Viel Action, wenig Herz
Sinbad - Der Herr der sieben Meere
Alle reißen sich im neuesten Animations-Abenteuer von DreamWorks um das "Buch des Friedens". Eris, die Göttin des Chaos, hat beim Wettlauf um einen der kostbarsten Schätze der Welt vorerst die Nase vorn und Sinbad soll, nein: muss das Buch zurückbringen - sonst stirbt sein Freund Proteus.
8. April 2017, 21:58
Schon der Beginn zeigt, woher hier der Wind über die sieben Meere weht: Da übt sich Sinbad in bester Seeräubermanier beim Entern eines Schiffes, auf dem das wertvolle "Buch des Friedens" nach Syrakus transportiert wird. Alle wollen dieses Buch haben: Proteus, einst Sinbads Freund und nunmehr großer Sohn von Syrakus, Sinbad, der schnöde Geldinteressen mit dem Raub des Buches verbindet, und schließlich Eris, die Göttin des Chaos, die ebenfalls von der unermesslichen Macht des Buches überzeugt ist.
So schickt Eris ein riesiges Seeungeheuer mit klarem Auftrag. Für Sinbad ist das aber kein Problem: Mit List und perfekter Waffenbeherrschung, mit Kraft und Chuzpe schlägt er das Monster in die Flucht. Ein Intro à la James Bond auf hoher See. Rasant und turbulent, mit eindeutiger Botschaft: Diesen Mann kann man zuversichtlich auf ein außergewöhnliches Abenteuer schicken.
Ekel vor künstlichen Kinowelten
Doch dieses Intro macht auch schon die Probleme von "Sinbad - Der Herr der sieben Meere" deutlich: technische Perfektion, aber kein Herz und keine Seele. Da werden bekannte Muster aus dem Action-Spielfilm ganz unverhohlen in die Zeichentrickstube verlagert, so als wollte man die jungen und jüngsten Zuseher nur rasch genug an die simplen Wahrnehmungsschablonen ihrer späteren Kinojahre gewöhnen.
Bis in konkrete Bildarrangements hinein gleichen die Ergebnisse dieser Animationskunst der choreografischen Anordnung und dem banal-routinierten Handwerk durchschnittlicher Hollywood-Spielfilme.
Liebe als Draufgabe
Auch in der Vermittlung von Werten - und damit wesentlich im Entwurf der Handlung und der Figuren-Zeichnung - folgt man bei DreamWorks am liebsten bekannten Schemen. Göttin Eris reißt das "Buch des Friedens" an sich, doch Sinbad ist der Hauptverdächtige.
Wenn er allerdings das Buch zurückbringt, kann er sowohl seine Ehre als auch das Leben seines Freundes Proteus retten, der sich als Faustpfand zur Verfügung stellt. Und als Draufgabe für so viel Heldenmut gibt's noch die große Liebe.
Plündern in der Sagenwelt
Diese "Sinbad"-Verfilmung - das "d" im ursprünglichen Namen ist u.a. aus Copyright-Gründen verloren gegangen, der Rest ein Wortspiel - stützt sich nicht auf eine der bereits existierenden Seeräuber-Geschichten, sondern mischt griechische Mythologie mit den Erzählungen aus "Tausendundeiner Nacht".
Nach Lust und Laune plündert Drehbuch-Autor John Logan - von Tartarus bis zu den Sirenen - Motive aus der altertümlichen Sagenwelt, die er wohl mit einem Disneyland verwechselt.
Pixar weiterhin unangefochten
Fazit: Gegenwärtig bleibt Pixar ("Toy Story", "Das große Krabbeln", "Monsters AG.") das einzige Studio, das im Animationsbereich nicht dem Prinzip des Kopierens bekannter Motive folgt, sondern auf originäre Erzählleistungen setzt, also technische Perfektion mit Einfallsreichtum der Geschichten und Liebenswürdigkeit der Figuren zu verbinden weiß.
Mit dem Trickfilm "Finding Nemo" hat Pixar gerade wieder einen Kassenerfolg in den USA gelandet und 70 Millionen Dollar schon am entscheidenden ersten Kino-Wochenende eingespielt. Verwunderlich also, dass DreamWorks nicht mehr auf die seit Jahren höchst erfolgreichen Konkurrenz-Produkte von Pixar schaut.
Sinbad - Der Herr der sieben Meere
(Sinbad - Legend Of The Seven Seas)
USA, 2003
Drehbuch: John Logan
Regie: Tim Johnson, Patrick Gilmore