"Möbel" aus Kunststoff und Aluminium
Gartenskulpturen
Franz West, einer der bedeutendsten Gegenwartskünstler Österreichs, zeigt seine neuesten Arbeiten in der Galerie Meyer Kainer in Wien: Vier massige Skulpturen für den öffentlichen Raum und drei kleinere Arbeiten für den Innenraum.
8. April 2017, 21:58
In den letzten Jahren waren Arbeiten von Franz West bei der Documenta und der Biennale zu sehen und seine Werkblöcke sind in der Sammlungspräsentation der wichtigsten Sammlungen der Welt, wie des Centre Pompidou oder der Londoner Tate Gallery, ein fester Bestandteil.
Skulpturen sind zum Sitzen da
"Gartenskulpturen" nennt Franz West die gewaltigen Raumschleifen aus Aluminiumröhren, die derzeit in der Galerie Meyer Kainer in Wien zu sehen sind. Knallige Farben - grün, weiß, blau und Bronze - machen sie wohl nicht nur in den kühlen Galerieräumen zu Aufsehen erregenden Möbeln. Eigentlich müsse man sie sich in einer grünen Wiese vorstellen, erklärt Franz West:
"Man kann sich auch draufsetzen. Vor allem in südlichen Ländern sieht man in kleineren Orten kleinere Skulpturen, die auf Hauptplätzen stehen. Da setzen sich die Leute am Abend hin und reden. Ich hab' mir gedacht, dass diese Skulpturen durch die menschlichen Körper, die draufsitzen, eher ergänzt werden als dass sie nur zum Betrachten da wären."
Objekte unter Wasser
Konkret denkt Franz West etwa an den Trevibrunnen in Rom, in dem die Menschen nach Meinung des Künstlers wie in einem Bühnenbild sitzen.
Auch wenn die neuen Skulpturen nicht dafür konzipiert sind, im Wasser zu stehen, Franz West hat schon Versuche in diese Richtung unternommen: etwa einen Brunnen für Innsbruck, oder Skulpturen, die er unsichtbar in einem Londoner Teich verankerte, als würden sie auf der Wasseroberfläche dahintreiben.
Markante Sitzgelegenheiten
Studiert hat Franz West in den Jahren 1977 bis 1982 an der Akademie der bildendenden Künste in der Bildhauerklasse bei Bruno Gironcoli. Bereits Mitte der 70er Jahre entwickelte West die von ihm so genannten "Passstücke", die wie Prothesen wirken und als Stützen oder Hüllen an den Körper angelegt werden. Mit ihrer Hilfe wollte West Neurosen Plastiziät verleihen. Sein damaliges Credo: Wenn man Neurosen sehen könnte, sähen sie so aus wie seine Passstücke.
Als konsequente Weiterführung der "Passstücke" entstanden seit 1987 die aus Fertigteilen und Industrieschrott gebauten, mit Stoff und Teppich bespannten Sitz- und Liegemöbel. Unter anderem fertigte Franz West markante Sitzgelegenheiten für das Sonnendach der New Yorker Dia Art Foundation oder das Open-Air-Kino der documenta IX, sowie für die große Halle der documenta X. Die neuesten Skulpturen sind nun wieder eine Weiterführung dieser Möbel zu Möblage im öffentlichen Raum.
Inspiriert von Autokarosserien
Die neuen, langgestreckten Formen hat Franz West durch ein neues Material gefunden: Aluminium. Der Künstler erinnert sich, wie er dazu kam:
"Wie ich an die Akademie gekommen bin, war nicht daran zu denken, für außen etwas zu machen. Ich habe einmal Güsse gemacht, ein teures und sperriges Projekt. Im Privatbetrieb, wenn man nicht mit Aufträgen arbeitet, ist das eigentlich nicht machbar. So kam ich auf das Aluminium. Ich hätte für eine Autofirma etwas machen sollen, für die Niederlassung in Österreich. Zuerst habe ich an Karosserien gedacht und mit normalem Blech gearbeitet, das rostet aber. Dann ist man zu Aluminiumblech übergegangen und da bin ich auf das gekommen."
Aluminium und Papiermaschee
Lange Zeit hat West seine Objekte im öffentlichen Raum wie das "Rosa Ei" im Waldviertel oder die Köpfe vor dem MAK in Wien einfach aus Blech geformt, und anschließend - weil Blech rostet - mit Kunststoff überzogen.
Den massigen Gartenskulpturen ist in der Galerie eine Dreiergruppe filigraner Papiermaschee-Plastiken gegenübergestellt, die mit ihrer ruppigen Außenhaut einen starken Kontrast zu den glatt-glänzenden Aluskulpturen bilden. Die so sehr kontrastreiche Skulpturenlandschaft in der Galerie Meyer Kainer weist Franz West einmal mehr als einen der wichtigsten Plastiker und Environment-Künstler der Gegenwart aus. Und, es könnte auch sein, dass die Skulpturen dereinst in den Außenraum vordringen, in Zusammenhang mit der Neuregelung der Kunst im öffentlichen Raum, den die Stadt Wien plant.
Ausstellungs-Tipp
Galerie Meyer Kainer, Eschenbachgasse 9, 1010 Wien