Ein psychologischer Ratgeber für Jedermann

Seelenfraß

"Seelenfraß" heißt der neueste Ratgeber, mit dessen Hilfe die Zivilisationskrankheit Angst bekämpft werden kann. Wo liegen die Ursachen? Wieviel kann Selbsthilfe leisten? Ist Prävention möglich? Wie finde ich den richtigen Therapeuten?

Statements über Angst und Angstzustände

Jeder vierte Mensch leidet im Laufe seines Lebens an einer Angststörung. Nur jeder Zehnte erhält geeignete Hilfe. Nur vier von hundert erhalten die richtigen Medikamente. Diese dramatische Diskrepanz war Anlass für Margot und Michael Schmitz, einen neuen Ratgeber zum Thema Angst zu schreiben: "Seelenfraß. Wie man den inneren Terror der Angst besiegt“.

Angst kleidet sich unterschiedlich

Die Frage ist, wann ist Angst gesund und wann macht sie uns krank? Der Psychologe Michael Schmitz meint dazu, dass Angst ein Gefühl sei, das uns Gefahr anzeige. Problematisch werde es - so Schmítz - wenn Angst zu Überängstlichkeit führe.

Eine Angststörung kann dem Betroffenen die Lebensfreude nehmen. Das größte Problem ist die Verleugnung und Verdrängung der Angst, denn Angst ist ein Tabu. Sie begegnet uns jedoch oft im Stress-Kostüm. Wer sagt, "ich bin so im Stress“, kann bei anderen sogar auf Anerkennung hoffen. Jedenfalls mehr als derjenige, der sagt, "ich habe so Angst.“

Viele Menschen halten ihre psychischen Leiden jahrelang aus, weil sie sich daran gewöhnt haben und es daher als normal empfinden. Andere nehmen nur die körperlichen Symptome wahr: ständige Muskelverspannungen, Verstopfung, Atemnot, Schweißausbrüche, um nur einige Beschwerden zu nennen.

Angststörungen

Eine Angststörung hat unterschiedliche Erscheinungsformen: Panikattacke, posttraumatische Belastungsstörung, Zwangsstörung, soziale oder spezifische Phobie oder die generalisierte Angst. Letztere lässt sich nicht mehr eingrenzen, lässt auf bestimmte Objekte oder Situationen schließen.

Menschen, die unter solchen Zuständen leiden, nehmen jede Meldung in den Medien als unmittelbare, persönliche Bedrohung auf: Ein Busunglück lässt sie nicht mehr Bus fahren, die Meldung von gestiegener Arbeitslosigkeit lässt sie um ihren Arbeitsplatz zittern. Sie steigern sich in Katastrophenfantasien hinein, lassen sich von ihnen beherrschen.

Bedrohungen realistisch sehen

Wie man den inneren Terror der Angst besiegt, beschreibt der neueste Angst-Ratgeber von Margot Schmitz. Er empfiehlt unter anderem:

Gehen wir ein paar Schritte zurück! Erweitern wir unsere Perspektive. Nehmen wir Augenmaß. Wenn wir ein Bild aufhängen, ist uns das selbstverständlich. Wir wollen nicht, dass es schief an der Wand pickt. Warum sollten wir mit unserem Weltbild nachlässiger umgehen?

Wir wissen, wie sehr Angst unser Denken lähmen kann, wie negative Gedanken uns runterziehen, uns die Sicht nehmen, Gefahren realistisch zu sehen, um angemessene Strategien zu entwerfen und ihnen wirkungsvoll zu begegnen. Besinnen wir uns auf unsere Stärken!

Angst muss nicht unsere Gedanken bestimmen. Denken kann Angst auch in Schach halten, attackieren, schwächen, ihr Macht über uns nehmen. Checken wir unsere kognitiven Schemata: Helfen Sie uns, mit Angst besser umzugehen? Oder leisten sie Angst Vorschub? Keine akademische Frage! Es geht um unser Wohlbefinden. Um unsere Chancen. Um unsere Lebensqualität.

Alles kann Angst auslösen

Angst kann alles auslösen. Emil beschreibt seine Gefühle nach der Flutkatastrophe in Südostasien so, wie eben ein Kind denkt, aber bei seinen Schlussfolgerungen trifft er genau den Punkt: "Bei uns kann das nicht passieren. Wir wohnen nicht am Meer!"

Die Flutwelle, der Terror, die Arbeitslosigkeit: Das sind Weltereignisse und Entwicklungen die vielen von uns Angst machen. Was uns am meisten Angst macht, wird großteils von den Medien bestimmt. Terrorisieren lassen sich davon Menschen, die sowieso schon eine ängstliche Grundhaltung haben. Die kann man von einem Elternteil erben und durch negative Erlebnisse verfestigen.

Alan, 20, beispielsweise verfolgt die Angst, dass seine Freunde hinter seinem Rücken schlecht reden könnten oder dass ein Krieg ausbrechen könnte. Der erste wichtige Schritt im Umgang mit seinen Ängsten ist, sie wahrzunehmen und zuzugeben. Alan ist bei einer Psychiaterin in Verhaltenstherapie. Davon wird er in seinem Leben noch viel profitieren.

Zu wenige bringen diesen Mut auf. Nur allzu viele ertränken ihre Ängste in Alkohol. Oder sie machen als autoritäre Chefs ihre Mitarbeiter fertig, innerlich zitternd vor Angst. Oder sie verstecken als Politiker ihre eigene Angst in gigantischen Militärapparaten.

Learning by doing

Der Angst-Ratgeber gibt auch einige Beispiele von Helden aus Kultur und Sport, die gelernt haben, ihre Ängste zu meistern und sogar kreativ und leistungssteigernd zu nutzen. Neil Shicoff zum Beispiel. Aber auch die "Normalos“ unter uns können schon sehr früh lernen, ihre Ängste zu meistern:

"Nicht lückenlose Sicherheit, die es ja auch gar nicht geben kann, schafft Vertrauen, sondern die Bewältigung von Unsicherheit, die Begegnung mit Neuem und immer wieder auch Unbekanntem“, meinen Margot und Michael Schmitz. Am besten, man hat als Kind schon die Gelegenheit, das zu trainieren:

"Um sich auf die Unsicherheit einlassen zu können, müssen sie wissen, die Großen lassen es zu, dass sie probieren, und sie helfen, falls es für sie allein doch einmal zu schwer sein sollte. So ist Lernen immer auch soziales Lernen. Es funktioniert nur, wenn Angst erfahren, also auch wirklich erlebt (!), ausgehalten, bewertet und verarbeitet werden kann“.

Download-Tipp
Ö1 Clubmitglieder können die Sendung nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.

Buch-Tipp
Margot Schmitz, "Seelenfraß", Ueberreuter Verlag, ISBN 3800070979

Links
Ueberreuter Verlag - Buchdetails
NetDoktor - Thema: Angst
Club D&A - Selbsthilfe bei Depression und Angststörung
Margot Schmitz