Absurde Unterschätzung
Ripleys best
Dieser Tage jährt sich der Todestag von Patricia Highsmith zum 10. Mal. Star-Regisseure von Alfred Hitchcock bis Wim Wenders haben sich an ihren subtilen Seelenkrimis schon versucht. Die beste Patricia-Highsmith-Verfilmung aber kam bei uns nie ins Kino.
8. April 2017, 21:58
Ein Zugsthriller über vertauschte Mordmotive, ein homoerotisch gefärbter Identitätstausch, ein artifizieller Reißer um Kunstfälscher - schon erstaunlich, zu welch unterschiedlichen Filmen die Bücher der Patricia Highsmith als Vorlage gedient haben. Ob Hitchcocks "Der Fremde im Zug", Anthony Minghellas "Der talentierte Mr.Ripley" oder Wim Wenders' "Der amerikanische Freund" (von diesen drei Titeln war gerade die Rede), sie alle schlugen sich wacker im Bemühen, die kaum konkret greifbare Spannung der Highsmith-Texte in Bilder und Töne umzusetzen.
Cavanis Triumph
Ihnen allen aber stiehlt eine Regisseurin die Show, die man fast vergessen glaubte: Die Italienerin Liliana Cavani hat mit John Malkovich in der Titelrolle "Ripley's Game" verfilmt - es ist die beste Highsmith-Verfilmung überhaupt geworden. Dass gerade Liliana Cavani dem Ideal näher kommt als viele ihrer prominenteren Kollegen, überrascht insofern, als die Regisseurin seit ihrem einstigen Skandalerfolg "Der Nachtportier" international kaum noch von sich reden gemacht hatte.
In "Ripley's Game", zum Teil in Berlin, zum Teil in Oberitalien angesiedelt, stimmt einfach alles: Die kühle, schlackenlose Bildsprache, deren lakonische Montage den unauffällig präzisen Sätzen der Romanvorlage genau entspricht, die Settings zwischen italienischen Palazzi und deutschen Hotelpalästen und nicht zuletzt die Besetzung.
Eisige Nonchalance
Malkovich gibt einen Ripley von eisiger Nonchalance. "Ich bin eine Kreation mit dem Talent zum Improvisieren", sagt dieser Ripley von sich selbst, als er einen leukämiekranken Bilderrahmer zu mehreren Morden an russischen Mafiosi überredet (und ihm dann einen Teil der Taten abnimmt).
Gleich zu Filmbeginn erschlägt Malkovichs Ripley den Leibwächter eines deutschen Kunstsammlers so entschlossen mit einem Schürhaken, dass sich die soziopathischen Energien dieser ungreifbarsten aller Highsmith-Figuren unauslöschlich einprägen, und als er später in der Toilette eines deutschen Expresszuges mittels einer Stahl-Schlinge ein Blutbad unter den Mafiosi angerichtet hat, geht ihm nur die Bemerkung "So voll ist es in der Ersten Klasse früher nie gewesen" von den schmalen Lippen.
Nur auf DVD erhältlich
Im Grunde ist dies ein Remake des Wim-Wenders-Films "Der amerikanische Freund" aus dem Jahr 1977. Doch während sich dort Dennis Hopper und Bruno Ganz einem starr stilisierten Kunst-Konzept unterzuordnen hatten, agieren hier Malkovich und der kongeniale Dougray Scott gleichsam filterlos: Die Studie von der Faszination des Bösen wird dadurch nur noch beklemmender.
Dass es dieser Film bei uns nie ins Kino geschafft hat, sondern nur auf DVD zugänglich ist, belegt einmal mehr die absurde Unterschätzung des Publikums durch eine Branche, die sich mitunter mehr als Film-Verhinderer denn als Film-Verleiher zu begreifen scheint.