Armut hat viele Gesichter

Armut - Bilder des sozialen Abstieges

Die wachsende Kluft zwischen Reich und Arm hat in den vergangenen Jahren auch Bewegung in die Wissenschaft gebracht: die "Armutsforschung" boomt. Gleichzeitig gewinnen Modelle die der Armutsentstehung entgegen wirken immer mehr Gewicht.

Laut dem Jahresbericht der österreichischen Nationalbank beläuft sich das durchschnittliche Vermögen eines Österreichers auf 37.000 Euro. Dieser Durchschnittswert ist allerdings nicht besonders aussagekräftig. Sozialwissenschaftlich und ökonomisch interessanter wäre die Verteilung und die Dynamik des Vermögens in Österreich.

Wie schaut die Verteilung des Vermögens aus?

Das oberste Fünftel der Haushalte besitzt knapp die Hälfte der Vermögenseinkommen und über zwei Drittel der Ersparnisse: diese Zahlen aus dem deutschen Armuts- und Reichtumsbericht weisen auf die zunehmende soziale Polarisierung von Lebenslagen hin und können analog auch für Österreich verwendet werden.

Auch die aktuellen Zahlen der Österreichischen Armutskonferenz zeigen ein klares Bild: 310.000 Menschen sind in Österreich von akuter Armut betroffen, leben also von einem Einkommen unter 780 Euro - das sind 60 Prozent des gewichteten durchschnittlichen Pro-Kopf-Haushaltsnettoeinkommens.

Die aktuelle Entwicklung kennt Gewinner, aber ebenso Verliererinnen. Insgesamt sind, wie die Nationalbank feststellt, die privaten Finanzvermögen in Österreich zwar gewachsen. Gewachsen ist allerdings auch die Zahl der Privatverschuldungen. Und somit die der Armen.

Die neue Disziplin der Armutsforschung

Beheimatet ist der Diskurs über Ursachen und Erscheinungsformen von Armut in so unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen wie Soziologie, Medizin, Geographie, Wirtschaftswissenschaft, Theologie, Geschichte, Philosophie oder Recht.

Um dieses Wissen zusammenzuführen, hat der an der Salzburger Universität lehrende Philosoph und Theologe Clemens Sedmak jetzt eine Initiative gestartet, die interdisziplinäres Arbeiten fördern und im weiteren dazu führen soll, "Armutsforschung" zu einer eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin auszubauen.

Die theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema Armut schlägt sich auch in der Praxis nieder. So dringen die Informationen und Daten zu Armut und Verteilung systematisch in die mediale Öffentlichkeit ein, hier und da mit durchaus spürbarer Wirkung auf die Politik.

VinziDorf

Ein engagiertes Projekt zur Bekämpfung von Armut wurde von der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg im Jahr 1993 gestartet. Sie errichtete das VinziDorf Graz. Hier sollen obdachlosen Männern eine Heimat geboten. Auf Grund des großen Erfolges soll nun auch in Wien ein VinziDorf entstehen. Einzelne Wohnelemente und Häuser bilden einen losen Dorfverband. Durch räumliche Integration sollen Hemmschwellen herabgesetzt werden und damit der Weg für einen soziale Integration frei gemacht werden.

Township Orange Farm

Das Township Orange Farm liegt 30 km südwestlich von Johannesburg entfernt, und ist zugleich eine der ärmsten und am schnellsten wachsenden Siedlungen in Südafrika.
Seit 1996 unterstützt die Stadt Wien, sowie Sponsoren die Errichtung und den weiteren Ausbau einer Schule, dem Masibambane College im Township Orange Farm.

Im Februar 2004 werden 25 ArchitekturstudentInnen im Rahmen einer Sonder-Lehrveranstaltung am Institut für Wohnbau /TU Wien einen Monat lang vor Ort in Johannesburg mit einfachen, günstigen und lokalen Baumaterialien jedoch durch Anwendung innovativer und experimenteller Detaillösungen in Selbstbauweise dringend benötigte öffentliche Räumlichkeiten für das Township Orange Farm schaffen: einen Mehrzweckraum für das Masibambane College und eine Werkstätte für Menschen mit Behinderungen.

Durch die Schaffung dieser Bauten soll es Kindern und Erwachsenen ermöglicht werden lesen und schreiben zu lernen und so ihre Situation in der Gesellschaft zu verbessern.