Noch nicht ganz, aber knapp davor

Geheimdienstler und sonstige Ermittler

Richtige, echte Krimis aus der Feder richtiger, echter Afrikaner hat es lange nicht gegeben. Erst in den letzten 30 Jahren beginnt das Genre "Kriminalroman" Fuß zu fassen. Die ersten davon rechneten einmal mit der politischen Vergangenheit ab.

Spannende Romane, die um Recht und Unrecht oder Rache und Bestrafung kreisen, gibt es schon lange. Genremäßig gehören sie aber in die "Bewältigungs- und Abrechnungsliteratur". Aufgearbeitet wird, was die diversen Aufstände, Befreiungskämpfe, Machtspielchen des eigenen Landes hergeben: Abrechung mit den Kolonialisten und Kollaborateuren, korrupten Regimes, betrügerischen Clans. Oft genug als Familiensaga über mehrere Generationen erzählt, bieten sie aufschlussreiche Einblicke in Lebensweise, Weltanschauung und Gefühlshaushalt.

Zum Beispiel: die wütenden Romane des Kenianers Ngugi wa Thiong'o, der zum sozialen Gewissen seiner Heimat avancierte - und das mit Repressalien von Seiten des Staates büßen musste.

Black ist doch beautiful

Auch die bissigen Satiren, die den Gegensatz zwischen Ideologie ("Black is Beautiful", oder "Gleichheit, Freiheit usw." und was es sonst noch alles so gibt) und Realität geißeln, muss man zu diesen "Krimivorläufern" zählen. Etwa die 1968 entstandene Abrechnung mit dem unabhängigen Ghana nach Kwame Nkrumah "Die Schönen sind noch nicht geboren" von Ayi Kwei Arma. Oder die bitterböse Geschichte von Nkem Nwankwo, die die gnadenlose Jagd des gebildeten, gut situierten Onuma erzählt, der über Leichen geht, um sein Ansehen zu mehren, das sich vor allem in der Größe der Autos (noch vor der Menge an wildem Sex) zeigt: "Mein Mercedes ist größer als deiner" entstand 1975.

Und ob man "Zeit der Gesetzlosigkeit" von Wole Soyinka, 1973 entstanden, als Thriller nach dem Vorbild von Ludlum oder McLean sehen will, oder "bloß" als Neufassung des Orpheus-Mythos vor dem Hintergrund des Biafrakrieges, bleibt jedem selbst überlassen.

Richtige Kommissare klären richtige Fälle

Und plötzlich: Die ersten echten Kriminalromane mit einem richtigen Kommissar, einem richtigen Fall und Verwicklungen bis in die höchsten Kreise der Politik.

Mali 1984: "Bogenschütze" von Modibo Sounkalo Keita: Mit teilweise vergifteten Pfeilen räumt ein Unsichtbarer unter den Reichen der Hauptstadt auf, und der arme Kommissar Mbaye verzweifelt schier, denn kaum hat er die Spur eines Motivs, widerlegt sie der geheimnisvolle Schütze per Pfeil und neuer Leiche.

Nairobi 1995: "Mr. Rivers letztes Solo" von Meja Mwangi: Eine von Band Aid inspirierte Story um den amerikanischen Popstar Jack Rivers, der es sich nicht nehmen lässt, die vom Erlös mehrerer Benefizveranstaltungen erworbenen Hilfsgüter selbst in die darbenden Regionen zu bringen - und zum Spielball der unterschiedlichsten (politischen? kriminellen?) Interessen wird. (Überhaupt Meja Mwangi. Man könnte alle seine Romane zu Krimis erklären, ganz bestimmt aber "Die Wilderer", in dem es um die Elfenbein-Mafia geht).

Yaoundé 1999: "Sonne Liebe Tod" von Mongo Beti kreist um den Journalisten Zam, dessen Pechsträhne mit dem durch Diebstahl verursachten Verlust seiner Jazz-CD-Sammlung beginnt und mit der Auffindung einer Leiche in seiner Wohnung noch längst nicht zu Ende ist.

Luanda 2001: Vom Meister der spitzen Feder Pepetela stammt die überaus witzige und ziemlich absurde James-Bond-Satire "Jaime Bunda, Geheimagent", in der ein nach dem Vorbild von Sherlock Holmes, Dick Tracy und Philipp Marlowe agierender Geheimdienst-Praktikant die alles vertuschenden hohen Herren so durcheinander bringt, dass schließlich eine Riesenschweinerei auffliegt.

Botswana - Hochburg schreibender Juristen

Der britische Jurist Alexander McCall Smith, der im damaligen Rhodesien aufwuchs, verbrachte viele Jahre in Botswana. Er hat die etwas korpulente Mma Ramotswe erfunden, die immer schon Krimis liebte und nach dem Tod ihres Vaters am Rand der Hauptstadt "The No. 1 Ladies' Detective Agency" eröffnet. Der vierte Fall der liebenswerten Lady wird im Frühjahr erscheinen.

Und dann ist da noch die Menschenrechtsanwältin und erste und einzige Bundesrichterin Unity Dow, die auch in ihrem Krimi "Die Beichte" die Rechte von Frauen im Hinterkopf hat.

Übrigens Hinterkopf: Eines ist Afrikas Krimis, so unterschiedlich sie auch sein mögen, gemeinsam: Keiner kommt ohne eine tüchtige Portion Sozialkritik aus.

Buch-Tipps
Ayi Kwei Armah, "Die Schönen sind noch nicht geboren", Peter Hammer Verlag, ISBN 3872948334

Meja Mwangi, "Die Wilderer", Unionsverlag, ISBN 9783293202184

Meja Mwangi, "Mr. Rivers letztes Solo", Peter Hammer Verlag, ISBN 3872946404

Mongo Beti, "Sonne Liebe Tod", Unionsverlag, ISBN 9783293201729

Pepetela, "Jaime Bunda, Geheimagent", Unionsverlag, ISBN 3293003397

Alexander McCall Smith, "Ein Krokodil für Mma Ramotswe", Lübbe, ISBN 3404149181

Alexander McCall Smith, "Ein Gentleman für Mma Ramotswe", Lübbe, ISBN 340415133X

Alexander McCall Smith, "Ein Koch für Mma Ramotswe", Nymphenburger, ISBN 3485009601

Unity Dow, "Die Beichte", btb, ISBN 3442731399

nur mehr antiquarisch erhältlich:
Nkem Nwankwo, "Mein Mercedes ist größer als deiner", Marino Verlag, ISBN 3927527629

Wole Soyinka, "Zeit der Gesetzlosigkeit", Ullstein Verlag, ISBN 3548208118

Modibo Sounkalo Keita, "Bogenschütze", Kyrill & Method, ISBN 3927527343