehrerin, die zusammen mit ihrem Mann die Medienkunst in der Schweiz etabliert hat."
Sichtbar machen, was man tut
Das Studienfach "Kunst und digitale Medien" an der Wiener Akademie hat einen stark konzeptionell geprägten Ansatz künstlerischen Arbeitens mit Medien. Berücksichtigt werden dabei vor allem die individuellen Ansätze der Studierenden. Der Schwerpunkt liegt auf Video sowie Computeranimation, digitaler Photographie, 3-D-Konstruktion und webbasierten Projekten im Kontext der Gegenwartskunst.
"Ich mache immer kurze Segmente von Videos, wo es mir darum geht, in einer kurzen Sequenz selber über den Bildstatus jene Mechanismen, die im Video arbeiten, also unbewusst da sind, auszuloten und sichtbar zu machen. Letztlich geht es immer darum, sichtbar zu machen, was man tut", beschreibt Blum seine Arbeitsweise.
Schutzmechanismen als Thema
In den letzten Jahren hat sich Blum mit Videoinstallationen beschäftigt. Sein Thema: Schutzmechanismen. "Die Frage war: Wo sind diese Schutzmechanismen heute zu finden? Ich habe mich damals entschieden, mit Found Footage, also fremdem Material, zu arbeiten."
"Ich ließ mir von Mercedes Videos über Airbags und gepanzerte Autoscheiben senden. Es ging dabei um Tests, um Effizienz. Und dieses Material diente auch für mich als Test. So habe ich z. B. eine Sequenz genommen, wo ein Airbag explodiert. Kurz vor der gezeigten Explosion habe ich einen Schnitt gemacht - daraus entstand so etwas wie ein Organ, das dem menschlichen Rhythmus angepasst ist. Es ist wie Ein- und Ausatmen."
Eine visionäre Arbeit
Eine unbewusste Vorahnung zu einem tragischen Ereignis steht hinter Blums "Performing a State of Liberty", die am 10. September 2001, also einen Tag vor dem Crash im World Trade Center, entstand: "Ich wollte die Freiheitsstatue besichtigen und stand an jenem Pier, wo die Schiffe abfahren. Dort entdeckte ich eine Frau, die die Freiheitsstatue als Pantomime darstellte. Hinter ihr sah man das echte Symbol. Und da die Frau offenbar schon müde war, ließ sie die Fackel sinken."
Preise und Ankauf durch Stadt Wien
Offizielle Anerkennung haben die Videoarbeiten Blums bereits durch den "Meisterschulpreis, Kunst und Digitale Medien" der Akademie (2002), den "Eidgenössischen Preis für Kunst" des Schweizer Bundesamtes für Kultur und den "Birgit-Jürgenssen-Preis" der Akademie, die er beide 2004 erhielt, gefunden.
Ebenfalls im Jahr 2004 kaufte die Stadt Wien sechs seiner Videoinstallationen, die im Rahmen des "Bétonsalon", einem innovativen Kooperationsprojekt der Kunstunis, in Paris gezeigt wurden, an.
Es lohnt, diesen Weg zu gehen
Ein Anliegen des ambitionierten Künstlers ist es, allen, die den Weg der Kunst gehen wollen, Mut zu machen:
"Man muss dran bleiben. Auch wenn es Momente gibt, wo man sich fragt: Wohin soll das führen und wovon soll ich leben? Aber es lohnt sich, diesen Weg zu gehen. Und es kommen auch die Augenblicke, wo man weiß, es geht weiter."
Kontakt
Pirmin Blum
Links
Akademie der bildenden Künste Wien
Berliner Liste 2005
Bétonsalon
Bundesamt für Kultur
École supérieure des beaux-arts de Genève
FIAC 2005
Galerie der Stadt Wels
Galerie Grita Insam
Birgit-Jürgenssen-Preis 2004
Plattform1_Documenta 11
quartier21
Sotheby's - Vienna
Turku City Art Museum
Winiarzyk