Spracherkennung ist nicht perfekt

Project Listen

Das "Projekt Listen" ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, um eine automatisierte Lesehilfe zu entwickeln, sie zu evaluieren, zu verbessern. Die Spracherkennungssoftware hört Kindern beim Lesen zu und hilft ihnen ihre Lesekenntnisse zu verbessern.

Jack Mostow von der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh, Pennsylvania, entwickelte das Konzept für einen automatisierten Lesetutor bereits vor mehr als zehn Jahren.

Die Grundidee lässt sich einfach beschreiben: Kinder lesen laut vor, und der Computer hört ihnen zu. Um diese Idee umzusetzen stellten sich die Wissenschaftler im wesentlichen zwei Fragen: Wie soll sich diese Box verhalten und wie setzt man so etwas um?

"Spracherkennung ist nur so gut wie ihr Datenmaterial"

Letzteres wurde mit Hilfe von Spracherkennungssoftware gelöst. Aber am Verhalten der Software wird noch gefeilt. Die automatisierte Lernhilfe bietet Texte in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen an, die von den Schülern Satz für Satz vorgelesen werden. Das Programm reagiert mit Hilfe eines stilisierten Gesichts in einer Ecke des Bildschirms, das je nach Erfolg mehr oder weniger lächelt.

Getestet wurde anfangs nur mit einer kleinen Gruppe an Kindern, im vergangenen Schuljahr waren es bereits einige hunderte Schüler, die ihre Lesekenntnisse am Computer verbesserten

Über die Jahre sammelten die Forscher beachtliches Datenmaterial, dass dazu verwendet wird, den Wortschatz und vor allem den Trainingsverlauf zu verbessern. Jede Spracherkennungssoftware ist nur so gut wie ihr Datenmaterial, sagt Jack Mostow.

Fehler oder kein Fehler

Besser, aber noch nicht perfekt, ist zum Beispiel der Umgang der Software mit Fehlern. Diese müssen nicht nur richtig erkannt werden, sondern die Software muss auch in der Lage sein, manche davon zu ignorieren. Denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich ein Schüler einmal verliest, den Satz abbricht, das eine Wort überspringt, dafür ein anderes wiederholt oder hinzu dichtet. Und dann gibt es noch die Äh's und Ah's, die das Programm richtig deuten muss.

Für das Team rund um Jack Mostow war es auch wichtig, dass der Reading Tutor den Kinder nicht fälschlicherweise einen Fehler vorwirft. Tatsächlich sagt der Tutor den Kindern nie, dass sie einen Fehler gemacht haben. Er sagt auch nicht: Du hast das Wort richtig ausgesprochen, denn auch das könnte falsch sein.

Sanfte Hilfestellungen

Wenn der Tutor glaubt, dass das Kind einen Fehler gemacht hat, dann stehen dem Programm heute zehn verschiedenen Hilfefunktionen zur Verfügung: Es kann das Wort aussprechen, es unterteilen in Silben oder Phoneme. Es kann einen Hinweis geben, in dem es sagt: dieses Wort reimt sich auf jenes oder klingt so ähnlich wie dieses oder es kann visuelle oder akustische Effekte einspielen.

Den Erfolg einer Methode misst das Programm daran, ob das Kind bei der nächsten Übung das Wort beherrscht oder nicht.

Edutainment ersetzt nichts, sondern kann nur unterstützen

Jack Mostow geht vorsichtig mit Erfolgsmeldungen um, aber zumindest in kleinen Testgruppen konnte das Programm reüssieren: Kinder, die acht Monate lang den Tutor täglich verwendeten, schnitten in einem Vergleichstest dreimal besser beim Lesen ab als eine Kontrollgruppe.

Die beteiligten Lehrer in Pittsburgh gestanden dem "Reading Tutor" zu, die Motivation der Kinder zu fördern und ihr Selbstvertrauen zu stärken. Aber niemand, auch nicht Jack Mostow von der Carnegie Mellon Universität geht soweit zu behaupten, eine Spracherkennungssoftware könne einen menschlichen Tutor ersetzen. Der "Reading Tutor", so Jack Mostow, erfüllt die gleiche Funktion wie die Stützräder beim Fahrrad: Er nimmt Kindern die Scheu vor dem lesen.

Download-Tipp
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Links
Project Listen
Helping Children Learn Vocabulary during Computer-Assisted Oral Reading