Empörte Religionsvertreter

The Passion of the Christ

Der vielleicht umstrittenste Film des Jahres steht vor seiner Österreichpremiere. Mel Gibsons Jesus-Film "Die Passion Christi", der die letzten 24 Stunden im Leben Jesu schildert. Die Kritik reagierte mehrheitlich skeptisch bis ablehnend.

Die letzten zwölf Stunden im Leben Jesu Christi, komprimiert auf ein zwei Stunden dauerndes monumentales Gewaltepos. Solche Szenen hat es bisher noch nicht gegeben, entsprechend leidenschaftlich sind die Diskussionen, die der Film "Die Passion Christi" entfacht hat.

Schon in den ersten fünf Tagen nach der Uraufführung in Amerika hat der Film an die 100 Millionen Euro und damit ein Vielfaches seiner Herstellungskosten eingespielt. Die Kritik reagierte jenseits und diesseits des Atlantik mehrheitlich skeptisch bis ablehnend.

Gechockte Religionsvertreter

"Ich bin erschüttert, aber weniger vom Inhalt des Filmes als von seiner Blutrünstigkeit und Verantwortungslosigkeit", so die erste Reaktion des Oberrabbiners Paul Chaim Eisenberg nach einer Vorführung von "Die Passion Christi" vor Vertretern der Glaubensgemeinschaften Österreichs, die am Mittwoch, in Wien stattfand.

Mehr dazu in religion.ORF.at

Vorwurf des Antisemitismus

"Wer hat Jesus wirklich ermordet?", titelt das amerikanische Nachrichtenmagazin "Newsweek" in seiner jüngsten Ausgabe. Im Blattinneren wird die Frage diskutiert, ob Mel Gibsons Passionsfilm eine neue Welle des Antisemitismus auslösen könnte. Der Leiter des Simon-Wiesenthal-Centers in Los Angeles, Marvin Hier, teilt diese Sorge:

"Das Publikum muss sich nach diesem Film fragen: Wer ist schuld an dieser Unmenschlichkeit? In Mel Gibsons Film sind es sicher nicht die Römer - und deshalb müssen es die Juden gewesen sein, sie tragen die Kollektivschuld. Das wirft uns um 50 Jahre zurück, in eine Zeit vor dem Bemühen der Katholischen Kirche, das zu bereinigen."

Mel Gibson hingegen beteuert, diesen Zorn, den sein Film ausgelöst hat, nicht beabsichtigt zu haben.

Katholischer Fundamentalist Gibson

In den USA sind konservative und teils sogar fundamentalistische Kirchenvertreter zu Gibsons Verteidigung angetreten. Mel Gibson gilt seit 1991 als Fundamentalist, seit er in einer eigenen Kapelle Messen in Latein lesen lässt. Er praktiziert seinen römisch-katholischen Glauben nach dem alten lateinischen Recht.

"Es ist legal, danach zu leben. Gott sei Dank sind wir in einem Teil der Welt, in dem die freie Religionsausübung erlaubt ist. Man versucht nur, mich als Verrückten darzustellen", mutmaßt Gibson und fügt ironisch hinzu: "Sagen wir so: Ich habe in dieser Woche noch keine Jungfrauen geopfert. Erstens weil sie schwer zu finden sind und zweitens, weil ich das sowieso nicht tun würde."

Brutale Zeit in brutalem Film

Dass sich Mel Gibson öffentlich als ultrakonservativer Katholik bezeichnet, sehen Kritiker als Beweis für den antisemitischen Aspekt des Films. Pontius Pilatus wird zwar als Schwächling gezeigt, aber eindeutig als römischer Potentat, der das Leben Jesu Christi retten will.

Und: Nur wer frei von Sünde ist, der werfe den ersten Stein, heißt es in der Bibel. Für Judas und seinen Verrat gilt dies nicht. In Gibsons Film ist er kein Werkzeug der Vorsehung, sondern ein Sünder, dem nicht verziehen wird.

"Es war damals eine brutale Zeit und daher ist auch mein Film sehr brutal", rechtfertigt sich Gibson. "So wie ich die Brutalität zeige, hat sie auch etwas Lyrisches und Schönes. Ich wollte ja nicht, dass die Leute schreiend aus dem Kino rennen. Ich musste daher eine lyrische Form finden, diese Brutalität zu zeigen."

"Frauen sind das Beste, das je erschaffen wurde"

Die von Gibson angesprochene Lyrik findet sich aber keinesfalls in der gezeigten Gewalt, sondern in den wenigen Großaufnahmen der Frauen, die die Gewalt mit ansehen müssen. Eine schauspielerische Leistung von Monica Belucci als Maria Magdalena und Maia Morgenstern als Mutter Maria.

Für Mel Gibson sind Frauen das Beste, das je erschaffen wurde. "Die Männer sind es, die sich dauernd in Feindseligkeiten verstricken und deshalb in die Schlacht ziehen. Die Frauen sind - nicht immer, aber meistens - das fairere und friedliebendere Geschlecht."

Programmierter Kassenschlager

Der Film "Die Passion Christi" ist jedenfalls nicht die letzte Tat von Mel Gibson, sich öffentlich zu seinem Glauben zu bekennen. Zur Zeit lässt er in Malibu bei Los Angeles eine Kirche bauen. Das Geld dafür wird "Die Passion Christi" sicherlich einspielen, in den USA wird der Film schon im Vorfeld als Kassenschlager gefeiert.

Christliche Fundamentalisten haben übrigens ganze Vorstellungen aufgekauft und ermuntern ihre Mitglieder in Fernsehspots, "ungläubige Freunde, Nachbarn und Kollegen" mit ins Kino zu nehmen.

Mehr dazu in ORF.at

Die Passion Christi
(The Passion of the Christ)
USA, 2004
mit: James Caviezel, Monica Bellucci, Maia Morgenstern, Luca Lionello
Drehbuch und Regie: Mel Gibson