Höhenflug mit dem 19-Euro-Ticket
Ryanair, Niki & Co
Für 19, 29 oder 49 Euro nach Rom oder Paris? Kein Problem! Die Billigflieger haben sich ihren festen Platz am europäischen Markt erobert, und es geht weiter aufwärts. Ihr Marktanteil wird sich bis 2010 auf über 30 Prozent mehr als verdoppeln.
8. April 2017, 21:58
InterSky-Chefin Renate Moser über Billigflieger
Die Billigfluglinien, vor wenigen Jahren noch kaum am Markt vertreten, haben das Luftfahrtgeschäft neu definiert, ganz neue Publikumsschichten angezogen, das heißt, die Billigfluglinien bilden zwar eine starke Konkurrenz für die etablierten Airlines, haben aber auch Kunden gewonnen, die bisher gar nicht geflogen sind.
Für 19 Euro oder weniger nach Rom oder Paris
Wichtigstes Verkaufsargument ist natürlich der Preis: Mit 19 Euro pro Strecke oder noch weniger wird geworben , doch zu diesem Preis gibt es nur wenige Plätze, denn auch Billigairlines müssen Geld verdienen.
Der Geschäftsführer von Germanwings, Joachim Klein, erklärt seine Kalkulation:
"Germanwings fliegt fünfmal täglich aus Deutschland nach Wien. Wenn ein Flieger zu 80 Prozent voll ist, muss der Durchschnittspreis bei 60 bis 80 Euro liegen. So gesehen scheint ein Ticket für 150 Euro teuer, aber eine begehrte Tagesrandverbindung bei einer klassischen Airline kostet noch viel mehr".
Wo wird gespart?
Bei InterSky, einer kleinen österreichischen Lowcost-Airline, die in Bregenz ihren Firmensitz hat und früher auch von Bern aus geflogen ist, wird zur Senkung der Kosten auch ganz genau geschaut, wie weit man fliegt, Intersky-Chefin Renate Moser dazu:
"Für 29 Euro kann man vielleicht 1 bis 2 Stunden fliegen, sonst werden die Treibstoffkosten zu hoch. Bei den Flugzeugen setzen die Lowcost-Airlines möglichst auf einheitliche Flugzeugtypen. So können bei der Wartung der Jets, aber auch bei der Ausbildung der Piloten Kosten gespart werden. Gespart wird aber auch bei Dingen, die nicht unbedingt zum Fliegen nötig sind. Und was das Gläschen Champagner betrifft: Das Teure daran ist nicht der Champagner selbst, sondern das Herbeischaffen von gekühltem Champagner und die teuren Gläser".
Low-Fare-Linien sparen aber auch bei der Buchung. Statt aufwändiger Stadtbüros gibt es Callcenter. 90 Prozent der Buchungen laufen aber über das Internet. Der Kunde bucht hier ganz alleine. Dabei kann die Zahl der Mitarbeiter einer Fluglinie klein gehalten werden.
Hoher Konkurrenzdruck
Die Billigairlines kommen in den eigenen Reihen aber auch zunehmend unter Druck. Derzeit bieten etwa 50 Billigfluggesellschaften alleine in Europa Flugverbindungen an. Erste Insolvenzen zeigen bereits, dass hier nicht alle am Markt bestehen werden.
Zu den größten Billigairlines zählt RyanAir. Die irische Fluglinie war der Pionier im Low-Cost-Geschäft. In Zukunft will RyanAir aber noch agressiver am Markt auftreten, um neue Trends im Airlinebusiness zu setzen, sagt Geschäftsführer Michael Cawley:
"Wenn wir zu Null Euro einen Platz anbieten, dann sind wir ziemlich sicher, dass er sonst unbesetzt geblieben wäre. Außerdem konsumieren die Passagiere für rund zehn Euro pro Flug. Viele leihen sich auch bei uns Autos aus oder reservieren Hotels. Und wenn der Markt wächst, dann wachsen wir mit. Wir haben vor, in ein bis zwei Jahren größer zu werden als die Lufthansa".
Billige Landegebühren gefragt
Eine nicht unwesentliche Rolle im Low-Cost-Geschäft spielen auch die Flughäfen. Ryanair versucht bewusst, auch hier die Kosten niedrig zu halten. Oft werden Airports außerhalb der Stadtzentren angeflogen, da hier die Landegebühren billiger sind. Am Flughafen Wien will man aber keine Ausnahmen machen, erklärt Flughafenvorstand Kaufmann:
"Bei uns zahlen alle Airlines denselben Tarif. Und wenn Ryanair nicht nach London fliegt: auch gut, wir haben Air Berlin, Niki und Germanwings".
Dass der Flughafen Wien - obwohl als teuer verschrien - dennoch ein attraktives Ziel für Billigairlines ist, zeigt die Geschäftsentwicklung der letzen Jahre: Der Marktanteil der Billigflieger in Wien ist von Null im Jahr 2002 auf derzeit fast zwölf Prozent gestiegen. Ob das auch künftig im Hinblick auf den nur etwa 60 Kilometer entfernten Flughafen Bratislava so sein wird, bleibt abzuwarten. Flughafen-Chef Herbert Kaufmann sieht das jedenfalls nicht so:
"2015 werden mit 29 Millionen für beide Flughäfen genug Passagiere da sein. Wien und Bratislava werden eher Partner als Kobkurrenten".
Künftig mehr als 30 Prozent Marktanteil
Werden künftig Billigairlines also gar die traditionellen Fluglinien wie Austrian oder Lufthansa verdrängen? Joachim Klein von Germanwings glaubt, die langen Intercontinentalflüge mit vielen Anschlussflügen und komplizierten Verbindungen werden den so genannten Netzwerk-Airlines bleiben. Dafür brauche man nämlich eine große Organisation und umfangreiche Logistik.
Aktuelle Studien belegen jedenfalls, dass In den nächsten Jahren der Marktanteil der Billigairlines in Europa bereits ein Drittel oder noch mehr ausmachen werde.
Neue Ära mit dem Superairbus?
Noch fliegen die Billigairlines vor allem Städteverbindungen innerhalb eines Kontinents, doch mit dem neuen Airbus A380 - er bietet bis zu 800 Personen Platz - könnte sich das Geschäftsfeld der Billigairlines stark erweitern. InterSky-Chefin Renate Moser ist jedenfalls optimistisch:
"Der neue große Superairbus A380 mit 500 bis 800 Plätzen wird sicher für Passagiere mit Billigtickets Platz haben. Und es wird sicher Passagiere geben, die engere Sitzreihen für ein billigeres Ticket in Kauf nehmen. Es ist auch nicht unmöglich, dass die großen Billigflieger wie Ryanair, easyJet oder Virgin Express auch einmal einen A380 kaufen, um etwa zwischen Frankfurt und Singapur oder Bangkok eine neue Ära der Billigflieger einzuläuten".
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