Vieweghs neuer Roman als Vorveröffentlichung

Geschichten über Sex und Ehe

Mit viel Humor nähert sich Michal Viewegh den, wie er meint, wichtigsten Themen der Menschheit: dem Sex und der Ehe. Viewegh gehört zu einer Generation junger, erfolgreicher tschechischer Autoren.

Die Wende des Jahres 1989 bedeutete in Tschechien nicht nur politisch einen Neuanfang. Auch die Literatur explodierte sozusagen. Die Themen und die Sprache änderten sich.

Hatte die Generation der politischen Dissidenten wie Havel, Josef Topol oder Pavel Kohout noch in erster Linie die politische Wahrheit als Hauptanliegen, so interessierten sich die Autoren ab den 90er Jahren wieder verstärkt für Geschichten.

Es ist die Generation der Kinder des Prager Frühlings wie Jachym und Filip Topol, Milos Urban, Michal Viewegh oder Jaroslav Rudis, die die Richtung der jüngsten tschechischen Literatur vorgeben.

Rudis' Rockgeschichte

Jaroslav Rudis etwa hat eine Rockgeschichte über die Berliner U-Bahn geschrieben: Über einen jungen tschechischen Lehrer, der nach Berlin flüchtet und in der Berliner Unterwelt eine Rockband namens U-Bahn gründet.

Eine Band, die sich inzwischen verselbständigt hat, wie Rudis erzählt: "Die war zunächst fiktiv. Später habe ich sogar Angebote für Auftritte bekommen." So hat Rudis die Band kurzerhand nachträglich gegründet. Im Frühjahr wird mit dem Roman "Der Himmel über Berlin" auch eine CD erscheinen und Rudis mit seinen Rock-Lesungen auf Tournee gehen.

Neue Reiselust

Die Reiselust junger Autoren wie Rudis, der ein Jahr in Berlin verbracht hat, hat auch die Schauplätze der tschechischen Literatur verändert. Es war für viele Schriftsteller der 70er und 80 Jahre überhaupt nicht möglich, weil man nicht ausreisen durfte.

Geschichten wie die um Jaroslav Rudis' Comicfigur "Alois Nebel", die kürzlich in Tschechien erschienen ist, sind genau das, was Milos Urban, 1967 geboren und Autor des Romans "Die Rache des Baumeisters", in der Tradition der Tschechischen Literatur des 20. Jahrhunderts fehlen.

Urban meint, bisher werde die tschechische Literatur nach Autoren wie Ludwig Watzulik oder Pavel Kohout bemessen. Sie alle könnten mit dem internationalen Hunger nach Geschichten, vielleicht sogar Mythen oder Märchen, nicht mithalten, so Urban: "Was der tschechischen Literatur fehlt, ist die Größe. Das Politische ist vorbei."

Die Literatur-Stars Topol

Ganz besondere Stars der jungen tschechischen Literaturszene sind die Brüder Jachym und Filip Topol, geboren in den frühen 60er Jahren als Söhne des Dissidenten Josef Topol. Der eine ist Literat, der andere Rockmusiker. Sein erstes Buch, "Die Schwester", hat Jachym binnen drei Monaten wie im Rausch während eines Heinrich-Böll-Stipendiums in Deutschland geschrieben - es avancierte in Tschechien sofort zum Nach-Wende-Kultbuch.

Zum ersten Mal nach der Wende ließ ein Autor seine Helden die Sprache ihrer Leser nicht nur sprechen, sondern auch denken. In den letzten zwei Jahren fanden in Deutschland einige Konzertlesungen statt, bei denen Jachym las und Filip spielte. In seinem neuesten großen und wildwuchernden Roman "Nachtarbeit" hat Jachym das Brüderpaar sogar zu Protagonisten gemacht.

So unterschiedlich sie sein mögen, eines haben die Autoren gemeinsam: Der kleine Markt der Tschechischen Republik mit zehn Millionen Menschen ist ihnen zu klein. Ihre Bücher erscheinen im Ausland, im deutschsprachigen Raum.

Bestsellerautor Viewegh

So auch bei Michal Viewegh: Der Autor wurde 1962 in Prag geboren. Er arbeitete nach einem abgebrochenen Wirtschaftsstudium als Nachtwächter und studierte anschließend Tschechisch und Pädagogik. Heute lebt er als freier Schriftsteller in Prag, wo er als Bestsellerautor gilt. Auf deutsch lieferbar sind die Romane Erziehung von Mädchen in Böhmen (Deuticke, 1998), Blendende Jahre für Hunde (1998), Die Liebe eines Vaters (Deuticke, 1999), Roman für Frauen (2002) und Geschichten über Sex und Ehe (Deuticke, ab Februar 2004 lieferbar).

In "Geschichten über Sex und Ehe" befasst sich Viewegh mit viel Humor mit den, wie er meint, zwei wichtigsten Themen der Menschheit: dem Sex und der Ehe. Die 21 Erzählungen, die durch den Protagonisten Oskar miteinander verbunden sind, zeichnen den häufigen Verlauf von Liebes- und Lebensbeziehungen nach und fügen sich in ihrer Gesamtheit zu einem Roman mit starken autobiografischen Zügen.

Tipp
Im Rahmen einer Kooperation mit dem Verlag Deuticke publiziert oe1.ORF.at in den kommenden Wochen das erste Kapitel des im Frühjahr erscheinenden Buchs "Geschichten von Ehe und Sex". Teil 1 finden Sie hier.

Die weiteren Auszüge erhalten Sie exklusiv als Abonnent oder Abonnentin des einmal wöchentlich erscheinenden Newsletters von oe1.ORF.at. Den Newsletter bestellen Sie bitte hier.

Buch-Tipp
Michal Viewegh,
Geschichten über Sex und Ehe
Aus dem Tschechischen von Johanna Posset
Verlag Deuticke
ISBN 3216305376

Links
Jaroslav Rudis - Interview in englischer Sprache
Jáchym Topol - Uni Graz
Psi vojáci - Band von Filip Topol
Milos Urban - Interview
Milos Urban