Musik als Weg

Gurdjieffs "Heilige Tänze"

"I want to be remembered as a teacher of dance“, meinte zu Beginn des 20. Jahrhunderts der als Guru verehrte kaukasische Mystiker Georg Ivanovitsch Gurdjieff. Sein Credo, dass der Weg zur spirituellen Erfüllung ein tönender wäre, ist jetzt auf einer neuen CD nachzuhören.

Tsabropoulos & Lechner interpretieren George I. Gurdjieff

Es ist etwas Eigenartiges um die Person des kaukasischen Mystikers George Ivanowitsch Gurdjieff. Wann genau er geboren wurde, weiß man nicht - 1866 oder 1872 oder 1877? Fest steht, dass er mit Musik groß geworden ist, mit kaukasischer und griechischer Volksmusik, mit byzantinischer und armenischer Kirchenmusik, und dass er auf seinen ausgedehnten Reisen, die ihn in die entlegensten Weltgegenden Asiens und Nordafrikas führten, spirituelle Musik verschiedenster religiöser Gemeinschaften kennen gelernt hat.

Noch in Russland begann er sein spirituelles Wissen weiterzugeben, aber weder die Zaristen noch die zur Macht strebenden Kommunisten hatten mit ihm und seinen "Spinnern" große Freude. 1919 - andere Quellen sagen 1922 - eröffnete er in Paris das "Institut der harmonischen Entwicklung des Menschen" und lehrte seinen Jünger/Innen so zu tanzen, dass der dreigeteilte Mensch - Körper, Geist und Seele - zu einem Ganzen werde. Begleitet wurden diese "Heiligen Tänze" von seinen eigenen Improvisationen, die von einem seiner glühendsten Anhänger, dem aus der Ukraine stammenden adeligen Komponisten Thomas de Hartmann, aufgezeichnet und später arrangiert wurden.

Gurdjieffs Art zu tanzen lag "in der Luft"; viele Figuren decken sich mit denen, die Oscar Schlemmer für sein "Triadisches Ballett" entwickelt hat. Freilich war Schlemmers Ausgangspunkt ein ganz anderer. Als "Bruder in der Lehre von der harmonischen Bewegung des Körpers" könnte man Jacques Dalcroz bezeichnen. Tatsächlich gleicht seine "Eurhythmie"den "Movements" von Gurdjieff so sehr, dass es am 13. Dezember 1923 bei der ersten öffentlichen Aufführung Heiliger Gurdjieff'scher Tänze zu tumultartigen Szenen kam: Dalcroze-Schüler beschimpften Gurdjieff als "Betrüger und Dieb".

Gurdjieff neu auf CD

Nicht aus spirituellen, sondern aus musikalischen Gründen setzten sich der griechische Pianist Vassilis Tsabropoulos und die deutsche Cellistin Anja Lechner mit Gurdjieff’scher Musik auseinander, fasziniert von der zeitlosen Klarheit, der expressiven Einfachheit und der genialen Symbiose östlicher und westlicher Klänge. Das Ergebnis: wunderbar ruhige, fließende, gemessen an anderen Gurdjieff-Aufnahmen ungewöhnlich frei schwingende Musik ...

Musik aus Tartarstan

Sehnsucht nach der weiten Welt? Zulya hilft. Zaubert riesige Baobabs ins Wohnzimmer, lässt flirrende Maultrommel-Insekten herumschwirren und Mini-Elefanten auf dem Handrücken spazieren. Mit Hilfe von Balafon, Kora, Maultrommel, Gitarre, Tuba, die ihre Stimme tragen und umschmeicheln, hat Schwermut und Nebelgrau keine Chance.

Sainkho Namtchylaks gestohlener Himmel

Selbe Gegend - aber doch Welten entfernt, als wäre man unvermutet in eine chromblitzende Jurte geraten, in der noch einige Andenken an die Urgroßeltern bewahrt werden. "Am I Bob Dylan in Tuvans nest?“ - fragt sie und überlegt, ob sie "möglicherweise die letzte der Tuva-Vorhut ist, die aus dem 20. Jahrhundert im rasenden 21. angekommen ist.

CD-Tipps
Gurdjieff/Tsabropoulos, "Chants, Hymns and Dances", ECM CD 1888 oder Universal, CD 981 9613

Zulya "elusive“, Westpark, CD 87101, erschienen im Februar 2004

Sainkho Namtchylak, "Who stole the sky?", Ponderosa, CD 016, erschienen im April 2004

Links
G. I. Gurdjieff - Biografie
Gurdjieff International Review
Zulya
Sainkho Namtchylak