Gerhard Roth im "Klassik-Treffpunkt"
Ein literarischer Eichmeister ohne falsche Gewichte
Für Andre Heller ist er ein "Eichmeister der österreichischen Wirklichkeit". Schriftsteller Gerhard Roth. Der prominente Autor, dessen neuer Roman "Das Labyrinth" in Kürze in die Buchhandlungen kommt, ist diesmal im Ö1 "Klassik-Treffpunkt" bei Haide Tenner zu Gast.
8. April 2017, 21:58
Gerhard Roths neuer Roman "Das Labyrinth", der in wenigen Tagen in die Buchhandlungen kommt, spielt in Wien, Madeira und Madrid und nimmt beim Hofburg-Brand seinen Ausgang.
Der prominente steirische Autor ist diesmal im Ö1 "Klassik-Treffpunkt" bei Haide Tenner im ORF-KulturCafe des RadioKulturhauses live zu Gast.
Von Wien als "Literarischer Archäologe" gewürdigt
Die Stadt Wien würdigte den Schriftsteller Gerhard Roth vor zwei Jahren mit dem "Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien". Der "literarische Archäologe", so der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) damals, "versteht es wie kein anderer, als einer der bedeutendsten Schriftsteller im deutschsprachigen Raum, die österreichische Geschichte durch die Schilderung von Einzelschicksalen aufzuarbeiten".
"Gerhard Roth hat eine Art von Herzensbildung, die gar nicht anders kann, als Anteil zu nehmen an der körperlichen und geistigen Not anderer", so Laudator Andre Heller. "Er ist ein bedeutender Geschichtenerfinder und Sprachkünstler, vieles wäre noch viel schwieriger zu ertragen, wenn es ihn nicht gäbe. Es ist seine unbestechliche Gedankenklarheit und Genauigkeitsmanie die ihn 'besonders' macht". Für Heller ist Roth ein "Eichmeister der österreichischen Wirklichkeit, ein Eichmeister ohne falsche Gewichte".
Beginn mit experimenteller Prosa
Gerhard Roth wurde am 24. Juni 1942 in Graz geboren. Nach dem Willen seines Vaters, eines Arztes, studierte er ab 1961 in seiner Heimatstadt Medizin, brach das Studium jedoch 1967 ab. 1966 bis 1977 arbeitete er als Programmierer und Organisationsleiter im Grazer Computerrechenzentrum, um neben seiner literarischen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ab den frühen 70er Jahren veröffentlichte er experimentelle Prosa (etwa 1972 "die autobiographie des albert einstein") und versuchte sich auch als Theaterautor ("Lichtenberg", "Sehnsucht", "Dämmerung").
Ein großzügiger Vorschuss des "S.Fischer Verlags" ermöglichte es Roth, sich ganz auf die Arbeit an den "Archiven des Schweigens" zu konzentrieren. 1980 erschien als erstes Buch "Der stille Ozean" (eine Verfilmung durch Xaver Schwarzenberger errang 1983 den Silbernen Bären der Berlinale). Mittelpunkt des aus den unterschiedlichsten literarischen Gattungen zusammengesetzten Zyklus, in dem Fiktion und (auch fotografische) Dokumentation ineinander fließen, ist das 1984 erschienene 800-Seiten-Buch "Landläufiger Tod". 1991 wurde der Zyklus mit "Die Geschichte der Dunkelheit" abgeschlossen.
Lebensorte Südsteiermark, Graz, Wien, Hamburg
Seit knapp 30 Jahren lebt Roth, der vier Kinder hat (darunter den Regisseur Thomas Roth, der auch Drehbücher seines Vaters verfilmte), mit seiner Frau abwechselnd in der Südsteiermark und in Graz, Wien oder Hamburg. Die sanfte steirische Hügellandschaft an der Grenze zu Slowenien, ihre Bewohner und ihre von Roth akribisch gesammelten Geschichten haben ebenso Eingang in seine Bücher gefunden wie die Katakomben, Archive und Kellergewölbe der Donaustadt.
Was auch immer Gerhard Roth noch schreiben wird, für die Betreuung des Werks scheint gesorgt: Mit dem Ankauf seines Vorlasses hat die Stadt Graz nicht nur die umfangreiche Bibliothek, Materialien- und Manuskriptesammlung des Autors, sondern auch die Manuskripte aller "zukünftig zu schaffenden literarischen Werke Roths" erworben.
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Literaturlandschaft Österreich: Gerhard Roth