Entwicklungsorientierung statt Problemorientierung

Präventiv-Psychologie

Der Begriff Prävention oder Vorsorge gewinnt ständig an Bedeutung. Auch auf dem Gebiet der Psychologie: Präventiv-Psychologie arbeitet entwicklungsorientiert und bietet Lösungsmodelle für gesellschaftliche Schwachstellen an.

Präventivpsychologie arbeitet nicht problem-, sondern entwicklungsorientiert. Einem erkannten Problem soll so begegnet werden, dass dieses durch geeignete Schulung der Person in der Folge vermieden werden kann.

Dazu gehört z. B. zu lernen, wie man mit Konflikten gut umgehen kann oder sich selbst mit Sinnfragen zu konfrontieren. Psychologische Erkenntnisse sollen also so vermittelt werden, dass interessierte Menschen in der Lage sind, dieses Wissen im Alltag um zu setzen.

Die Entdeckung der eigenen Fähigkeiten

Das Ziel der Präventivpsychologie, meint die Psychologin Anneliese Fuchs, sei das Entdecken eigener Fähigkeiten und Potentiale, die man bis dahin vielleicht zu wenig beachtet habe.

Nach Meinung von Anneliese Fuchs müsse man auf drei Ebenen ansetzen. Auf der ersten Ebene, nämlich der des Privatbereiches der Einzelperson, hätten sie und ihr Team in den letzten Jahren vorwiegend positive Erfahrungen gemacht.

"Die Leute werden mit den beruflichen Schwierigkeiten besser fertig. Wenn man Impulse setzt, wo sie ihre Kräfte einerseits stärken und auf der anderen Seite ihre Schwachstellen sehen und etwas reduzieren können, geht’s ihnen wesentlich besser in allen Bereichen: Sie können mit ganz schwierigen Chefs besser umgehen, sie können oft mit den Partnerschaften besser umgehen, wobei wir uns sehr freuen, wenn die Partnerschaft wieder belebt wird und ein ganz neuer Wind und ein neuer Glanz in so alte Partnerschaften kommt", erzählt Anneliese Fuchs.

Institutionen und Betriebe - Partizipation und Empowerment

Auf der zweiten Ebene, der Institutionen und der Betriebe, sei es laut Fuchs wichtig, dass auch diese lernen, mit Konflikten umzugehen. Früher habe ihrer Meinung nach eher das Denken: 'Kapital und Struktur ist alles', also der männliche Zugang zur Welt, vorgeherrscht. Mittlerweile verstünden jedoch immer mehr Führungskräfte, dass sie, wollen sie nicht Schiffbruch erleiden, mit den Mitarbeitern, also auch dem Humankapital sorgsam umgehen müssen.
Zu den wichtigsten Schlagwörtern auf diesem Gebiet zählen heute Begriffe wie: Partizipation und Empowerment.

Unter Empowerment versteht man, dass Entscheidungsstrukturen so verändert werden, dass Menschen mehr Verantwortung und Entscheidungen übernehmen können. Empowerment verschafft Menschen die Möglichkeit, auf der Basis ausreichender Information und ausreichender eigener Motivation, Entscheidungen zu beeinflussen udnzu treffen.

"Es geht also um Macht abgeben. Das ist ein Prozess der allen Beteiligten weh tut: Die einen fordern es und wollen mehr Verantwortung übernehmen und die anderen, die Führungskräfte, müssen Macht abgeben", erklärt Fuchs.

Notwendige politische Veränderungen

Die dritte Ebene ist die der Politik. Präventivpsychologie versucht auch politischen Einfluss zu gewinnen: "Denn wenn nicht bestimmte Rahmenbedingungen in der Gesellschaft da sind, geht’s eben nicht. Wir sehen das am Besipeil Schweden. Dort wird beiden Elternteilen die Möglichkeit gegeben bis zum siebenten Lebensjahr ihres Kindes einen Halbtagsjob nach zu gehen. Diese Jobs sind, auf Grund staatlicher Vorgaben, so gut bezahlt, dass wenn beide Eltern Halbtags arbeiten die Familie davon leben kann. Das Ergebnis dieser staatlich geschaffenen Rahmenbedingungen ist, dass die Geburtenrate in Schweden enorm gestiegen ist. Bei uns haben wir diese Rahmenbedingungen noch nicht und daher ist es auch wichtig, mit der Politik in Kontakt zu treten", erzählt die Psychologien Fuchs.

Dass die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen durch die Politik notwendig ist, darin sind sich im Wesentlichen alle befassten Experten einig.