Weitaus mehr als Kasperltheater
Puppentheater für Erwachsene
Im Wiener Schauspielhaus findet derzeit ein überaus erfolgreiches internationales Puppentheaterfestival für Erwachsene statt, "Die Macht des Staunens". Dieses Festival bietet oft spannendere Aufführungen als Burgtheater und Josefstadt.
8. April 2017, 21:58
Dass viele Menschen, wenn sie das Wort Puppen oder Figurentheater hören, nicht nur an ihre Kindheit im Kasperltheater denken, sondern neugierig werden, das hat wohl auch mit dem Festival "Macht des Staunens" zu tun. Es hat in Wien eine Theaterform wieder salonfähig gemacht, die oft spannendere Aufführungen bietet als jene in Burg und Josefstadt.
Vor zehn Jahren gegründet
Vor zehn Jahren wurde das Puppentheaterfestival für Erwachsene von Martina Winkel und Airan Berg gegründet und zeigt im Zweijahresrhythmus, was sich auf der hochinteressanten Puppen-Figuren- und Objekttheaterszene auf der ganzen Welt tut. Der Erfolg dieses Festivals bei Kritik und Publikum hat sich inzwischen längst eingestellt.
Airan Berg, der mit Barry Kosky ja das Schauspielhaus leitet, hat nun das Festival aus dem Künstlerhaustheater in sein eigenes Haus in der Porzellangasse geholt.
Puppentheater aus aller Welt
Das Festival präsentiert zwei spannende Wochen lang elf Produktionen aus England, Italien, Deutschland, Israel, Österreich und den USA. Thematischer Schwerpunkt des diesjährigen Festivals ist die Interpretation geschichtlicher, literarischer oder archetypischer Charaktere mit den Mitteln des Figurentheaters.
So stehen Persönlichkeiten wie der Essayist Walter Benjamin, die Legendenfigur des Golem oder der russische Kosmonaut Juri Gagarin im Zentrum der einzelnen Produktionen. Mit ihrer authentischen Geschichte wird Signora Mongiolino genauso zum Thema wie Tschechows Titelfigur Platonov.
Einige Höhepunkte
Auch in Wien hat sich bereits eine interessante Puppen- und Objekttheaterszene gebildet - vom Kabinetttheater Julia Reicharts bis zu Christoph Bochdansky, der im Schauspielhaus ab Freitag seine Tschechow-Bearbeitung "Platonow" zeigen wird und auch sein Stück "Erlkönig" in der Schneiderei des Schauspielhauses.
Eröffnet wurde das Festival mit Martina Winkelns neuer Produktion "Wundkontrolle", in der es um die Themen Urbild und Abbild, Idole und Bilderverbote geht. Der rote Faden durch das reichhaltige Programm mit sieben Arbeiten von Italien bis England ist heuer die historische oder literarische Figur. Beides betrifft die Arbeit des Amerikaners Eric Bass, der ab morgen mit seinem Sandglas-Theater die Produktion "One Way Street" zeigt, in der der Schriftsteller und Philosoph Walter Benjamin auftritt - als Puppe.
Gyula Molnar zeigt in seinem Stück über den Kosmonauten Juri Gagarin etwa die unendlichen Fernen des Kosmos in Puppentheaterform, das Figurentheater Tübingen die Bearbeitung des Shoah-Romans "Die Kinder der Bestie" von David Großmann, aber auch zwei ungewöhnliche Nestroy-Arbeiten sind zu sehen, "Häuptling Abendwind" und "Der Talismann", ein Figurentheaterfilm. Bis zum 7. Dezember lässt es sich im Wiener Schauspielhaus also trefflich staunen.
Tipp
"Die Macht des Staunens", 26. November bis 7. Dezember im Wiener Schauspielhaus
Ö1 Club-Mitglieder erhalten 10 Prozent Ermäßigung auf den Eintrittspreis.
Link
Schauspielhaus - Die Macht des Staunens