Live aus der Cselley-Mühle in Oslip

Lukas Resetarits' XXII.

In seinem XXIX. Berufsjahr entwickelt Lukas Resetarits aus "Niemandsland", "Zeit", "Nachspielzeit" und "Rest"-Material sein 22. Programm - von XXS bis XXXL. Dass das römische Zeichen für "zehn" bei uns zu "extra" wurde, gibt dem Künstler zu denken.

Die antarktische Weddelrobbe ist ein gar armes Tier.

Wer kann heute noch römische Zahlen lesen, fragt Lukas Resetarits sein Publikum. Sein 22. Programm hat er mit der römischen Laufzahl für XXII versehen - nicht zuletzt um zu beweisen, dass ein Weltreich mit einem derartigen Zahlensystem nicht überleben konnte. Schon die alten Römer sollen mit diesen Symbolen ihre liebe Not gehabt haben.

"Die römischen Zahlen haben sich ja nicht lange gehalten, die sind schon bald von den arabischen abgelöst worden. Ich persönlich habe ja nie verstanden, dass die Römer mit so einem Zahlensystem ein Weltreich regieren konnten. Dividieren sie einmal 2798 durch 137 auf römisch, da werden sie alt."

Homo sapiens statt Säbelzahntiger

Lukas Resetarits, privat bekennender Hobbyzoologe und naturwissenschaftlich interessierter Zeitgenosse, gibt vor, sich für sein 22. Programm etwas vorgenommen zu haben: Er will den Menschen in den Mittelpunkt seiner kabarettistischen Betrachtungen stellen. Frei nach dem Motto "Homo sapiens sapiens statt Säbelzahntiger" soll der Abend im Zeichen unserer Spezies stehen, der Spezies Mensch.

Doch bereits in der ersten Spielhälfte passiert es dann doch: Die Blattschneiderameise, der Ameisenbär, das Gilamonster und andere von der Schöpfung optisch wie auch die Lebensumständen betreffend arg unterprivilegierte Tiere treten vor den imaginären Vorhang des Erzählers. In einer von der Fernsehglobalisierung erfassten Welt sind diese mit höchst geringem "Kuschel- und Funfaktor" bedachten Wesen dann auch die Paria der Schöpfung und zu lebenslangem Unglück verdammt.

Mit seinem untrüglichen Gefühl für die Mördergruben in den Herzen der Menschen braucht Lukas Resetarits die Parallelen zu unserem Alltag erst gar nicht anzusprechen, sie erschließen sich in jeder noch so kleinen Tierfabel wie ganz von selbst. Oder gibt es nicht zu denken, dass die Weddelrobbe bei minus 50 Grad erst ein Loch in die Eisdecke graben muss, um einen Fisch zu ergattern?

Was ist Wirtschaft?

Sagen Sie in Bayern, ich komme aus der Wirtschaft, glaubt jeder, Sie sind stockbetrunken. Sagt bei uns jemand, ich gehe in die Wirtschaft, ist es ein ehemaliger Politiker.

Lukas Resetarits hat für sein 22. Programm eine Reihe von Themen aufgelesen, die scheinbar unabhängig voneinander sind. Es geht um nicht zu knackende CD-Verpackungen, um verflieste Krokodilgehege und den primitiven menschlichen Forscherdrang, es geht um Albert Schweitzer und Elisabeth Gehrer, um die Saliera als Prototyp aller Salzgefäße und den Feinstaub in und an uns allen. Am Ende fügen sich all diese teils satirischen teils wissenschaftlichen und manchmal einfach nur komischen Miniaturen zu einem wunderbaren Ganzen zusammen, zu einem Stück Alltagsgeschichte eines politisch bewegten Kabarettisten, der schon oft brillant aber selten so persönlich war.

Der Schmäh

Der Schmäh definiert sich - frei nach Resetarits - durch das Herangehen an ein Thema. Schmäh kann entstehen, wenn sich der Kabarettist mit den Zielobjekten, den Zielpersonen seiner satirischen Betrachtungen scheinbar solidarisiert, ihnen nach dem Mund redet und auf diese Weise ihre Denkstrukturen offen legt.

Natürlich schlüpft Resetarits in seinem 22. Programm ganz bewusst immer wieder in die Rolle des positiv motivierten Zeitgenossen, der - anstatt im Trüben zu fischen - lieber Lobesreden über die positiven Seiten der neuen Selbstständigkeit und der Freiheit im Wirtschaftsleben hält.

Als Trendsetter versucht sich der Kabarettist auch bei der Entwicklung von Gegenkonzepte zum herkömmlichen System im Bereich der Werbung. Kurz auf den Punkt gebracht: Entweder ist ein Werbespot gut, aber am Ende weiß keiner, um welches Produkt es eigentlich ging, oder der Spot ist schlecht und man wartet erst gar nicht ab, was da beworben werden soll. Um diesem Dilemma zu entkommen empfiehlt Resetarits eine Rückbesinnung auf die gute alte Mundpropaganda.

Eine Veranstaltung live aus der Cselley-Mühle mit Unterstützung von Wien Energie

Hör-Tipp
Kabarett direkt, Freitag, 13. Oktober 2006, 20:00 Uhr

Veranstaltungs-Tipp
Lukas Resetarits, "XXII.", Freitag, 13. Oktober 2006, 20:00 Uhr, Cselley-Mühle in Oslip,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (10 Prozent)

Links
Know Me Promotions - Lukas Resetarits
Cselley-Mühle
kabarett.at
kabarett.cc