Die Messer fliegen tief

House of Flying Daggers

Tiger und Drachen haben den Weg geebnet: Spätestens seit "Tiger and Dragon" sind fernöstliche Martial-Arts-Epen auch im Westen ein Kinohit. Jetzt läuft mit "House of Flying Daggers" das jüngste Beispiel dieses Genres bei uns an. Die Reaktionen der Kritiker sind geteilt.

Die Titel gebenden "Fliegenden Messer" sind ein Geheimbund in einem Märchen-China aus dem 9.Jahrhundert. Zwei Polizisten sollen ihn ausheben und versichern sich dabei einer schönen blinden Tänzerin - kein Wunder, dass Liebe und Eifersucht nicht ausbleiben.

Nach zahlreichen Tanzwettbewerben, Duellen und Intrigen findet das leichenreich bunte Geschehen einen tragischen Abschluss. Was sich liest wie reine Kolportage, gilt Freunden dieses Genres als pure Kinokunst.

Traum in Blau und Aubergine

Formal betrachtet, hat diese Wertschätzung einiges für sich. Schon die einleitende Tanzszene, in der die Blinde sich an einer Reihe von kreisförmig aufgestellten Trommeln orientiert, ist ein Traum in Blau und Aubergine, und auch die sorgsam durchchoreografierten Kampfszenen, die sich daran anschließen, sind von hoher farblicher Delikatesse. Da durcheilen gewandte Kämpfer fliegend lichtgrüne Baumkronen, und da wandelt sich der rot glühende Herbstwald durch plötzlichen Schneefall in eine weiß erstarrte Winterlandschaft.

Keine Spur von Regimekritik

Sucht man nach dem politischen Kern des bunten Spektakels, sieht die Sache freilich anders aus. Regisseur Zhang Jimou, der das Genre schon mit seinem vorletzten Film "Hero" bedient hatte, zählt eigentlich zu den regimekritischen Künstlern seines Landes. In Filmen wie "Rotes Kornfeld" oder "Die Geschichte der Quiju" hatte er Geschichte und Alltag Chinas mit sozialer Sensibilität geschildert. Davon ist hier keine Spur mehr zu finden: "House of Flying Daggers" ist reines, abgehobenes Genre-Kino, es sei denn, man interpretiert die Atmosphäre von Folter und Verrat, in der sich das Geschehen entrollt, als subtilen Hinweis auf die politische Situation im heutigen China.

Zahnlos durch Zensur?

Befragt man Jimou nach der künstlerischen Freiheit, die er hat, bekommt man eine vieldeutig paradoxe Antwort: "Soweit es die Zensur erlaubt, herrscht völlige künstlerische Freiheit", sagte Jimou in einem Interview für die Filmsendung "Synchron". "Das ist nun einmal die Realität, der man sich gegenübersieht. Meine Kollegen im Westen sind da in mancher Hinsicht glücklicher". Offene Worte von einem Mann, dessen Arbeit zusehends ins kritische Zwielicht gerät.

"Feinsten Edelkitsch ohne tiefere Bedeutung" sieht "Die Presse" in diesem Film, der den Rezensenten des "Standard" "seltsam kalt" gelassen hat. Wenn da die Messer nur nicht allzu tief fliegen...

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House of Flying Daggers
Shi mian mai fu, China, 2004
Mit: Takeshi Kaneshiro, Zhang Ziyi, Andy Lau
Drehbuch und Regie: Zhang Yimou