Wie Kurt Palm Mozart sieht

Der Wadenmesser

Den Anarchisten, Spieler und Fäkalkomiker, schlicht: den Menschen Mozart möchte Regisseur Kurt Palm dem Kinopublikum mit seinem Film "Der Wadenmesser" auf vergnügliche Weise näher bringen. In den Kinos ist der Film genau ab Mozarts 249. Geburtstag am 27. Jänner zu sehen.

Als beliebtes Gesellschaftsspiel diente das so genannte Wadenmessen zu Mozarts Lebzeiten, bei dem Frauen zu später Stunde bei diversen Feierlichkeiten und zwecks erotischer Annäherung der Wadenumfang gemessen wurde. "Der Wadenmesser" ist denn auch ein programmatischer Titel, der Kurt Palms anderen Zugang zu Mozart jenseits von Geniekult und Legendenbildung verdeutlichen soll.

Modebewusster Kartenspieler

Was hat Mozart gerne gegessen? Rinderzunge und Störfisch, hat Palm herausgefunden. Wie stand es mit seinen Vergnügungen, etwa mit seiner Kartenspielleidenschaft oder mit seiner Vorliebe für Singvögel? Wie hat sich Mozart gekleidet? Und dabei übrigens durchaus Modebewusstsein an den Tag gelegt. Kurz: Kurt Palm ist an Mozarts Alltagsleben interessiert und zitiert dabei immer wieder aus der Korrespondenz des Komponisten.

Salzburg ist kein Ort für mich

Da erfährt man beispielsweise einiges über Mozarts gestörtes Verhältnis zur Stadt Salzburg ("... ist kein Ort für mich, ganz sicher nicht"), seine Vorliebe für Fäkalkomik und seine nicht gerade schmeichelhafte Meinung über den Adel, deren Vertreterinnen er auch schon mal die "Duchesse Arschbömmerl" oder die "Prinzessin Brunztgern" nannte. Dass Kurt Palm diese Zitate ausgerechnet inmitten einer Schar von Festspielgästen vor dem Salzburger Festspielhaus vorliest, entbehrt dabei nicht einer gewissen Pikanterie.

Kommentieren vor der Kamera

In der filmischen Zugangsweise greift Kurt Palm auf sein - bereits aus seinem Film über Adalbert Stifter - bewährtes Gestaltungsprinzip zurück, fährt zu den Stätten von Mozarts Wirken, um vor Ort die historisch verbrieften Vorgänge zu kommentieren. Und dass er dabei zwei Drittel des Films quasi selbst vor der Kamera steht, ein wenig auch zum Selbstdarsteller wird, hat einen wichtigen Grund: "Ich wollte ganz klar machen, dass dies meine Haltung zu Mozart ist, und dass der Zuseher genau weiß, wer hinter diesen zum Teil abstrusen Thesen steht."

Abneigung gegen Jubiläen

Dass der gebürtige Oberösterreicher seinen Film bereits genau ein Jahr vor dem offiziellen 250. Geburtstag Mozarts herausbringt, liegt nicht nur an seiner Abneigung gegen runde Jubiläen, sondern soll auch verhindern, dass der Film in der Flut kommender Mozart-Produkte untergeht.

Der Wadenmesser
Dokumentation, Österreich, 2004
Drehbuch und Regie: Kurt Palm

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können das "Treffpunkt Kultur"-Gespräch mit Kurt Palm im Download-Bereich runterladen.

Gratis-CDs
Ö1 vergibt Soundtrack-CDs dieses Films. Schicken Sie uns ein E-Mail!