Verlagsgründer Klaus Wagenbach

Kursbuch, Freibeuter & Salto

Die Veröffentlichung einiger Publikationen sorgte für politische Skandale und brachte ihn sogar vor Gericht und ins Gefängnis. Dennoch schaffte es der streitbare Verleger und Autor Klaus Wagenbach immer wieder, weiter Bücher zu verlegen.

Der deutsche Verleger zu Lesererfahrungen

Wenn über Klaus Wagenbach geschrieben wird, kann man oft lesen: große, legendäre Verlegergestalt, markanter Autor, urbaner Kosmopolit, Metropolenmensch, "Stadttier", Kafka-Forscher und Kämpfernatur. All dies trifft auf ihn auch zu, aber wenn man ihn trifft, macht er eher einen bescheidenen Eindruck, ist er ein feiner Beobachter seiner Umwelt.

Der bescheidene Streitbare

Das Unvorhergesehene ist das, worauf man immer gewartet hat, ohne es zu wissen.

Das ist ein Zitat aus "Tintenklekse", dem letzten Buch von Robert Blanchet, das im Verlag von Klaus Wagenbach erschienen ist; ein Zitat, das in seiner vermeintlichen Schlichtheit auch auf Wagenbach selbst zutrifft. "Es ist falsch, wenn man älter wird und denkt, man hat eine ordentliche Biografie hingelegt", meint Wagenbach dazu. "Biografien sind unordentlich und halten Überraschungen bereit."

An Überraschungen in seinem Leben müsste sich der "Rebell mit Bundesverdienstkreuz" - wie er auch genannt wird - ja gewöhnt haben, denn die Veröffentlichung einiger Publikationen sorgte mehrmals für politische Skandale, in deren Folge der streitbare Verleger nach eigenen Worten mehr im Gerichtssaal als am Verlegerschreibtisch saß.

Der Baader-Meinhof-Verlag

Der Verlag, den Klaus Wagenbach 1964 in Berlin gründete, steht für Geschichtsbewusstsein, Anarchie und auch Hedonismus. Er wurde von den politischen Gegnern als "Baader-Meinhof-Verlag" etikettiert, weil man das Manifest der Roten Armee Fraktion (RAF) und ein Fernsehspiel von Ulrike Meinhof veröffentlicht hatte. Die Polizei beschlagnahmte den "Roten Kalender für Lehrlinge und Schüler", in dem auf die Rechte der Lehrlinge und Schüler hingewiesen und die "Umgestaltung" von Kriegerdenkmälern angeregt wurde. Dazu kamen Ermittlungsverfahren wegen Wolf Biermanns "Drei Kugeln auf Rudi Dutschke", eine Anklage der Berliner Polizei wegen Ehrverletzung und eine einstweilige Verfügung gegen Peter Brückners "Ulrike Meinhof und die deutschen Verhältnisse".

Hohe Gerichtskosten waren die Folge, Wagenbachs Verteidiger, der frühere deutsche Innenminister Otto Schily, konnte immer wieder die Schließung des Verlages verhindern - seine Rechnungen stellte er aus Rücksicht auf die finanzielle Situation des Verlags erst Jahre später ...

Der Autor und "Salto"-Erfinder

Als Autor war Klaus Wagenbach einer der ersten, die sich grundsätzlich mit Franz Kafka auseinander gesetzt haben und in mühevoller Arbeit gemeinsam mit einem englischen Literaturwissenschafter die Datierung der Kafka-Werke vorgenommen hat. Er ist auch Herausgeber von Anthologien und Reihen des Verlags wie "Kursbuch" oder "Freibeuter".

1987 hat Klaus Wagenbach die Reihe "Salto" erfunden. Die in leuchtendem Rot gehaltenen Bücher - in einem eleganten hochformatigen Leineneinband - haben oft Italien als Schwerpunkt. In der Reihe finden sich aber auch Titel wie "Kafkas Prag" oder "Wien. Eine literarische Einladung".

Seine Maxime

Das "Salto-Rot" passt gut zum Verleger Klaus Wagenbach, der "rotzig" zu einer Institution geworden ist, "nie verlegen", auch wenn der Almanach, der anlässlich des 40-jährigen Bestehens des Verlags den Titel "Warum so verlegen? Über die Lust an Büchern und ihre Zukunft" trägt. Klaus Wagenbach konnte einfach nicht anders, als mit Leidenschaft, Überzeugung und Passion Bücher, immer wieder Bücher, zu machen, auch wider den Zeitgeist.

Er ist ein "Freibeuter", der die Bücher mit Haut und Haar gegen die Untiefen der Zeit verteidigt: "Ich hab den Beruf des Verlegers ergriffen, weil ich es schön fand, wie man Inhalte demokratisiert. Die Maxime des Verlags ist nicht der Profit, sondern der Inhalt, dem es zu 'dienen' gilt."

Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 12. November 2006, 14:05 Uhr

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Verlag Klaus Wagenbach