Österreichs Streit um EU-Vorgaben

Kyoto und die Folgen

1997 wurde auf der Weltklimakonferenz in Kyoto eine generelle und weltweite Reduktion des Treibhausgases CO2 beschlossen. Für jede Region wurden Reduktionsziele festgehalten. Auch für Österreich. Jetzt geht's an die Durchführung.

Univ.-Prof. Stefan Schleicher über den Treibhausgas-Handel

1997 wurde auf der Weltklimakonferenz in Kyoto eine generelle und weltweite Reduktion des Treibhausgases CO2 beschlossen, das sogenannte Kyoto-Protokoll. Für jede Region wurden Reduktionsziele festgehalten. Jetzt folgt die Umsetzung dieser EU-Vorgaben, und die ist umstritten. Denn dabei geht´s um viel Geld und um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Wieviel CO2-Reduktion kann sich Österreich leisten?

Österreichs Ausgangslage

Innerhalb der Europäischen Union hat sich Österreich unter dem damaligen Umweltminister Martin Bartenstein dazu verpflichtet, bis 2012 die CO2-Emission um 13 Prozent zu verringern. Der EU-Schnitt liegt bei minus acht Prozent. Betroffen sind in Österreich rund 130 Unternehmen mit dem größten Energieverbrauch. Sie sollen durch den Staat dazu gezwungen werden, weniger Treibhausgase, also vor allem Kohlendioxid auszustoßen. Das sind vor allem die Stahlindustrie, die Papierindustrie und die Zementindustrie sowie die Elektrizitätswirtschaft.

Umsetzung und Fristen

Im Detail werden zuerst die Betriebe und Standorte ermittelt, die in Frage kommen. Bei ihnen wird dann festgestellt wieviel CO2 sie in Vergangenheit ausgestoßen haben. In einem weiteren Schritt wird dann festgelegt, um wieviel die Unternehmen ihren CO2-Ausstoß künftig verringern müssen.

Bis Ende März muss Österreich seinen Nationalen Zuteilungsplan der EU-Kommission vorlegen. Das Ergebnis ist maßgebend für die tatsächlichen CO2-Reduktionspläne.

Emissionszertifikate und Emissionshandel

Wenn sich die Unternehmen an diesen Fahrplan halten, ist es gut. Wird mehr CO2 ausgestoßen, dann müssen sich die Unternehmen das Recht auf zusätzliche Luftverschmutzung kaufen, und zwar über sogenannte Emissionszertifikate. Wer weniger CO2 aus den Schornsteinen bläst, erhält jene Zertifikate. Außerdem soll es in gewissem Ausmaß möglich sein, diese Zertifikate international zu handeln. Der Emissionshandel soll laut EU Anfang 2005 beginnen.

Industrie fordert Gratis-Zertifikate

Dass die EU eine CO2-Richtlinie für die Industrie beschließen wird, daran zweifelt kaum jemand. Als umweltpolitisches "Startkapital" fordert die Industrie daher eine gewisse Menge an Gratis-Zertifikaten, nicht nur für die laufende Produktion ohne weitere Belastungen, sondern auch für künftige Expansionspläne. Das Ende der Fahnenstange ist so gut wie erreicht, sagen die Manager. Und Verbund-Chef Hans Haider droht - wie auch andere Manager - mit einem Investitionsstopp.

EU-Musterknaben ohne Belohnung?

Industrie und Elektriztätswirtschaft wehren sich mit Händen und Füßen gegen zusätzliche Belastungen. Ein Hauptkritikpunkt ist vor allem, dass Österreich seine CO2-Emissionen stärker reduzieren soll als die übrige EU. Weiters wird kritisiert, dass die EU an den Kyoto-Zielen festhält, obwohl große CO2-Emittenten wie die USA, China und Russland nicht mittun. Die EU allein wird das Weltklima nicht retten, heißt es. Musterknaben ohne Belohnung wollen Europas Industriebetriebe nicht sein. Und wo bleibt der Zugriff auf den Verkehr und auf die Haushalte, die viel mehr CO2 in die Luft blasen?

Außerdem - wird argumentiert - hat Österreich mit knapp 70 Prozent Wasserkraft-Anteil an der Stromerzeugung international eine erstklassige Ausgangsposition, und Industriebetriebe wie die VÖEST oder der Feuerfest-Konzern RHI sind technologisch Weltspitze. Dazu gehört auch ein Maximum an Energieeinsparung und damit ein Minimum an CO2-Emissionen.

Die Folgen "politischer Fleißaufgaben"

Die Politiker tun sich schwer: Selbst Umweltminister Josef Pröll, der die CO2-Reduktionen durchzuführen hat, will der Wirtschaft nicht ernstlich schaden, und Martin Bartenstein versucht jetzt als Wirtschaftsminister wieder auszubügeln, was er als Umweltminister 1997 in Kyoto mit der österreichischen "Fleißaufgabe" unterschrieben hat. Seine Zustimmung zum vorliegenden Entwurf, der sich an der Klimastrategie der Bundesregierung vom Sommer 2002 mit minus 3,4 Millionen Tonnen CO2 orientiert, die ist noch offen. Nächste Woche soll das Emissionsgesetz in den Ministerrat kommen.

Links
ACCC - Austrian Council on Climate Change
RHI-Konzern
Stefan Schleicher
Wirtschaftsministerium
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