... und die Bedrohungen 20 Jahre danach
Die verhinderte Schlacht um Hainburg
Hainburg ist zum Begriff geworden: Für Umwelt-Engagement für die einen, für naive Technikfeindlichkeit für die anderen. Bei einer der größten Auseinandersetzungen der Zweiten Republik ist in Wirklichkeit wenig passiert. Aber viel hätte passieren können ...
8. April 2017, 21:58
Nationalparkdirektor Carl Manzano zur heutigen Situation
Selten waren hierzulande die Standpunkte in einer Diskussion so verhärtet, wie in jener um den geplanten Kraftwerksbau Hainburg. 20 Jahre ist es her, als diese Diskussion einem Höhepunkt zusteuerte. Dabei wurde nicht nur das Funktionieren des Rechtsstaates einer harten Prüfung unterzogen.
Die Auseinandersetzungen um Hainburg gelten allgemein auch als Geburtsstunde der österreichischen Umweltbewegung - einer Bewegung, die heute - in den Augen mancher - eine Wiedergeburt nötig hätte. Denn 20 Jahre nach der Au-Besetzung lauern neue Bedrohungen.
"Sternstunde" des Umweltschutzes in Österreich
Am Anfang standen Bürgerinitiativen und regionale Umweltaktivisten. Die "Aktionsgemeinschaft gegen das Kraftwerk Hainburg und das "Konrad-Lorenz-Volksbegehren wurden aus der Taufe gehoben. Letzteres organisierte am 8. Dezember 1984 einen Sternmarsch in die winterliche Au. Campierten anfangs nur wenige hundert Personen trotz Kälte und Schnee, wurden es mit jeder polizeilichen Räumung und mit jedem Rodungsversuch bald 3.500 Menschen und mehr, die die Au besetzten.
Eskalation und "Weihnachtsfrieden"
Am 19. Dezember kam es zur Eskalation. Polizisten versuchten mit Schlagstöcken, die Demonstranten zu vertreiben. Der Auwald wurde zum Sperrgebiet erklärt. Die brutale Räumung führte zu zahlreichen Demonstrationen in Wien und in den Bundesländern. Für die Medien gab es in der Folge nur noch ein Thema: "den Krieg in der Au. Durch den immer größer werdenden Druck zog die Bundesregierung schließlich die Notbremse. Die Polizei wurde zurückbeordert, die Rodungen gestoppt. Drei Tage vor Weihnachten verkündete Ex-Bundeskanzler Fred Sinowatz in den Medien den berühmten "Weihnachtsfrieden von Hainburg". Und als im Jänner der Verwaltungsgerichtshof den Wasserrechtsbescheid für das Kraftwerk aufhob, war das Projekt Kraftwerksbau de facto gestorben.
Der lange Weg zum Nationalpark
Im April 1985 setzte Fred Sinowatz eine Ökologiekommission ein. Das Ergebnis dieser Kommission lautete: Kraftwerk und Nationalpark sind nicht vereinbar. Gleichzeitig wurde ein Konzept für einen Nationalpark vorgelegt. Als in den darauffolgenden Monaten andere Varianten für ein Kraftwerk östlich von Wien diskutiert wurden, folgten weitere Aktionen. Das "Konrad-Lorenz-Volksbegehren" etwa, das 1985 353.900 Unterschriften brachte, oder die Aktion "Natur frei kaufen", die vom WWF mit Unterstützung des ORF erfolgreich durchgeführt wurde.
Es dauerte dennoch insgesamt zwölf Jahre, bis zum 27.Oktober 1996, als schließlich der Vertrag für einen Nationalpark hochoffiziell unterzeichnet wurde. Der damalige Au-Besetzer und heutige Nationalparkdirektor Carl Manzano dazu:
"Er bietet den in Österreich höchst möglichen gesetzlichen Schutz für dieses Gebiet. Und der ist auch notwendig, zumal der Druck auf die Natur immer stärker wird."
Die künftigen Au-Bedrohungen
Autobahnen quer durch den Nationalpark wird es zwar auch künftig nicht geben. Und wenn, dann in 30 Metern Tiefe unten durch. Dennoch, der Nationalpark Donau-Auen hat durch den Fall des Eisernen Vorhangs seine periphere Lage verloren. Das bedeutet Siedlungsdruck und dem entsprechend viel Verkehr zwischen den beiden Hauptstädten Bratislava und Wien.
Der Ausbau der Donau für die Schifffahrt ist ebenso eine Bedrohung. Als Teil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes TEN soll die Donau für den so genannten Euro-Kahn adaptiert werden. Manche sehen hier auch eine Chance, nämlich dann, wenn sich in diesem Zusammenhang auch notwendige Verbesserungen für die Au finanzieren lassen könnten.
Auch der Flugverkehr des in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Flughafens Wien Schwechat hatte in den letzten Jahren zweistellige Zuwachsraten zu verzeichnen. Tendenz steigend. Der Bau einer weiteren Landebahn ist geplant. Die Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenwelt der Donau-Auen sind unumstritten. Der Erholungswert für Nationalpark-Besucher wird jetzt schon beeinträchtigt.
Download-Tipp
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Hör-Tipp
Unter dem Titel "Dann rinnt dort Bluat ..." erinnert die Sendung "Hörbilder" am Samstag, dem 18. Dezember an die Au-Besetzung vor 20 Jahren, Beginn: 9:05 Uhr
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