Exil in Österreich zwischen 1933 und 1938

Asyl wider Willen

Zwischen 1933 und 1938 fanden zahlreiche politisch oder als Juden verfolgte Flüchtlinge aus Deutschland vorübergehend ein Refugium in Österreich, darunter Künstler und Autoren wie Ernst Bloch, Oskar Maria Graf, Carl Zuckmayer oder Mitglieder der "Comedian Harmonists".

Oskar Maria Graf bestand auf die Verbrennung seiner Bücher

"Asyl wider Willen" heißt ein Buch über Österreich als Exilland in den Jahren zwischen 1933 und 1938. Herausgegeben hat den Band die Leiterin der Exilbibliothek im Wiener Literaturhaus Ursula Seeber.

Insel Österreich?

Wegen ihrer so genannten "nicht arischen Herkunft" wurde im Februar 1935 drei der sechs "Comedian Harmonists" die Aufnahme in die Reichsmusikkammer verwehrt. Mit einem Scheinvertrag in der Tasche flohen die drei aus Deutschland nach Österreich. Besser wurde es hier jedoch nicht für sie.

Bis 1938 war Österreich eine "Insel", wie der Schauspieler, Regisseur und Autor Rudolf Frank meinte, ein - laut Walter Mehring - "klischeebehängter Wartesaal", oder "das kleinere Übel" - laut Carl Zuckmayer.

Verschleppte Verfahren

Carl Zuckmayer, der als Dramaturg in Berlin arbeitete, lebte bereits ab 1926 teilweise in Henndorf bei Salzburg, 1933 übersiedelte er ganz nach Österreich. Er war Mitbegründer der Gesellschaft der Filmfreunde Österreichs, Mitglied im österreichischen PEN-Club, und er versuchte vergeblich, österreichischer Staatsbürger zu werden. Sein Verfahren wurde ebenso wie das von Thomas Mann verschleppt.

Österreicher werden wollte auch der bayerische Dichter Oskar Maria Graf. Mit dem erstmals in der Wiener Arbeiterzeitung erschienenen Aufruf "Verbrennt mich" reagierte er auf die Versuche der Nazis, ihn als bayerischen Blut- und Boden-Dichter zu vereinnahmen. Nach den Februarkämpfen des Jahres 1934 floh Oskar Maria Graf von Wien nach Brünn.

Keine Flüchtlinge, bitte!

Nach dem Bürgerkrieg und der Zerschlagung des parlamentarischen Systems begann der Ständestaat, den Flüchtlingszuzug zu kontrollieren und abzuwehren. Der Historiker Oliver Rathkolb hat bereits 1995 den umfassenden Band "Österreich, Asylland wider Willen" herausgeben:

"Es begann mit der Ausarbeitung eines eigenen 'Fremdengesetzes', in dessen Bestimmungen man schon sehr deutlich sieht, dass die Zielrichtung primär war, diesen Flüchtlingszustrom aus Deutschland zu kontrollieren, und man merkt in diesen ganzen Debatten, Studien, Analysen und Vorarbeiten zu diesem Gesetz, dass die Zielrichtung schon 1935/36 in die Richtung einer ganz strikten Observation der Flüchtlinge ging."

Rassistische Filmpolitik

Ab 1936 war dann der Druck Deutschlands deutlich spürbar, die Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge einzuschränken.

"Ein klassisches Beispiel ist die Filmpolitik," erzählt Oliver Rathkolb. "Das Deutsche Reich hat sehr geschickt über den Umweg der Abnahmen von österreichischen Filmen begonnen hat, de facto den Arierparagrafen in Österreich vor 1938 einzuführen." Die österreichischen Filmfirmen wurden gezwungen, schon bei den Besetzungslisten die deutsche rassistische Politik vorwegzunehmen.

Verösterreicherungsversuche

Bleibt die Frage: Wie konnte man überhaupt als Künstler in diesem abweisenden Land überleben? "Da hat's verschiedene Techniken gegeben, Verösterreicherungsversuche z. B.," berichtet die Herausgeberin des Buches, Ursula Seeber.

Als Beispiel führt sie Joe Lederer an, eine in Deutschland sehr bekannte Bestsellerautorin. Diese hat versucht, einen Heimatroman zu schreiben, um hier am literarischen Markt unterzukommen.

Verstellung ist alles

Oder das Mittel der Camouflage. Der bekannteste Fall ist sicher jener des Schauspielers Leo Reuss. "Er war staatenlos, hat also keine Chance auf eine Arbeitsbewilligung gehabt," erzählt Ursula Seeber. "Er war hier in Österreich und hat sich - als jüdischer Schauspieler! - dann unter dem Namen Kaspar Brandhofer als Tiroler Volksschauspieler ausgegeben und ist sehr erfolgreich an Wiener Theatern aufgetreten."

Vor fünf Jahren hat der österreichische Autor Felix Mitterer dem Schauspieler Leo Reuss sein Stück "Löwengrube" gewidmet. In dem Buch "Asyl wider Willen" wird seine Geschichte ebenso erzählt wie die von Joe Lederer, Oskar Maria Graf, Thomas Mann oder Ernst Bloch, der 1934/35 mit seiner Frau Carola in Wien lebte.

Buch-Tipp
"Asyl wider Willen. Exil in Österreich zwischen 1933 und 1938", herausgegeben von Ursula Seeber, Picus-Verlag, ISBN 385452451X