Revolution geht durch den Magen

Kochen für Rockstars

"Ratte in Rollsplitt", "Zonengulasch" und "Haribo Lasagne", das ist eine Speisefolge, so recht nach Ole Plogstedts Geschmack. Sein mobiles Küchenkomando "Rote Gourmet Fraktion" bemuttert seit 1993 Deutschlands Punkrocker auf Tour - Jetzt auch zum Nachkochen.

"Rote-Gourmet-Fraktion", das muss man einfach am Anfang mal klarstellen, das hört sich ja an wie Rote-Armee-Fraktion und das Logo mit dem Roten Stern nebst Schlachtermesser erinnert auch stark ans Original. Was haben die Rock n'Roll Köche von heute mit den verquasten Politabsolutisten aus den 70ern zu tun?

Ole Plogstedt, Gründer, Sprecher und Oberkoch der "Roten-Gourmet-Fraktion" stellt klar: "Wir sehen uns auf keinen Fall als rechts eingestuft. Sonst hätten wir auch nicht "Kochen gegen Rechts" gemacht. Auf der anderen Seite finden wir, dass man auch zweifelhafte Vergangenheit durchaus mal mit einem Augenzwinkern betrachten kann."

Gepflegte Zurückhaltung

Elf Jahre Vergangenheit hat die Geschichte der Roten-Gourmet-Fraktion jetzt - Anlass für ein Buch, das nicht von den Rezepten her und den niedlichen Küchentipps enttäuscht - für die beste selbstgemachte Marmelade nimmt man Zucker mit doppelter Gelierkraft - sondern eher von den Musikergeschichten.

Dafür, dass Plogstedt und Konsorten die ganze Punkrock-Prominenz Deutschlands schon bekocht haben, die ja ihrerseits nicht schlagzeilenfeindlich sind, kommt da ziemlich wenig Backstage-Klatsch und -Tratsch vor. Wer's mit wem treibt, hat die Leser nicht zu interessieren, entgegnet der 35-jährige Koch, und ansonsten seien die "Ärzte", die "Fantastischen Vier", die "Toten Hosen" einfach wirklich gute Typen. Basta.

Wie von Muttern

Die "Rote-Gourmet-Fraktion" ist die Tourkantine der deutschen Punkrocker und das Buch erzählt die Küchengeschichten, die da abfallen: Vor der Show gibt's Fencheltee mit Honig, ganztägig eine Notversorgung mit Kippen und Heftfplaster, am Geburtstag eine selbstgebackene Torte. Und Ratte auf Rollsplitt? Das ist in Wirklichkeit nur Huhn in Mohn.

Für Ole Plogstedt ist das Telleranrichten, das Dekorieren, der Höhepunkt der ganzen Schwerarbeit in der Küche, was aber bei der Kundschaft nicht immer ankommt: "Oft haben die ja auch Stress und essen dann und kriegen gar nicht mit, was sie da essen. Und wenn sie dann wieder ruhiger werden, dann kommen eigentlich erst so diese Aha-Erlebnisse. Es gibt aber andererseits auch wieder Leute, die mit dem ganzen Kram hier nix anfangen, so mit Olive und Rosine zusammen, was ist denn das Ekliges."

Spaßterroristen

Markenzeichen der Roten-Gourmet-Köche ist die Originalität ihrer Speisezettel und die gute Stimmung am Topf. Und das sehen sie auch als Unterschied zu vielen anderen guten Restaurantköchen. Plogstedt versteht seine Truppe als Teil des Entertainments. Da darf es schon mal provokant werden, wie bei "Terror-Turkey mit Granatapfelbasmati": Die Granatäpfelkerne im Kokosreis explodieren bei jedem Bissen im Mund und sorgen für eine hervorragende süße Frische.

Auf Jamie Olivers Spuren

In zehn Jahren, das ist der Traum von Ole Plogstedt, geht die RGF auf Tour, zum Showkochen vor Publikum, und nimmt vielleicht eine Band mit, so eine wie die Rubberslimes. Zur Buchpräsentation in Hamburg ging so ein Event schon mal probeweise über die Bühne.

Buch-Tipp
Jörg Raufeisen, Ole Plogstedt: Rote Gourmet Fraktion - Kochen für Rockstars, KiWi 834, ISBN 3-462-03397-2.

Links
Rote-Gourmet-Fraktion
Kiepenheuer und Witsch