Der eleganteste Mannschaftsport

08. Baggern, Aufspielen, Schlagen

Im Volleyball herrscht die Zahl drei. Auf tschechisch "tri". Warum gerade auf tschechisch? Albert Hosp spielte in den 1970ern in der Jugendmannschaft von Sokol V, als es Beach Volleyball höchstens in Kalifornien gab. Hier seine Erinnerungen...

Das Wort "pritschen" habe ich nie gemocht, wenigstens nicht als Verb. (Als Substantiv stellt es für mich eine Holzliegen im Strandbad dar.) Wir sagten stets "baggern". (Und verbanden damit, in unserer knabenhaften Unschuld, natürlich keinesfalls den Kontakt zum anderen Geschlecht!)

Baggern, oder auch "unteres Zuspiel", ist das um und auf beim Volleyball: Service (Aufschlag) von der anderen Seite; und dann muss ordentlich gebaggert werden, damit ordentlich aufgespielt und ordentlich geschlagen werden kann.

Ordentliche Dreifaltigkeit

Volleyball (ich meine hier immer die Sportart ohne "beach"!) ist der Sport der Dreifaltigkeit: Nach drei Berührungen muss der Ball übers Netz gespielt werden. Zweimal drei Menschen spielen auf jeder Seite. Drei mal drei Meter lang ist eine Spielfeldhälfte. Zwischen der Drei-Meter-Linie und dem Netz dürfen nur die vorderen drei SpielerInnen im Sprung den Ball hinüberspielen.

Aus meiner aktiven Volleyballzeit wäre dann noch das dreimalige Trainieren pro Woche zu nennen. Ich schaffte es nie öfters als zweimal, und als dann die Musik ins Zentrum meines Lebens rückte, gab ich den Sport zugunsten des Geigenspieles auf. Geiger wurde ich keiner. Volleyball weiterzuspielen, wäre für meine Wirbelsäule gesünder gewesen.

Schuhhandel und Muskelkater

Nymburk, Vlasím, Jicin. Städtchen, Dörfer, damals natürlich in der CSSR gelegene Orte, mit denen ich keine Kirchen, Plätze und Museen verbinde, sondern in Turnhallen, Sandplätzen und Betriebskantinen verbrachte Trainingslager.

In Nymburk 1978 sah ich zum ersten Mal ein Match zwischen zwei National-Mannschaften: CSSR gegen Polen! Zum ersten Mal Menschen sehen, deren Sprungkraft sie bis zum Nabel in Netz-Oberkanten-Höhe katapultierte. Jedenfalls trainierte die Tschechoslowakische Nationalmannschschaft in derselben Halle wie wir Grünschnäbel aus dem Emigrantenclub Sokol V in Wien.

Und wir bekamen sie zu Gesicht, weil sie uns die Trainingskleidung abkaufen wollten, die Adidas-Schuhe vor allem, aber auch die hautengen 100 Prozent Polyacryl-Dressen in den heißen 70er-Jahre-Farben.

Und, ja: Prag! Wenn ich an Prag denke, denke ich sofort an: Muskelkater. Der Prag-Ausflug war immer für den heiklen dritten Tag vorgesehen. (So wie ja auch z. B: Schul-Schikurse am dritten Tag stets pausieren.) Und so wankte jedes Jahr Ende August, nach zwei Tagen und je acht Stunden Körperarbeit, eine Schar Volleyball-Eleven verkaterten Schrittes auf den Hradschin.

Legionär für Kuwait

Nach Weihnachten bis Dreikönig gab es auch Trainingslager, z.B. anno 1979/80 mit dem Juniorennationalteam in Jicin; wir teilten das Hotel mit einem internationalen Trainer-Kongress. Am 31.12. fand ein Jux-Turnier statt. Unser Teamkader wurde auf die Trainer aufgeteilt. Ich spielte für Kuwait!

Lukrative Kontakte wurden leider nicht geknüpft, bzw. gingen im allgemeinen Silvestertaumel wieder verloren. Daran war vor allem ein grüner Cocktail schuld, der in großer Menge konsumiert wurde; das Morgentraining am 1.1. bot ein Bild des Jammers, gegen das jener Gang durch Prag ausgesprochen leichtfüßig wirkte.

Hecht am Gürtel

Favoriten, Simmerung, Floridsdorf: In Wien trainierten wir in einer der vielen Rundhallen, die trotzdem eckig sind. Der bemerkenswerteste Trainings-Ort aber ist Legende: Dunklerplatz! Dort wo der Gürtel mit der Wienzeile zusammentrifft, im Niemandsland zwischen den Mehrspurstraßen, (heute: U4 Margaretengürtel) befand sich ein Sand-Platz, auf dem es nicht empfohlen war, nach einem Ball zu hechten. Die Brustbekleidung sah dann jener der Mopedfahrer ähnlich, die vielleicht auf den Straßen rundherum gerade am Beton "radierten".

Bilanz und Buchstaben

Volleyball ist der eleganteste Mannschaftsport. Der Ball wird in der Luft, im Flug gespielt; Körperkontakt zum Gegner ist nicht vorgesehen, ein "foul" kaum möglich. Daher setzt man alle Kraft, alle Aggression in den Schlag, mit dem der Ball übers Netz befördert wird.

Tschechisch ist eine wundervolle, bilderreiche Sprache: Mein Turnlehrer, der mich zum Volleyball brachte, heißt Vlcek - das bedeutet "junger Wolf". Mein Volleyballverein (und damit auch ein großer tschechischer Turnverein): Sokol - "Falke".

Ich kann auf tschechisch nur mehr bis fünf zählen, aber immerhin einen der schönsten Konsonanten aller Zeiten aussprechen: "r" und "sch" gleichzeitig. Das braucht man auch als Musikredakteur, etwa für "Dvorák". Und da die Trainingslager im Hochsommer stattfanden, ist mir bis heute ein Wort mit fünf aufeinanderfolgenden Konsonanten geläufig: Zmrzlina - Eis.

Text: Albert Hosp, Jg.1964, brachte es immerhin zum mehrfachen Jugendstaatsmeister im Volleyball. Aber das ist lange her. Heute ist es höchstens Badminton, mit dem er sich für die vielen Musikstücke, die er für Ö1 aussucht, frei spielt.

Links
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Sokol V
Athen 2004
ORF.at - Spiele 04
Auch der schnöde Mammon lockte
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Die Zeit - Olympia Spezial
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