Sefik Dautbegovic auf der Suche nach seinem Land
Bosnien-Herzegowinas Medienwelt
Der bosnische Journalist Sefik Dautbegovic hat für seinen Text "Mein Land" den Journalistenpreis "Writing for Central Europe" 2006 erhalten. Bosnien-Herzegowina und er selbst sollen ein gleichwertiger Teil von Europa sein. Das wäre sein Wunsch.
8. April 2017, 21:58
Im Rahmen seiner Maiveranstaltung "Bosna na pohodu - Bosnien auf Besuch in Wien" hat das burgenländisch-kroatische Zentrum den Journalisten Sefik Dautbegovic als Spezialgast nach Wien eingeladen. Er soll sich innerhalb einer Expertenrunde der schwierigen Frage stellen, wie sich die Situation der Medien und des Journalismus im heutigen Bosnien darstelle.
Es ist schon bemerkens- und lobenswert, dass sich das burgenländisch-kroatische Zentrum mit dem Thema Bosnien im weiteren Sinne - und nicht nur hinsichtlich der in Bosnien-Herzegowina lebenden Kroaten - befasst. Das zeigt, dass sich die Verantwortlichen im Kern bewusst sind, dass man das Problem der Kroaten in Bosnien-Herzegowina in einer Gesamtbetrachtung und -erörterung und mit allen dort lebenden Ethnien eruieren muss.
Zwei schwierige Fragen
Ich war selbst zur Diskussion eingeladen und wurde dort mit zumindest zwei Fragen konfrontiert: Was ist eigentlich ein "Experte" in Sachen Bosnien-Herzegowina?, lautete eine. Eine noch schwierigere Frage, grob formuliert, war: Was für ein Staat ist "Bosnien-Herzegowina"? Daraus folgernd fragt man sich, wie man über die Situation der Medien in einem Land reden kann, in dem die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme für die meisten Bürger weit von einer zufriedenstellenden Lösung entfernt sind.
Die Einleitungssätze des Textes von Sefik Dautbegovic waren:
Das Schreckgespenst Bosniens geistert nicht mehr durch Europa, das uns die Tür einen kleinen Spaltbreit geöffnet hat und auf uns wartet. Es gab verschiedene Gespräche und Abkommen - weltweit. Auch jenes in Washington. Es wurde gesagt, dass unser Land den Weg Europas gehen kann. Und mit Washington ist nicht zu spaßen. Freilich, unser Land ist nicht riesig. Es ist ganz - aus zwei Teilen.
Der weitere Text ist, ohne damit die Wichtigkeit und Qualität des Textes in Frage zu stellen, in einem fast infantilen und scherzhaften Ton geschrieben. Der Autor stellt sich Fragen über seinen Staat, auf die er keine glaubwürdigen Antworten zu finden vermag. Wie ein Kind steht er hilflos vor einem Rätsel, welches er und alle seine Mitbürger jeden Tag enträtseln müssen, und leider haben alle mit jedem Tag mehr und mehr resigniert.
Der Text von Dautbegovic gibt, was bei anderen "Experten" üblich ist, keine Vorschläge und keine schön verpackten Lösungen. Der 1948 im Städtchen Prozor im südlichen Bosnien geborene Dautbegovic hat offensichtlich von unendlichen Tätigkeiten unzähliger internationalen Organisationen und ihrer Beamten und von absichtlich oder dummerweise unfähigen lokalen Politikern genug. Sein Wunsch, sein Leben "normal" zu führen und endlich als gleichwertiger Teil von Europa zu gelten (worauf die Bürger von Bosnien-Herzegowina trotz aller ihrer und unserer Probleme ein Recht haben) ist mit diesem ironischen Text bestens dargestellt.
Der Weg nach Europa
"Wenn dem so ist", schrieb Dautbegovic, "habe ich selbst begonnen zu packen um nicht zu spät zu kommen, denn Europa duldet keine Trägheit und keine Faulheit. Zugegeben, ich habe nichts Großartiges mitzunehmen, hauptsächlich Sorgen. Ich denke darüber nach, welchen Weg ich in die Welt einschlagen soll.“
Einer der Wege, obwohl sehr schmal, ist dieses Treffen mit Sefik Dautbegovic, welcher vom burgenländisch-kroatischen Zentrum in Wien veranstaltet wird. Dautbegovic hat uns "Experten" und allen in diesen Fragen Interessierten sicher viel zu sagen.
Veranstaltungs-Tipp
"Die Situation der Medien und des Journalismus in Bosnien heute", Mittwoch, 9. Mai 2007, 20:00 Uhr, burgenländisch-kroatisches Zentrum, Schwindgasse 14/4, 1040 Wien
Link
Burgenländisch-kroatisches Zentrum