Österreichs Probleme mit EU-Richtlinie

Rapsdiesel und Biosprit - der Bauer als Ölscheich

Nach einer EU-Vorgabe müssen bis 2010 in Benzin und Diesel fast sechs Prozent Biotreibstoffe enthalten sein, um die CO2-Emissionen zu senken. Deutschland investiert bereits stark in neue Diesel-Anlagen aus Raps und Ethanol. In Österreich fehlen noch solche Anlagen.

"Agrana"-Chef Johann Marihart zu Biosprit in Österreich

Nicht jedes Feld, aus dem der Rohstoff für Benzin und Diesel kommt, ist ein Ölfeld: Für die europäischen Bauern wird der Anbau von Energiepflanzen wie Raps oder Weizen für die Treibstofferzeugung ein zunehmend wichtiger Geschäftszweig.

Die EU-weite Verpflichtung, dass Benzin und Diesel ab Oktober zum Teil durch Bio-Treibstoff ersetzt werden muss, hat vor allem in Deutschland eine Investitionswelle ausgelöst. Österreich hat seinen früheren Vorsprung auf diesem Gebiet, beim Bio-Diesel nämlich, inzwischen verloren. Vor allem im ehemaligen Ostdeutschland mit seinen großen Agrarflächen boomen Anbau und Herstellung von Bio-Treibstoffen.

Boom in Deutschland

300.000 Liter Bio-Diesel aus Raps erzeugt eine Anlage in Barnstädt in Sachsen-Anhalt. Eine Verfünffachung dieser Menge ist heuer geplant. Bio-Diesel wird in Deutschland bisher hauptsächlich von Großabnehmern wie Frachtunternehmen genutzt, denn Bio-Treibstoffe sind von der Mineralölsteuer befreit.

Seit letztem Jahr darf Bio-Treibstoff auch dem normalen Treibstoff an jeder Tankstelle beigemischt werden, ebenfalls steuerbefreit. Seither kaufen die Mineralölfirmen zu, und das Geschäft wächst. Auch mit dem Bio-Treibstoff Ethanol: ein Alkohol, der dem Benzin beigemischt wird. Am Motor des Autos ist keine Änderung nötig.

Größte Ethanol-Fabrik Europas

In Zeitz bei Dresden wird derzeit die größte Ethanol-Fabrik Europas gebaut: eine überdimensionale Schnapsbrennerei, die täglich 90 LKW-Ladungen Weizen verarbeitet - zu 250 Millionen Liter Ethanol pro Jahr.

Die Anlage gehört dem Lebensmittelkonzern Südzucker und könnte auch Mais oder Roggen verarbeiten. Die Planung der Ethanol-Fabrik in Zeitz stammt vom Wiener Ingenieur-Büro Vogelbusch. Das Unternehmen ist Weltmarktführer und hat auch zahlreiche Anlagen in den USA, Kanada und China gebaut.

BTL-Verfahren

Für Erfolg versprechend halten Fachleute auch das BTL-Verfahren. BTL steht für Biomass-To-Liquid, wobei aus Pflanzen erst Kohle und dann Diesel, Benzin oder Kerosin gewonnen wird.

Ähnlich wurde bereits im Krieg synthetisches Benzin gewonnen. Die Firma Choren hat die erste neue BTL-Fabrik gebaut, nahe dem Städtchen Freiberg in Sachsen.

Die Situation in Österreich

Österreich hat mit der Umsetzung der EU-Richtlinie noch seine Probleme: Die Anbauflächen sind zu klein, die Anlagen für Bio-Diesel sind zu wenig, vieles wird erst geplant. Trotzdem will Österreich der EU-Richtlinie vorauseilen.

Nicht zwei, sondern zweieinhalb Prozent Bio-Kraftstoff sollen heuer beigemischt werden, und das nicht erst im Dezember, sondern schon im Oktober. Und das volle Programm von 5,75 - also fast 6 Prozent Bio-Beimischung zu Benzin und Diesel - soll nicht erst 2010, sondern bereits 2008 erfüllt sein.

Pro und contra

Ditmar Wenty, Energie-Experte der Arbeiterkammer, meint, es entsteht eine neue Importabhängigkeit. Brasilien erzeugt billigen Alkohol aus Zucker - ein neuer ausländischer Treibstofflieferant, gleichzusetzen mit einem OPEC-Land.

Der Chef des Raiffeisen-Agrarindustrie-Konzerns Agrana, Johann Marihart, widerspricht. An der Donau sei für 130 Millionen Euro eine neue Ethanol-Anlage geplant, Weizen werde jetzt ohnehin exportiert, die Rohstoffe seien daher ausreichend vorhanden.

Zwei neue Bio-Diesel-Anlagen

Ähnlich die Situation bei Raps: Zu wenig Anbaufläche in Österreich sagen die Kritiker. Nein, man muss das europäisch sehen und künftige Stilllegungspläne in den neuen EU-Mitgliedsländern einbeziehen, so die Befürworter.

Außerdem: Zwei neue Bio-Diesel-Anlagen sind in Österreich geplant, Kostenpunkt je 30 Millionen Euro. Weiterhelfen sollen auch Bio-Diesel-Importe aus Italien. Ditmar Wenty von der Arbeiterkammer meint, CO2 zu reduzieren wäre mit anderen Methoden effizienter und billiger, etwa Wärmedämmung bei Häusern.

Kosten-Nutzen-Faktor offen

Tatsächlich sind Kosten und Nutzen jetzt noch nicht abzusehen, sagt der Agrar-Experte im Wirtschaftsforschungsinstitut, Franz Sinabell. Denn erst während die EU-Richtlinie umgesetzt wird, wird auch die Effizienz der Maßnahmen überprüft.

Ob es für die Fleißaufgabe, die Österreich bei der Beimischung von Bio-Treibstoffen macht, gleich auch einen Einser geben wird, das wird sich also erst herausstellen.