Der Unsinn im Kleinen

Kopfschüttelbilanz

"'Nach ergiebigen Schneefällen behindern nun die Urlauber die Straßen in Westösterreich.' Das ist ein schöner Satz, weil man über ihn nachdenken kann", befindet Herbert Hufnagl, dem die sprachlichen Entgleisungen seiner Journalistenkollegen immer wieder Inspiration sind.

Herbert Hufnagl zitiert Stilblüten seiner Kollegen

"Ironie ist bekanntlich etwas, das nicht jeder gleich versteht", weiß der Kolumnist Herbert Hufnagl aus Erfahrung und bedient sich zur Verdeutlichung seiner These eines Ausspruches von Kurt Tucholsky, der da heißt: Ironisches hierzulande - kursiv. Die "Realsatire Österreich" bietet Herbert Hufnagl seit vielen Jahren Stoff für seine täglich im Kurier erscheinende Kolumne. Vertrauend auf die inspirierende Wirkung des wohlgesetzten Wortes beschäftigt sich Herbert Hufnagl in seinen Texten mit dem "Alltagsdodeltum" ebenso wie mit der "Superlativ-Truppe" und den "Satziputzis".

Die Welt der Koffer

"Wenn Sie mich fragen, ob ich mit meiner Kolumne in den vergangenen Jahren etwas bewirkt habe, dann sage ich 'selbstverständlich nicht'! Es wäre doch schlimm, wären die Menschen anders geworden. Ich hätte mir meine Existenzgrundlage entzogen", sagt Herbert Hufnagl im Interview.

Aus dem "Land der Zwerge" und dem "Land der Koffer" hat der Kolumnist in seinen Texten immer wieder ausführlich berichtet. Mit der Etymologie des Koffers begann sich Herbert Hufnagl zu beschäftigen, als der Koffer zum Schimpfwort wurde. Die Herkunft des Wortes konnte nicht eindeutig geklärt werden. Der eher rassistischen Deutung, Koffer leite sich von Kaffer oder Kaff ab, dieser Deutung kann Herbert Hufnagl wenig abgewinnen. Er hat sich für die freundliche Lesart des Begriffes entschieden, die da sagt: Koffer steht für "schwer, unbeweglich und dumm". "Das, was wir Koffer nennen, ist gleichmäßig über das Land verteilt", sagt Hufnagl und liefert einige anschauliche Beispiele dafür, wie den Gigakoffer (Koffer hoch neun), den Reisekoffer (als Synonym für den Berufsstand des Handelsvertreters) oder den Dauerkoffer.

Die Aberwitzigkeiten des österreichischen Alltags

"Herbert Hufnagl sieht die Details, den Unsinn im Kleinen", sagte einst der Kabarettist Werner Schneyder. Hufnagls Strategie des Entlarvens bedient sich zumeist mehrerer Umwege. Zum Beispiel referiert er mit Vorliebe aus einer umgedrehten Perspektive über Zustände und Ereignisse. Er lobt, was nicht wirklich zu loben ist, er stimmt zu, wo man eigentlich aufschreien müsste, und gibt auf diesem Weg das der Lächerlichkeit preis, was groß, unbeirrbar, laut und unsensibel daherkommt.

Zu den Lieblingseinsätzen von Herbert Hufnagl zählen die Aberwitzigkeiten des österreichischen Alltags und die oft unglaublichen Stilblüten seiner Journalistenkollegen. "Der Journalismus ist mir ein Anliegen. In diesem Land wird teilweise schrecklich schlecht geschrieben. Viele Journalisten stehen mit Sprache auf Kriegfuß", beschreibt Herbert Hufnagl die österreichische Medienlandschaft.

(Zeitungs-)Enten und (Stil-)Blüten

Ausgewählte Dichtkunst und Magazinlyrik, verfasst von Kolleginnen und Kollegen aus der schreibenden Zunft, kann man auch in Herbert Hufnagls "Kopfstücke"-Textsammlung nachlesen, erschienen im Verlag "Der Apfel".

"Brasilien will eine Million arme Bauern an das Stromnetz anschließen." Diese interessante Information entnahm der Kolumnist einer Tageszeitung und quittiert das Ansinnen mit der Bemerkung: "immer trifft es die Armen."

Der Leser, das unbekannte Wesen

Dem ehemaligen Prinzipal des Kabarett Niedermair, I Stangl, ist es zu verdanken, dass Herbert Hufnagl gelegentlich auch aus seiner Kopfstücke-Sammlung liest. Der Kabarettist ermutigte den Kolumnisten einst, sich mutig dem Publikum zu stellen - auch wenn ihm dabei nicht immer so ganz wohl zumute ist:

"Es ist einfacher, wenn man Texte verstorbener Autoren vorliest - da braucht man nie ein neues Programm. Und zum Schluss ist es ja so: Die meisten glauben, der 'Bumerang' wurde von Otto Schenk gedichtet und nicht von Ringelnatz."

CD-Tipp
Die CD "Kopfstücke" von und mit Herbert Hufnagl ist im ORF-Shop um EUR 14,50 erhältlich,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten 10 Prozent Ermäßigung.

E-Mail
Herbert Hufnagl ist unter kopfstücke@kurier.at zu erreichen.

Links
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