Orens Entdeckung mit 23

Vom Schlagzeug zur Gitarre

Der australische Experimental-Gitarrist Oren Ambarchi möchte im Wortsinn zeitlose Musik schaffen. Musik, in der sich Raum und Zeit aufzulösen beginnen. Im "Zeit-Ton"-Poträt werden seine drei CDs, darunter "Grapes from the Estate" aus dem Vorjahr, präsentiert.

Die Gitarre hat der ursprüngliche Schlagzeuger Oren Ambarchi, geboren 1969, erst relativ spät, nämlich im Alter von 23 Jahren, entdeckt. Und das Wort entdeckt trifft es in diesem Fall tatsächlich auf den Punkt.

Seine erste Gitarre fand Oren Ambarchi nämlich im Probekeller, den er sich damals mit einigen anderen Musikern teilte - "ein schon reichlich abgenütztes Teil", wie Ambarchi erzählt, "das lange unbeachtet am Boden herumlag und das offenbar niemand mehr haben wollte."

Durchbrochene Begrenzung

Eines Tages beschloss Ambarchi, diese Gitarre gemeinsam mit seinem Schlagzeug mit auf die Bühne zu nehmen und kurzerhand zum Perkussion-Instrument umzufunktionieren. Er legte die Gitarre auf die Snare-Drum, steckte irgendwelche Gegenstände zwischen ihre Saiten und benutzte sie als einen weiteren Klangkörper.

Schon als Schlagzeuger also versuchte Oren Ambarchi die Begrenzungen, die das Instrument ihm vorgab, auf kreative Art und Weise zu durchbrechen. Mit der Zeit sei sein Interesse an den diversen Zusatzinstrumenten, Effektgeräten und auch an der Gitarre dann größer gewesen, als am Schlagzeug selbst.

Erste Solo-CD "Insulation"

"Insulation" lautet selbstredend der Titel der ersten Solo-CD von Oren Ambarchi. Nachdem in der zweiten Hälfte der 90er Jahre die experimentelle Musikszene in Sydney einen abrupten Einbruch erlebte und innerhalb kurzer Zeit eine Vielzahl der einschlägigen Clubs zusperrte, zog sich Ambarchi zwangsläufig in seine eigenen vier Wände zurück.

Es folgte eine Phase des intensiven Zwiegesprächs mit der Gitarre: "Nachdem ich sehr viel zu Hause verbrachte, hatte ich auch reichlich Zeit zu experimentieren. Ich lebte damals sehr isoliert, in mich gekehrt, alleine in meiner eigenen Welt und so entstand meine erste Solo-CD."

Zweite CD "Suspension"

Die musikalische Herangehensweise auf Oren Ambarchis zweiter Solo-CD zeugt bereits deutlich von einer eigenen, unverwechselbaren Handschrift. Mit dem ersten Ton scheint sich Ambarchis Musik auf "Suspension" ganz langsam in alle Richtungen auszubreiten, um schließlich Raum und Zeit völlig in Beschlag zu nehmen.

"Sich im Hören von Musik selbst zu verlieren, das ist eine Idee, die mir schon immer gefallen hat; im Hören von Musik das Gefühl für Zeit zu verlieren; in einen Zustand zu verfallen, im dem Zeit nicht mehr zu existieren scheint. Mit 'Suspension' habe ich dann begonnen, diesen Gedanke auch in meiner eigenen Musik umzusetzen. Am Anfang steht eine ganz einfache musikalische Idee, die ich dann ganz langsam über einen langen Zeitraum entwickle. Die Musik beginnt dadurch hypnotische, meditative Wirkung zu entfalten", erklärt Oren Ambarchi.

"Grapes from the Estate"

Die gemeinsame Arbeit mit Chris Townend für das Pop-Projekt "Sun", in dessen Rahmen eine Reihe wunderbar verquerer australischer Country-Songs entstanden sind, hatte großen Einfluss auf Oren Ambarchis drittes Solo-Album "Grapes from the Estate", das letztes Jahr erschienen ist.

Nach einem einleitenden rund zehnminütigen Stück, das in der musikalischen Herangehensweise direkt an "Suspension" anzuknüpfen scheint, schwingt sich Oren Ambarchi im zweiten und dritten Stück zu gar luftigen Höhen auf. Die Arbeit an dem Projekt "Sun" hätte ihn dazu inspiriert, auch wieder andere Instrumente zu spielen und dem Klang seiner Gitarre hinzuzufügen. Auch in der Titelgebung schlägt Oren Ambarchi einen neuen Weg ein. Während "Insulation" und "Suspension" in erster Linie auf den musikalischen Werdegang Bezug nahmen, verweist dieser CD-Titel auf einen Weinverkostungstrip, den Ambarchi in der Umgebung von Adelaide gemacht hatte.

Auf einer Weinflasche entdeckt

"Ich bin ein passionierter Weintrinker. Besonders in Adelaide gibt es hervorragende Weine. Das Barrossa Valley in der Nähe von Adelaide ist eines der besten Weinbaugebiete Australiens. Ich habe also damals all diese verschiedenen Weine mitgebracht und auf einer der Flaschen stand auf einem Etikett auf der Rückseite: Grapes from the Estate. Da dachte ich, das ist doch ein netter CD-Titel. Ich wollte auch weg von diesen CD-Titeln, die so offensichtlich nach Kunst klingen wollen und die man auf so vielen experimentellen Musik-CDs heute findet", so Oren Ambarchi.