Brückenbau nach Europa

Amerikanische Musik

Musik für Herz und die Unmittelbarkeit des Ausdrucks. Das vermitteln die Werke der Komponisten Aaron Copland und Samuel Barber. Spricht man über Amerika und Europa, darf auch Leonard Bernstein, der Brückenbauer zwischen Europa und Amerika, nicht fehlen.

"I bought me a cat" mit W. Warfield bzw. American Boys Choir

Einfachheit war in den 50er Jahren in Europa weiß Gott nicht angesagt. Emotionale Direktheit, Körperlichkeit verpönt. Der amerikanische Komponist Ned Rorem erinnert sich:

"Die seriellen Killer hatten international die Führung übernommen und unter den Auspizien von Nabokovs Congress for Cultural Freedom Sit-ins veranstaltet. In Rom im Frühling 1954 besuchten wir zwei Wochen lang ein anstrengendes Konzert nach dem anderen, bei denen todernste und absurd komplexe Anstrengungen von Pierre Boulez’ Gefährten der Öffentlichkeit dargeboten wurden.
Wie Samuel Barber zu der Ehre kam, eingeladen zu werden, bleibt ein Rätsel. Dann plötzlich, an einem Dienstag, an dem uns ob der Gewichtigkeit der ganzen Angelegenheit schon der Schädel zu platzen drohte, kam Sam auf die Bühne, um bei den "Hermit Songs" die noch unbekannte Leontyne Price zu begleiten (im azurblauen Paillettenkleid benahm sie sich allerdings schon damals ganz wie eine Diva). Mit den ersten Takten begann das allwissende Publikum, Blicke auszutauschen, die ungefähr ausdrückten: Solchen "Müll" komponiert man heutzutage nicht mehr. Die bezaubernde Dynamik von Leontyne war allerdings nur schwerlich schlechtzumachen - so etwas war bisher weder zu Land noch zu Wasser gehört worden.... Zischen im Publikum ... Buhrufe, gemischt mit verstohlenen Beifallsbekundungen."

Musikmissionar Bernstein

Noch heute kann keiner ihm das Wasser reichen, wenn es darum geht, komplexe musikalische Zusammenhänge so zu präsentieren, dass ein völlig unbeleckter Musikliebhaber die Syntax einer Symphonie verstehen kann: Leonard Bernstein.

Es gibt Platten und Fernsehauftritte, die davon Zeugnis ablegen. Bernsteins erster Fernsehauftritt 1954 bei CBS, in der Sendereihe Omnibus fügte sich bruchlos in die amerikanische Tradition ein, die Massenmedien in den Dienst eines allgemeinen Verständnisses für Literatur und klassische Musik zu stellen.

Dies war bereits eine der Zielsetzungen des ungemein populären Book-of-the-Month Club gewesen; dieser war in den 1920er Jahren gegründet worden, um seinen Mitgliedern per Post wertvolle Bücher ins Haus zu schicken, die ein Ausschuss von Lektoren ausgewählt hatte.

Musik für Bücherfreunde
Im Sommer 1954 kündigte der Club das Erscheinen einer neuen Reihe von "Music-Appreciation Records" ("Musikgenuss auf Schallplatten") an, die die gleiche Absicht verfolgten wie Bernstein: die Zuhörer sollten mehr über klassische Musik erfahren.

In der Folge erwarb der Club die Rechte an Bernsteins Decca-Einspielungen und bat ihn, entsprechende Einführungen zu schreiben und aufzuführen, fünf davon sind auf der fünfteiligen CD-Reihe: Leonard Bernstein, "The 1953 American Decca Recordings" enthalten.

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