Tenor, ein Reizwort für José Cura

Auch Dirigent und Komponist

Debütiert hat er 1996 mit dem Cavaradossi an der Wiener Staatsoper: Tenor José Cura. Wobei die Stimmfach-Bezeichnung für den gebürtigen Argentinier mitunter ein Reizwort ist. Der erfolgreiche und vielseitige Künstler ist diesmal in der "Opernwerkstatt" zu Gast.

Das Wort Tenor ist für José Cura stets ein Reizwort gewesen, er sieht sich eher als Gesamtkünstler, er ist schließlich nicht nur Sänger, sondern auch Dirigent und Komponist.

"Was ich nicht mag ist, wenn man das Wort Tenor so ausspricht, dass man irgendwie mithört, das ist ja ein Idiot!"

Andererseits ...

Auf der anderen Seite liebt er es aber doch ein Tenor zu sein, denn er erhält dadurch viel höhere Gagen als der Bariton!

"Wenn zum Beispiel ein Pianist gleichzeitig ein Orchester dirigiert, so ist dies für das Publikum in Ordnung, wenn das Gleiche ein Tenor macht, dann wird ihm unterstellt, dass er dies aus zweifelhaften Gründen tut. Dabei habe ich es als Sänger viel leichter beim Dirigieren. Ich brauche die Hände ja nicht zum Singen, der Pianist hat es da viel schwerer."

Wien-Debüt mit Cavaradossi

José Curas Debüt-Rolle in Wien war 1996 der Cavaradossi in Puccinis Tosca. Dabei sang er einen hohen Ton mit dem Rücken zum Publikum und erntete nur mäßigen Applaus. Bei der zweiten Vorstellung schmetterte er denselben Ton an der Rampe ins Haus und wurde daraufhin stürmisch umjubelt.

Seine ersten Opernrollen gestaltete José Cura in Europa, vorher war er primär als Dirigent und Komponist in seiner Heimat Argentinien tätig. Zwischen 1994 und 1996 erarbeitete er sich 25 Rollen. Viele Kritiker prophezeiten ihm damals eine kurze Karriere - doch nach 15 Jahren ist er immer noch hier und keine Sternschnuppe.

Sänger-Potenzial Latein-Amerika

Warum so viele gute Sänger aus Latein-Amerika stammen, begründet José Cura damit, dass erstens die Sprachmelodie eine andere ist und andererseits aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse in diesen Ländern die Jugend ernsthafter an den Beruf herangeht als dies in Europa die Regel ist. Hier hat man vielfach den finanziellen Rückhalt der Familie. In Südamerika ist dies kaum der Fall, so Cura.

Auch U-Musik

José Cura singt nicht nur Oper, er ist auch auf dem Sektor der Unterhaltungsmusik tätig, lehnt diesen Ausdruck aber ab.

"Wenn ich Musik mache, dann soll es gute Musik sein. Und diese möchte ich möglichst breit gestreut wissen. Es wurden ca. 50.000 Opern komponiert. Und wie viele werden gespielt? Höchstens 150 Stücke sind im Repertoire der Opernhäuser. Ebenso ist es mit der Unterhaltungsmusik. Es gibt auch hier gute und schlechte Stücke! Wenn es eine Kluft zwischen den beiden Musikbereichen gibt, dann ist es unsere Aufgabe, diese zu überwinden." Und: "Auch Brahms, Mozart und Schubert schufen Unterhaltungsmusik, das haben wir heute vergessen. Es ist notwendig, dass diese beiden Welten voreinander Respekt haben!"