Kunst als Massenproduktion
Pop Art & Minimalismus
Wie die neue Schau in der Albertina zeigt, haben die beiden um 1960 auftretenden Kunstströmungen Pop Art und Minimalismus, die gemeinhin als völlig gegensätzlich gelten, zumindest eines gemeinsam: die Bevorzugung industrieller Produktionsweisen.
8. April 2017, 21:58
Die vierteilige Mao-Serie von Andy Warhol auf der einen Seite und die streng geometrischen Holzschnitte von Donald Judd, die dem Rechteck huldigen, auf der anderen Seite. Hier die den Clebritys, dem Konsum und dem Hedonismus verpflichtete Pop Art und dort der Minimalismus, der das Gegenständliche völlig negiert. Beide bevorzugen die serielle Produktion, vor allem den Siebdruck. Die beiden Kunstrichtungen, die später in der Kunstgeschichte als Opposititonspaar verankert wurden, wurden in den 60er Jahren noch eher als Einheit wahrgenommen und häufig zusammen ausgestellt.
Warum das so war, erklärt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder so: "Beide arbeiten mit der absoluten Flachheit der Leinwand, die keinen Illusionsraum mehr wiedergibt. Beide arbeiteten mit hart umrissenen Gestalten und Formen, die einen gegenständlich, die anderen ungegenständlich. Wer sich aber auf den Inhalt der Sujets konzentriert, der denkt vorerst, zwei völlig konträre Bewegungen vor sich zu haben."
Fabriksherren und Angestellte
Als Parallele zur Massenfertigung der 60er Jahre war auch in der Kunst das Prinzip der Wiederholung angelegt. Durch den konzeptuellen Einsatz von Drucktechniken unterschieden sich Pop Art und Minimal Art von allen Kunstrichtungen davor, in denen der ganz individuelle künstlerische Ausdruck und damit das Genie des Künstlers hochgehalten wurde. Nicht umsonst hieß bei Andy Warhol Werkstatt "Factory" und Sol LeWitt, der Gründer des Minimalismus, sah sich als Angestellter.
Sol LeWitt und Donald Judd genauso wie Andy Warhol legten keinen Wert darauf, die Arbeiten selbst auszuführen. "Der gesamte Begriff der Eigenhändigkeit," meint Schröder, "der große Fetisch von Kennern auf der einen Seite wie des Kunsthandels auf der anderen Seite wird hier plötzlich ad absurdum geführt."
Von Design-Grafik zur Kunst
Und trotzdem: Man erkennt eine Serie von Andy Warhol auf Anhieb, auch wenn man die konkrete Arbeit vorher noch nie gesehen hat. "Das ist ein Spezifikum einer von der Werbegrafik, der Werbebranche, der Werbeindustrie kommenden Generation", erzählt Schröder. "Rauschenberg, Lichtenstein etc., sie alle haben mehr oder weniger lang auch einmal im Bereich der Werbung, der Reklame, der Schaufensterdekoration, der angewandten Design-Grafik gearbeitet."
Dokumentiert wird das auch anhand der Sammlung amerikanischer Zeichnung und Druckgrafik, die die Albertina seit den 70er Jahren aufgebaut hat und jetzt ausstellt. Sie enthält bedeutende Arbeiten von Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Donald Judd oder Richard Serra.
Kunst in Serie
Verdächtig als marktgängiges Medium wurde die Druckgrafik eher in Europa und nicht in den USA, wo Richard Serra etwa in einer Auflage von maximal 50 Stück produzierte, und Roy Lichtenstein auch mit Auflagen bis zu 350 Stück noch einen Markt mit 500 Millionen Konsumenten bediente. Wodurch die Nachfrage noch immer größer blieb als das Angebot. Während etwa 10.000er-Auflagen von Hundertwasserdrucken für den wesentlich kleineren Markt Österreich die serielle Produktion hierzulande zu etwas Anrüchigem haben werden lassen.
Tipp
Die Schau "Pop Art & Minimalismus. The serial attitude" in der Wiener Albertina ist bis 29. August zu sehen.
Ö1 Club-Mitglieder erhalten in der Albertina ermäßigten Eintritt.
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