"Ich kämpfe, also bin ich!"

Der "Alpenrebell" Hans Haid

Statt Sport zu betreiben, arbeitet Hans Haid auf seinem Bergbauernhof "Roale" auf 1.680 Meter Seehöhe. Er muss sich bewegen, Anstrengung körperlich wahrnehmen und kämpfen, und dies seit Jahrzehnten, vor allem für das Überleben alpiner Kulturen.

Er war einer der Ersten bei der Fundstelle des "Ötzi", hat vielerlei Texte geschrieben, Sachbücher, Gedichte, Hörspiele. Und Vereinigungen hat er gegründet: das internationale Dialekt-Institut oder die Vereinigung Pro Vita Alpina zum Beispiel. Und immer hat er den Kopf hoch gehalten - der 65-jährige Hans Haid, Volkskundler, Mythenforscher und Vorkämpfer für eine vielfältige Alpenregion. Noch immer spricht er wie ein junger Mann. Voller Elan und Überzeugung deckt er leidenschaftlich auf, was viele nicht hören wollen.

Über "Wucht und Unwucht"

Mitten in der Wucht der Berge, im Ötztal, wo es die größten Gletschergebiete der Ostalpen, die meisten Schafe und höchstgelegenen Bauernhöfe gibt, lebt Hans Haid und arbeitet regelmäßig als Bauer auf seinem 1680 Meter hoch gelegenen Hof "Roale" im nahen Ventertal. Und er kämpft für diese Wucht und gegen das, was man "Unwucht" nennen könnte, beschreibt dies auch in seinem Buch "Wucht und Unwucht": Bedingungen, die ein Rad eiern lassen, die Natur und Menschen aus dem Lot bringen können. Zum Beispiel eine mit allen Mitteln herbeigelockte Tourismusflut, Schilehrer, die sich als "Alpenböcke" gebärden oder ein Disc-Jockey, der sich des Namens des Similaunmenschen bemächtigt hat und weltweit eine ähnliche Medienpräsenz erreicht wie sein mumifizierter Vorfahre.

Der "Alpen-Abraham-a-Santa-Clara"

Hans Haid ist ein Alpen-Abraham-a-Santa-Clara", er hält das große Lamento über die Vernichtung einer Landschaft, über die Auslöschung der Geschichte, über die Pervertierung der Gemüter. Er ist ein Narr, der Störenfried, der Seher. "Während sich die meisten in immer aberwitzigere Projekte zur totalen Nutzung der Natur stürzen, singt er das aufwühlende Lied der Erinnerung: wer hier einmal war, was hier einmal war, wie es hier einmal war," schrieb Peter Turrini im Vorwort zu "Sie nehmen auch den Schnee" - einem Buch, das zu Hans Haids 65. Geburtstag in Kleinauflage erschienen ist.

Der Ötztaler konstatiert, schreibt und versucht alle Möglichkeiten für seine Ziele einzusetzen. Einmal als Heimatvereinsgründer, dann als streitbarer Schriftsteller oder als Entwicklungshelfer im Waldviertel.

Der Schriftsteller

Hans Haid schrieb zahlreiche Hörspiele, Polemiken und Sachbücher, wie etwa über "Mythos & Kult in den Alpen", er hat ein "Lesebuch Ötztaler Alpen" herausgegeben und freut sich über historische Details wie den Aufenthalt Alfred Hitchcocks im Ötztal, wo der Regisseur auf Motivsuche war. Er freut sich, dass Maria Callas zumindest geistig im Ötztal war, wenn sie Arien aus Alfredo Catalanis Oper "La Wally" gesungen hat, deren Handlung aus dem Roman "Die Geierwally" von Wilhelmine von Hillern stammt. Und dass in seiner Heimat eine der ältesten deutschsprachigen Mundarten gesprochen wird, hat wohl mit dazu beigetragen , dass der Dichter das "Internationale Dialekt Institut" gegründet hat.

"Dorfbild 2009"

Wenn, dann ist es ein Verdienst von Menschen wie Hans Haid, der Texte wie "Dorfbild 2009" vor allem deshalb schreibt, damit der Inhalt nur ja Fiktion bleibt:

"koa Paamen - kein baum
koa blüema - keine blume
koa paure - kein bauer
koa sunna - keine sonne
koa moone - kein mond
koa kircha - keine kirche
koa darfle - kein dorf
koa fernar - kein gletscher
koa freede - keine freude
olles völl galt - alles voller geld
und mittlat - und mittendrin
dr töet - der tod
dr wompate - der vollgefressene
töet - tot
wompat & töet - vollgefressen und tot
olles völl - alles voller
nöet - not
sooget - sagt
vrgaltsgött - vergeltsgott
und geat - und geht"



Über Schafsköpfe

Hans Haid sieht sich als Störfaktor für die "Erschließung" oder den "Ausverkauf" seiner Heimat und fühlt sich selbst mit dem Kultur bewussten Mitgründer des "Deutschen Alpenvereins", dem Ötztaler Pfarrer Franz Senn, verwandt, der schon um 1870 auf unverständige Beamte schimpfte: "Hätte ich 1000 der ärgsten Schimpfwörter im Munde, ich möchte sie alle diesen Schafsköpfen der Bürokratie ins Gesicht schleudern..." Hans Haid ergänzt im Jahr 2000:

"Der abgelegene Winkel ist noch finsterer und unkultivierter geworden, und heutige Schafsköpfe haben sich hinter freundlich grinsenden Larven versteckt. Mir geht's heute im Ötztal ganz wie seinerzeit dem Pfarrer Senn, haargenau im Umgang mit Gemeinden, Landesverwaltung, Umweltabteilung, Filz, schwarz-roter Packelei..."

"...noch fünf Jahre Zeit"

Zeitgleich mit diesem Ausbruch Haidschen Zorns, schreibt die Tiroler Landesrätin ein durchaus positives Vorwort zu Haids Ötztal-Führer und hofft, "...dass möglichst viele Menschen den Inhalt zum Schutze unserer Natur und Heimat entsprechend beherzigen."

Hans Haid hat inzwischen EU Projekte ins Leben gerufen, leitet die Alpenakademie "Pro Vita Alpina" und ist froh, ständig arbeiten zu können. Schließlich sind noch fünf Jahre Zeit bis 2009...

Link

cultura.at