Meister der verpassten Gelegenheiten
Philipp Mosetter im Porträt
Für viele Menschen ist es der Montag, der nur schwer zu ertragen ist, für Philipp Mosetter wartet der Mittwoch mit etlichen Tücken auf - und eigentlich - das sein etwas resigniertes Resümee - ist doch jeder Tag in gewisser Weise ein Mittwoch.
8. April 2017, 21:58
Mosetters Mittwochs-Malaise
Der Mann, der sich diese Gedanken über die Natur des Mittwochs macht, ist auf den österreichischen Kabarettbühnen bislang noch nicht allzu häufig in Erscheinung getreten. Und das, obwohl er seit etwa 15 Jahren neben seinem Frankfurter Stützpunkt auch in Wien über einen Wohnsitz verfügt und schon vor 28 Jahren erstmals als Kabarettist aufgetreten ist. Und zwar mit dem "Karl Napp's Chaos Theater", dem auch Matthias Beltz angehörte.
Diese zehnköpfige Kabarettgruppe zeichnete sich durch Kollektivismus und einen frühen Hang zur political incorrectness aus. Überdies war das Ensemble höchst erfolgreich. Als der Gruppenkoller überhand nahm, trennte man sich 1981 am Höhepunkt der gemeinsamen Karriere und damit begann Philip Mosetters Laufbahn als Solokabarettist, die sich anfangs als etwas steiniger Weg herausstellte. Deshalb suchte sich der Satiriker einen Brotberuf in der Werbebranche und feilte an seinem ersten Solostück.
Der Roman - eine Lesung
So hieß Philipp Mosetters erste satirische Leseshow: Daraus entwickelte sich eine Trilogie mit den Stücken "Unter Glücklichen", "Der panische Ton" und "Z. B. Mittwoch". Diesen satirischen Monolog präsentierte Philipp Mosetter erstmals im Vorjahr im Wiener Kabarett Niedermair, ausgerüstet mit einem Manuskript und einem Glas Rotwein.
Philipp Mosetters Bühnen Alter Ego begibt sich auf die Suche nach dem Glück und erfährt eine Chronologie des Scheiterns. Das Komische und das Tragische liegen eng beieinander: Eine zufällige Begegnung in der U-Bahn, ein Moment, zwei Sekunden können das Leben eines Menschen nachhaltig verändern.
Zunächst ist alles offen: Tausende von Möglichkeiten warten nur darauf ergriffen zu werden, wäre da nicht das eigene neurotische Wesen, das durch Gedanken-Kaskaden das Leben behindert. Schon im Kopf werden die kleinen Abenteuer verhindert und die Ausflüge ins pralle Leben verunmöglicht.
Der Sprache auf's Maul schauen
Die Welt des Philipp Mosetter ist eine Welt der Worte, der exakten Formulierungen, der präzisen Ausdrücke. Der Sprache wird ganz genau auf's Maul geschaut - schiefe Bilder dieser Art würde der Sprachjongleur nicht dulden.
Dennoch gelingt es ihm große Sympathien für sein etwas penibles, weltfremdes Alter Ego zu kreieren. Denn: Steckt nicht in allen eine unfreie, ängstliche Seele, die sich hinter Pedanterie oder Großmäuligkeit - je nach dem - zu verstecken versucht? Jedenfalls schafft es Philipp Mosetter, der sich mehr als Schriftsteller, denn als Kabarettist sieht, dass man mit seiner Bühnenfigur mitfühlt, so verschroben sie auch sein möge.
Höhere Weihen
Eine andere, aber nicht minder literarische Seite zeigt Philipp Mosetter, wenn er mit seinem Bühnenpartner, dem Schauspieler Michael Quast in Aktion tritt und den ganzen Faust I - das deutsche Nationalstück schlechthin - auf die Bühne bringt.
Anlässlich des Goethe-Jahres 1999 hat das Team Mosetter-Quast diese Gratwanderung zwischen bildungsbürgerlichem Anspruch und Klamauk gewagt: Herausgekommen ist eine witzige, aber durchaus respektvolle satirische Annäherung an den Dichterfürsten.
Faible für deutsche Dichter
Die deutschen Dichter und Denker und deren satirische Aufarbeitung scheinen es den beiden überhaupt angetan zu haben, denn sie ließen es nicht bei Goethe bewenden. Für das heurige Schiller-Jahr haben sie sich einen weiteren Dichterfürsten vorgenommen. Der Titel des neuen Programms: " Schiller - Verrat, Verrat und hinten scheint die Sonne". Dabei kommt das bewährte Prinzip von Mosetter und Quast, aus einem konzentrierten Nichts heraus mit größtmöglicher Ernsthaftigkeit ein Maximum an Komik zu erzielen, erneut zum Tragen.
Duo "schillert" in allen Farben
In dem neuen Programm spielt der Apfel als Schillers Lebensmotiv ebenso eine Rolle wie die Bedeutung von Schillers Krankheiten für seine Werke. Quast spielt diesmal nicht nur alle Rollen, er spielt auch alle Krankheiten. Mosetter diagnostiziert, interpretiert und macht Therapievorschläge.
Am 6. Juni hatte diese neue litararisch-kabarettistische Lesung in Mannheim bei den Schiller-Tagen Premiere. Am 29. Juli ist sie im deutschen Kronberg zu sehen, und dann touren Philipp Mosetter und Michael Quast mit dem Schiller-Programm durch ganz Deutschland.
Buch-Tipp
Philipp Mosetter, "107 tragische Vorfälle", Axel-Dielmann-Verlag, 2000, ISBN 3929232650
Links
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Michael Quast