Drei Beispiele

Neugierige Köpfe

Was geht in den Köpfen von Kindern vor, die später eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen? In dem Buch "Curious Minds" erinnern sich führende Forscher aus dem angloamerikanischen Raum, wie und warum es sie in die Wissenschaft verschlug.

Warum wollen Menschen Wissenschaftler werden? Eine Reihe erfolgreicher amerikanischer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen berichten, ob es in der Jugend Schlüsselereignisse gab, die sie zu Spitzen in ihren wissenschaftlichen Disziplinen machten. Denn der gute Schulerfolg allein ist es nicht: Niemand unter den Genannten war - den eigenen Angaben zu Folge - ein Musterschüler.

Die Misanthropin

"Eigentlich habe ich mich kaum verändert. Ich wurde zu schnell erwachsen. Doch andererseits freue ich mich über eine verlängerte Kindheit. Die Liebe zur Natur, das Interesse daran, was unter einem Mikroskop liegt, die Neugier, die von angeregten Gesprächen geweckt wird, - all das habe ich mir erhalten." Lynn Margulis, Zell- und Evolutionsbiologin an der Universität von Massachusetts in Amherst.

Lynn Margulis wuchs in Chicago auf. Ihr Vater, ein ausgebildeter Jurist, wechselte in die Immobilienbranche. Beide Eltern pflegten ein reges soziales Leben, was ihrer ältesten Tochter nicht gefiel. Sie hielt sich bevorzugt in den Parks oder am Ufer des Lake Michigan auf. Es ist nicht auszuschließen, dass das Interesse an der Natur aus Opposition zum Elternhaus entstand.

Im Alter von nur fünfzehn Jahren inskribierte sie, zunächst ohne Wissen ihrer Eltern, an der Universität von Chicago. Die Eigenschaft, den eigenen Kopf durchzusetzen, stellte Lynn Margulis auch in der Wissenschaft unter Beweis. Allen Widerständen der Fachwelt zum Trotz hielt sie an ihrer Überzeugung fest, dass Symbiosen in der Evolution eine große Rolle gespielt haben. Jetzt ist ihre Theorie akzeptiert.

Wie man auf den Wurm kommt

"Wenn ich mein Leben Revue passieren lasse, dann fällt mir auf, dass meine Ambitionen geringer geworden sind. Als Achtjähriger wollte ich Maschinen bauen, die intelligente, menschliche Spiele gut spielen können; als Dreißigjähriger versuchte ich, eine Leistungsfähigkeit wie ein Insekt zu erreichen. Jetzt interessieren mich die Geheimnisse des Plattwurmes." Rodney Brooks, Direktor des Artificial Intelligence Labors am Massachusetts Institute of Technology.

Rodney Brooks untertreibt, wenn er meint, er hätte es nicht sehr weit gebracht, denn immerhin stammt das Design des Prototyps des ersten Marsroboters Sojourner von ihm.

Rodney Brooks wuchs in Australien in der Stadt Adelaide auf. Weder der Vater noch die Mutter hatten einen High School - Abschluss. Klein Rodney war schon mit vier Jahren eine Koryphäe im Kopfrechnen. Daher nannte man ihn in der Familie den "Professor".

"Was ich mir von meiner Kindheit erhalten habe, ist die Überzeugung, dass nichts unmöglich ist. Ich versuchte damals, Dinge zu bauen, die meine Fähigkeiten WEIT überstiegen. Aber ich hielt, was ich gerade baute, immer für möglich. Und im Prinzip denke ich heute genauso", sagt Rodney.

Die beteiligte Beobachterin

"So wie ich aufwuchs, hielt ich es für den normalen Gang der Dinge, dass man auf die Universität ging, und dass alle Leute Bücher schrieben." Mary Catherine Bateson, Linguistin und Anthropologin, derzeit Harvard.

Über Mangel an intellektueller Förderung konnte die einzige Tochter des Wissenschaftlerehepaares Margaret Mead und Gregory Bateson kaum klagen. Ihre Neugier wurde nie gebremst, keine Frage blieb unbeantwortet. Von ihrem Vater lernte sie viel über Mathematik und Naturkunde. Ihre Mutter brachte ihr "disziplinierte Subjektivität" bei. Das bedeutet, man beobachtet, was um einen herum passiert und sich dabei gleichzeitig selbst beobachtet.

Schon sehr früh antwortete sie auf die Frage, was sie werden möchte: Wissenschaftlerin. Was das bedeutet, war für sie nicht immer ganz klar.

"Es ist immer ein Vorteil, wenn die Neugier der Kinder befriedigt wird. Wenn man ihnen zuhört und ihre Fragen beantwortet. Wenn man ihnen beibringt, das Anders-Sein zu schätzen, und sich nicht vor Überraschungen zu fürchten. Ich glaube, eines trifft auf alle Wissenschaftler zu: Man kann sich seine Neugier nicht erhalten, wenn man bereit ist, sich von Zeit zu Zeit überraschen zu lassen", meint Mary Catherine Bateson.

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