Symposion im Filmarchiv Austria

Cinematografie des Holocaust

Sämtliche verfügbaren Filmdokumente über den Holocaust systematisch zu erschließen, diese Ziel verfolgt das Forschungsprojekt "Cinematografie des Holocaust". Die jährliche Tagung zum Projekt findet heuer im Filmarchiv Austria statt.

Ronny Loewy, Leiter "Cinematografie des Holocaust"

Zwischen 6000 und 8000 Filme gibt es weltweit zum Thema Holocaust. Eine systematische Aufarbeitung dieser Materialen gab es lange Zeit nicht. Doch seit Mitte der 90er Jahre arbeiten Wissenschafter des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts an einem entprechenden Projekt unter dem Titel "Cinematografie des Holocaust".

Um die entsprechenden Filmmaterialien erfassen zu können, muss man sie zu allererst finden, und dabei ist die Zusammenarbeit mit den Filmarchiven in aller Welt unabdingbar. Leiter des Projekts ist Ronny Loewy, zugleich Mitarbeiter am Deutschen Filmmuseum in Frankfurt:

"Wir dokumentieren Spielfilme, Dokumentarfilme, Kurzfilme, Langfilme, Kinofilme, Fernsehfilme, aber auch und vor allem Filmmaterialien, also Filme, die nicht fertig gestellt wurden."

Holocaust-Boom im amerikanischen Kino

In den 90er Jahren und insbesondere seit Steven Spielbergs Film "Schindlers Liste" hat im Spielfilmbereich auch international das Interesse am Thema Holocaust enorm zugenommen. Dabei ist auch eine andauernde Debatte entstanden, wie sehr man die historisch tragischen Ereignisse in den Konzentrationslagern für die Zwecke des Kommerzkinos heranziehen soll und kann.

Raye Farr, Leiterin des "Steven Spielberg Film and Video Archive" und Mitarbeiterin des "United States Holocaust Memorial Museums" in Washington, ist diesbezüglich in einem Zwiespalt. Freilich, so Farr, würde durch Spielfilme das Bewusstsein eines breiteren Publikums für die Ereignisse des Holcaust geschärft, andererseits würden die historischen Fakten oft auch verzerrt, was die Glaubwürdigkeit der Filme mindere.

Dass der Holocaust-Boom im amerikanischen Kino, zuletzt etwa mit dem Film "Greyzone" von Regisseur Tim Blake Nelson mit Harvey Keitel und Mira Sorvino, dass dieser Boom anhalten wird, dessen ist sich Raye Farr jedoch sicher.

Filmreihe, gewidmet Arthur Brauner

Einer der sich immer wieder in seiner Karriere dem Thema Holocaust im Spielfilm zugewandt hat, ist der heute 86-jährige deutsche Produzent Arthur Brauner, der für insgesamt 300 Filme, darunter Streifen wie "Die weisse Rose", "Morituri", "Der Rosengarten" und "Der Garten der Finzi Contini" mitverantwortlich zeichnet.

Arthur Brauner, der rund zwei Dutzend Spielfilme rund um das Thema Holocaust produziert hat, ist bis Sonntag auch eine Filmreihe parallel zum Symposion "Cinematografie des Holocaust" gewidmet.

Brauners Interesse am Thema Holocaust ist nicht zuletzt auf eine eigenen Erlebnisse während der Nazi-Zeit zurückzuführen, in der er, zumindest so viel ist bekannt, ständig auf der Flucht war.

Tipp
"Cinematografie des Holocaust: Wien - Budapest - Prag", 22. bis 24. Jänner 2004, Film Archiv Austria
Als ein besonders interessanter Programmpunkt der Veranstaltung im Wiener Metrokino gilt der Vortrag von Ray Farr am Samstag, in dem sie - als Welturaufführung - Ausschnitte aus Privatfilmen der Clique rund um Hermann Göring zeigen wird. Diese Filmdokumente geben einen Einblick in die personellen Verbindungen späterer Nazi-Größen.

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Film Archiv Austria