Von der Präzision des Striches fasziniert
Valentin Hirsch, Druckgrafik
Mit dem Zeichnen schuf er sich als Kind seine Welt: der Deutsche Valentin Hirsch, Jahrgang 1978, der im Sommer 2007 sein Grafik- Studium an der Akademie beendet hat. Ab 19. Oktober zeigt er neue Werke im Rahmen der aktuellen Künstlerhaus-Ausstellung.
27. April 2017, 15:40
"Ich habe als Kind einen Weg gefunden, eine Isolation zu schaffen, in der ich völlig bei mir sein und tun konnte, was ich wollte - und das war das Zeichnen. Sonst konnte ich diese Freiheit zuhause nicht ausleben. In dieser Zeit habe ich stapelweise Blätter voll gezeichnet. Damals habe ich die Stärke der Kreativität kennen gelernt. Seither versuche ich, mit dem Leben kreativ klar zu kommen. Mit dem Studium kam der Begriff Kunst dazu, mit dem ich aber sehr vorsichtig umgehe. Für mich ist Kunst eine Möglichkeit der Verarbeitung und des Lebensweges", erzählt Valentin Hirsch, gebürtiger Deutscher aus Eschwege, Jahrgang 1978, der seit 2001 an der Wiener Akademie der Bildenden Künste bei Gunter Damisch Grafik und Druckgrafische Techniken studierte und im Sommer 2007 abgeschlossen hat.
Davor absolvierte der Nachwuchskünstler das Basisstudium an der Freien Kunstschule Stuttgart, machte Zivildienst und belegte Kunstgeschichte als Gasthörer. "Ich habe mich zunächst in Kiel und Hamburg beworben und mir dann Wien angeschaut. Die Stadt hat mich sehr von ihrer Kultur, ihrer Andersartigkeit und Theatralik sehr gereizt. Es war nicht leicht, aber schließlich habe ich es geschafft, hier zu studieren. Was ich für ein großes Glück halte, nicht zuletzt auch deshalb, weil ich zu Gunter Damisch sehr guten Kontakt habe. Und hier habe ich auch die Möglichkeit der Druckgrafik kennen gelernt", so Hirsch.
Von Präzision des Striches fasziniert
"Ich könnte sagen, der liebe Gott hat mir den Bleistift und nicht den Pinsel in die Hand gedrückt. Ich habe einen ganz starken Bezug zum Strich, weil er unglaublich präzise ist und man mit ihm schwer etwas vortäuschen kann. Bei Malerei ist das anders: sie ist ein offeneres Medium, man kann sie z.B. komplett ummalen. Die Zeichnung ist sehr klar und direkt - wie ein spontaner Gedanke, den man äußert", begründet Hirsch seine Entscheidung für die Grafik.
Grafische Medien im Zentrum
"Meine Medien sind vor allem Zeichnung und Radierung, teilweise kommt dabei auch eine Skulptur heraus. Aber mein Schwerpunkt liegt eindeutig im Grafischen - ich lege sehr viel Wert auf den Strich. Mit der Radierung habe ich erst spät, nämlich 2004, begonnen. Bisher habe ich etwa 20 Radierungen und etwa 30 Zeichnungen gemacht", beschreibt Hirsch seine künstlerische Arbeit.
Ein Motiv zieht sich kontinuierlich durch sein Oeuvre - der Elefant: "Er begleitet mich, seitdem ich zeichne. Und er ist in meinen Arbeiten der letzten drei Jahre ein wichtiger Bildgegenstand: ich deformiere, spiegle und verändere ihn und versuche, ein anderes Wesen herauszuholen. Am Elefanten, der bildlich meist sehr schlecht dargestellt wird, interessiert mich vor allem dieser Dualismus: er ist sehr stark und kann zerstören, andererseits kann er sanft und sehr verletzlich sein."
Radierung - eine präzise und zeitaufwendige Kunst
"Bei der Radierung spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle, nämlich Technik und Zeit. Denn hier muss man sehr viel Zeit und Energie investieren, um zum erwünschten Ergebnis zu kommen: ich muss eine Platte vorbereiten, muss sie grundieren, radieren, was lange dauert, und muss sie ätzen. Deshalb werden heute, wo alles schnell gehen muss, wahrscheinlich so wenige Radierungen gemacht. Und man muss sehr präzise sein - und in dieser Hinsicht ist die Radierung besser als jede Zeichnung", erläutert Hirsch, der erst 2004 mit diesem Medium begonnen und bisher etwa 20 Radierungen gemacht hat.
"Ich stelle immer wieder eine Hierarchie in der Kunst fest: die Malerei steht sehr weit oben, viel weiter darunter die Zeichnung - und noch weiter unten die Radierung. Ich radiere deshalb, weil dieses Medium eben etwas kann, was kein anderes hat. Hier entsteht zum Beispiel ein Schwarz, das ich nie malen oder zeichnen könnte. Das kann eben der Druck. Daher sehe ich dieses Medium daher gleichberechtigt mit anderen", betont der Grafikkünstler.
