Die vielen Gesichter des Krzysztof Penderecki

Wanderungen eines Einzelgängers

Krzysztof Penderecki gilt als einer der führenden zeitgenössischen europäischen Komponisten. Am Sonntag feierte der polnische Tonsetzer seinen 70. Geburtstag. Der kompositorische Werdegang des Jubilars begann mit einem sensationellen Auftakt.

Krzysztof Penderecki: "Threnos" (Schlussteil)

"Ich bin eigentlich immer einen einsamen Weg gegangen, habe im Grunde immer gegen die vorherrschenden Richtungen geschrieben", meint Krzysztof Penderecki in Bezug auf sein kompositorisches Schaffen. Sein siebzigster Geburtstag mag als Anlass genommen werden, solch einen Satz zu überprüfen.

Sensationeller Auftakt

Der am 23. November 1933 in Debica bei Krakow geborene Penderecki studierte in den fünfziger Jahren Musik und Komposition in Krakow.

Sein Werdegang begann vor 45 Jahren mit einem sensationellen Auftakt: Im Wettbewerb des Polnischen Komponistenverbandes erhielt der junge Musiker alle drei zu vergebenden Preise für die Kompositionen "Emanationen", "Strophen" und das Chorwerk "Aus den Psalmen Davids".

Gegen den Strom

Es handelt sich dabei um ein Beispiel dafür, wie Penderecki "gegen den Strom" komponiert hat. Es zeugte von Mut, in den 50er Jahren, als im Ost-Block eher Kantaten auf Lenin gefragt waren, ein Werk mit einem religiösen Inhalt vorzulegen. Auch die Jury des Polnischen Komponistenverbandes ging damit auf Kollisionskurs gegen das Kulturministerium.

Diese Tatsache hat dazu geführt, dass Penderecki im westlichen Ausland besondere Aufmerksamkeit erhielt.

Lieblings-Dissident des Westens

Nur ein Jahr später, 1960, als seine Werk "Anaklasis" für 42 Streichinstrumente vom Südwestfunk-Orchester unter Hans Rosbaud in Donaueschingen uraufgeführt wurde, hatte die Kulturberichterstattung im Westen Penderecki zum Lieblings-Dissidenten auserkoren. Im Laufe der Zeit folgten zahlreiche Aufträge für Kompositionen aus dem Westen, speziell aus Deutschland.

Der Fertigstellung eines Werkes gab er aber absoluten Vorrang: "Tren ofiarom Hiroszimy" lautet der polnische Titel: "Threnos" für 52 Solo-Streicher zur Erinnerung an die Opfer von Hiroshima.

Penderecki verwendet hier weder Akkorde noch Themen im herkömmlichen Sinne. Die Harmonik in "Threnos" wird zur Klangfläche, die sich aus Clustern bildet. Glissando, Vibrato und Tremolo sind die dominierenden Spielarten.

Im Westen bevorzugt

Dass bald darauf die Komposition eines "Dies Irae" zum Gedächtnis der Opfer von Auschwitz folgen sollte, ein Werk das prompt 1968 mit dem "Prix Italia" ausgezeichnet wurde, lässt doch einige Fragen in Bezug auf die Karriere Pendereckis zu, der gegenüber einigen seiner polnischen Kollegen eine Bevorzugung der westlichen Medien erfahren durfte.

Komposition für Salzburg

Für die Feier zum 1200-jährigen Bestand des Salzburger Domes wurde vom ORF bei Penderecki eine Komposition in Auftrag gegeben. Daraus wurde das "Magnificat" für Basssolo, Vokalensemble, Doppelchor, Knabenstimmen und Orchester.

Inzwischen hatte sich Penderecki auch der Oper zugewandt. 1969 wurde das Bühnenwerk "Die Teufel von Loudon" in Hamburg uraufgeführt. In Chicago erlebte die Oper "Paradise Lost" nach John Milton 1978 die Uraufführung.

Weitere Wendung

Es gibt noch eine weitere Wendung im Schaffen Pendereckis. Der Fall des Eisernen Vorhanges hat auch seine Musik verändert, die seitdem leichter geworden ist, spielerisch und virtuos.

Beispielhaft sei sein Zweites Violinkonzert erwähnt. Dass er auch hier wieder gegen den Strom schwimmt, nimmt kaum jemand wahr. Tatsächlich verwendet er in dieser Partitur Methoden der polnischen Avantgarde der 60er Jahre.