Ehelosigkeit als Verpflichtung

Priester im Aufbruch

Römisch-Katholische Priester durften - wie auch die Apostel selbst - heiraten und Familie haben. Erst Im Jahre 1139 wurde beim 2. Laterankonzil das "Zölibats-Gesetz" beschlossen. Dies macht der römisch-katholischen Kirche seither schwer zu schaffen.

Allein in den letzten 40 Jahren - seit dem Ende des "Vatikanischen Konzils“ (1962 -1965) - haben weltweit mehr als 100.000 katholische Priester aus Liebe zu einer Frau ihren Beruf aufgegeben. In Österreich waren es mehr als 1.000, das ist in etwa jeder 5.Kleriker.

Zugleich wird der Priestermangel immer prekärer. Gemeinden können nicht mehr regelmäßig die Messe feiern, für eine nachgehende Seelsorge haben die verbliebenen und älter werdenden Kleriker immer weniger Kraft und Zeit.

Trotz dieser Zahlen und Fakten hält die Kirchenleitung in Rom eisern am Pflicht-Zölibat fest, obwohl diese Regelung als Kirchengesetz jederzeit geändert werden könnte.

Ehelosigkeit als Lebensberufung

Ehe und Ehelosigkeit sind Formen der Lebensberufung, die kulturell weit zurückreichen. Aber die Erhebung der Ehelosigkeit zu einer Verpflichtung in Sinne einer Zulassungs- und Berufsbedingung - das ist historisch relativ jung und blieb auf den Jurisdiktionsbereich der römisch-katholischen Kirche beschränkt.

Die Entstehung des priesterlichen Zölibats ist verbunden mit einem religiösen Reinheitsideal: Ab dem Jahr 1000 nach Christus gab es zahlreiche Erneuerungsversuche der christlichen Liturgie. Damals nahm man wieder Anleihen an archaischen Reinheits-Vorstellungen, wie sie auch die Bibel berichtet. Der Priester der an den Opferaltar tritt, sollte sich vor dem Messopfer sexuell enthalten. Dass Sexualität aber als unrein gilt, kann sich nicht auf das Evangelium Jesu und die neutestamentlichen Schriften berufen, sagt der Pastoraltheologe und Dekan der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät Paul Zulehner.

Auf der Suche nach Intimität

Die gegenwärtige Beziehungskultur ist extrem arm geworden, sagt Zulehner. Entweder man lebt alleine ohne Intimität und Sexualität oder man lebt es in einer Ehe. Außerhalb dieser Alternativen scheint es keine anderen Formen der Intimität zu geben.

Dadurch entsteht ein großer Druck auf den einzelnen Priester, der von überall aufgefordert ist zu geben und präsent zu sein, aber selbst oft seelisch vereinsamt. Selbst wenn dies nicht so ist, ist die einmal getroffene Entscheidung, lebenslang ehelos zu leben, eine am Anfang noch nicht abzusehende Bürde.

Zölibats-Kritiker

Die von den Zölibats-Kritikern vorgebrachten Argumente: Der Pflicht-Zölibat sei unbiblisch, gegen die Menschenrechte und sei auch nicht von der Mehrheit der Menschen akzeptiert, lässt Zulehner nicht gelten.

Denn der Zölibat sei ein Kirchengesetz, werde also ekklesiologisch begründet und könne daher auch nur ekklesiologsch kritisiert werden. Zum Beispiel aus Pastoraltheologischen Notwendigkeiten.

Der Priester der Zukunft

Zusammen mit dem südafrikanischen katholischen Bischof Fritz Lobinger hat Paul Zulehner bereits Modell für den Priester der Zukunft erarbeitet. Eine Variante ist die des gemeindegründenden missionarischen Bistumspriesters.

Dieser muss hochmobil sein und dort arbeiten wo er von Gemeinschaft zu Gemeinschaft gebraucht wird. Diesem würde Zulehner empfehlen ehelos zu bleiben, weil dies eine familienfeindliche Existenzform wäre.