Das samtene Schwarz des "Satan"
"Die 'Satan'-Radierung war sehr wichtig für mich, weil ich mich hier erstmals intensiv mit diesem Medium beschäftigt habe. Der Satan ist eine Figur, die mich als Kind sehr geprägt hat. Den Titel habe ich deshalb gewählt, weil der Druck so finster ist, so ein samtenes, anziehendes und sauberes Schwarz hat, das ich noch nie gesehen habe. Diese Düsterheit hat mich sehr an das Böse erinnert", beschreibt der junge Künstler dieses Werk.
"Momentan arbeite ich an Tuschezeichnungen. Ich tätowiere sozusagen Papier. Es ist eine ganz wichtige Phase für mich, weil ich hier Möglichkeiten zu einer gewissen Lockerheit entdecke", stellt der nachdenkliche Künstler fest.
Bei "Exitus"-Schau im Künstlerhaus Wien
Bei der Künstlerhaus-Ausstellung "Exitus-Tod alltäglich", die am Freitag, 19. Oktober 2007, eröffnet wird, zeigt Valentin Hirsch seine neue Installation "Grab" sowie die Arbeit "Tabernakel".
Mit vier Werken auf der "Art Athina - restart"
Im Frühsommer 2007 war Hirsch mit vier Werken - drei Zeichnungen und der Installation "Das Grab" - durch die neue Wiener Galerie Winiarczyk im Rahmen der Athener Kunstmesse "Art Athina - restart" in der Gruppenschau "unREflected REalities - REflected images" vertreten.
Die junge Galerie, die im Rahmen der Sektion "New Arrivals" erstmals vertreten war und im heurigen Spätherbst in Wien eröffnen wird, präsentierte neben Hirsch weiters die jungen Künstler Daniel Domig, Lazar Lyutakov und Pirmin Blum, der in Athen seine neue Installation "HeXe - underwood" zeigte.
Mehr zu Pirmin Blum in der Ö1 Talentebörse
Erste Einzel-Ausstellung bei tonART
Zu sehen waren die Arbeiten des begeisterten Grafikkünstlers mittlerweile in "Lineup, Supersaat" in der "layr:wuestenhagen contemporary"-Galerie (2003), im Kupferstichkabinett der Akademie (2004), in der Ausstellung "GodLovesUgly" in der Galerie tonART (2005) sowie heuer in der Wiener Galerie Hilger und im Siemens_artLab.
"In der Galerie tonART hatte ich meine erste Einzel-Ausstellung, in der ich 13 Radierungen, zwölf Zeichnungen und eine große Skulptur gezeigt habe. Die Schau war großartig gemacht und ich konnte meine Bilder erstmals in einem größeren Kontext sehen", erzählt Hirsch, der bereits einige seiner Werke verkauft hat.
Mitarbeit in Zein-Werkstatt bei Nitsch-Projekt
Außerdem ist Valentin Hirsch bei Kurt Zein in dessen renommierter Wiener "Werkstatt für handgedruckte Originalgrafik" tätig, wo er an der "Grablegung Christi", einem Projekt von Hermann Nitsch, das 2007 in Wien zu sehen sein wird, mitarbeitet.
"Ich habe das Glück, seit November 2006 an diesem Nitsch-Projekt mitarbeiten zu dürfen. Kurt Zein zählt in Europa zu den Besten dieses Handwerks. Und er ist so offen und kreativ - und hat noch dazu als Mensch Größe", erzählt Valentin Hirsch begeistert.
Mehr über Kurt Zein in oe1.ORF.at
Menschliche Qualitäten nicht nur als Fußnote
Und wie lauten die Zukunftswünsche des engagierten Grafikkünstlers?
"Ich möchte es schaffen, etwas aus dem zu machen, was ich zu bieten habe und hoffe, davon halbwegs leben zu können. Interessieren würde es mich auch zu unterrichten, um etwas weiter zu geben. Für mich bedeutet Kunst nicht, Bilder zu irrsinnigen Preisen zu verkaufen, sondern eine besondere Art, dem Leben zu begegnen. Dabei erlebt man soviel, dass man mit anderen teilen kann. Und Menschen und Beziehungen sind letztlich das Wichtigste, das wir haben", so Valentin Hirsch.
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Valentin Hirsch
Veranstaltungs-Tipp
Ausstellung "Exitus-Tod alltäglich", Eröffnung: Freitag, 19. Oktober 2007, 19:00 Uhr, Ausstellungsdauer: bis 6. Jänner 2008, Öffnungszeiten: täglich 10:00 bis 18:00 Uhr, Donnerstag 10:00 bis 21:00 Uhr, Wiener Künstlerhaus, 1010 Wien, Karlsplatz 5.
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Links
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