Eine Lösung gegen den Klimawandel?

CO2-Speicherung

65 Prozent der weltweiten Stromproduktion basieren auf fossilen Energieträgern. Die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas in kalorischen Kraftwerken trägt wesentlich zum vom Menschen verursachten Kohlendioxid-Ausstoß und damit zum Klimawandel bei.

Das Intergovernmental Panel on Climate Change fordert in seinem jüngsten Bericht, die CO2-Emissionen spätestens ab dem Jahr 2015 drastisch zu verringern, um die globale Erwärmung auf 2,4 Grad Celsius zu begrenzen.

Im Bereich Energie gebe es mehrere Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen, so Ottmar Edenhofer, Chefökonom am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, das im Klimarat vertreten ist. Dazu zählen die Steigerung der Energieeffizienz, der Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energieträger, die Nutzung der Atomenergie, die Entwicklung völlig neuer Energiekonzepte und die Abscheidung von Kohlendioxid bei kalorischen Kraftwerken.

Kohle bleibt wichtig

Die Abscheidung von Kohlendioxid bei kalorischen Kraftwerken und die Lagerung des CO2 im Untergrund würde dabei eine wichtige Rolle spielen, so Ottmar Edenhofer, weil die Weltwirtschaft noch für längere Zeit nicht auf fossile Energieträger verzichten könne.

Vor allem Kohle, die besonders hohen CO2-Ausstoß verursacht aber noch reichlich vorhanden ist, werde in Zukunft sogar an Bedeutung gewinnen, weil die USA, China und Indien noch große Vorkommen hätten und sich deren Nutzung nicht verbieten lassen würden. Vor allem für China und Indien sei die Stromproduktion mit Kohle wichtig für das Wirtschaftswachstum.

Kraftwerk mit CO2-Abscheidung

Die Abscheidung der Kohlendioxid-Emissionen eines Kraftwerks wird seit langem überlegt. Am Institut für Thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik der Technischen Universität Graz wird seit mehr als 20 Jahren unter dem Namen Graz Cycle an der CO2-Abscheidung geforscht. Dafür soll die Kohle statt mit Luft mit reinem Sauerstoff verbrannt werden, was die Kondensation und Abtrennung des Kohlendioxids aus dem Abgas ermöglicht.

Der Nachteil des Graz Cycle ist: Der reine Sauerstoff muss erzeugt werden, das kostet wiederum Energie und Anlagekosten. Die Grazer Forscher haben deshalb über Jahre die einzelnen Komponenten des Kraftwerks optimiert und damit einen höheren Wirkungsgrad erreicht.

Erfolgreiche Versuche
Als Brennstoff eignen sich gasförmige oder flüssige Energieträger, also Erdgas, Erdöl, Kohle aus der Kohlevergasung oder Biogas. Die Komponenten für den Graz Cycle wurden berechnet und entworfen, für die Brennkammer gab es auch schon erfolgreiche Versuche an mehreren Forschungseinrichtungen.

Das Konzept konnte grundsätzlich überzeugen, wurde bisher aber noch nicht realisiert, weil dafür aufwändige und teure Entwicklungen notwendig sind. Die Grazer Forscher versuchen deshalb, eine Umsetzung ihres Konzeptes in Zusammenarbeit mit großen Kraftwerksherstellern zu erreichen.

"Emissionsfreies" Kraftwerk in Brandenburg

Das Energieunternehmen Vattenfall Europe in Berlin möchte nicht darauf warten, sondern versucht es mit einem Kompromiss aus Oxyfuel-Verfahren und einem herkömmlichen Kraftwerk. Dafür errichtet Vattenfall derzeit am Industriestandort Schwarze Pumpe in Brandenburg ein Versuchskraftwerk mit 30 Megawatt Leistung, bei dem die Abscheidung von Kohlendioxid mittels Kondensation getestet werden soll.

Das Versuchskraftwerk soll Mitte des Jahres 2008 in Betrieb gehen. Es wird allerdings keinen Strom erzeugen, sondern nur Testergebnisse liefern. Der Nachteil des Projekts Schwarze Pumpe ist, dass auf diese Weise vorerst nur ein Wirkungsgrad von unter 40 Prozent netto - also nach Abzug des Energieeinsatzes für die Erzeugung des reinen Sauerstoffs - erreicht werden kann. Man werde versuchen, den Wirkungsgrad zu verbessern, werde aber Einbußen hinnehmen müssen, so Projektleiter Markus Sauthoff. Klimaschutz koste eben etwas.

Kohlendioxid-Deponie in 700 Meter Tiefe

Der Betrieb eines Kraftwerkes mit CO2-Abscheidung ist aber erst dann sinnvoll, wenn klar ist, was mit dem abgeschiedenen Kohlendioxid geschehen soll. Am viel versprechendsten erscheint, das CO2 zu verflüssigen und in tiefere geologische Schichten zu versenken. Diese Möglichkeit testet derzeit das Geoforschungszentrum Potsdam gemeinsam mit Partnern aus anderen europäischen Ländern bei einer ehemaligen Erdgaslagerstätte in Ketzin in Brandenburg.

Die Vorbereitungsarbeiten und die Risikoanalyse für den Versuch sind großteils abgeschlossen, in Kürze beginnt die Einleitung von hochreinem CO2 in die in etwa 700 Meter Tiefe liegende Lagerstätte. Es handelt sich um ein so genanntes salines Aquifer, also eine salzwasserhältige Sandsteinschicht.

Öko-Experten sind skeptisch

Dass es sinnvoll sei, alle Technologien zu prüfen, die eine Verringerung der CO2-Belastung ermöglichen, stellt Gabriela von Goerne, Klimaexpertin von Greenpeace Deutschland, nicht in Frage. Es müsse aber genau untersucht werden, ob die Deponierung von CO2 langfristig sicher sei und ob die Abscheidung und Speicherung in Summe wirklich eine CO2-Reduzierung bringe.

Wenn der Transport des flüssigen Kohlendioxid wiederum CO2-Abgase verursachen oder auf andere Weise die Umwelt belasten würde, sei das nicht sinnvoll. Völlig abzulehnen seien Überlegungen, Kohlendioxid in tiefe Schichten der Ozeane einzuleiten und auf diese Weise loszuwerden.

Bei allen Überlegungen dürfe auch nicht vergessen werden, dass die einfachste und am schnellsten wirksame Methode, den CO2-Ausstoß zu verringern, die Einsparung und effizientere Nutzung von Energie sei. Hier sei das Potenzial enorm, so Gabriela von Goerne.

Risiko:dialog ist eine Initiative von Radio Österreich 1 und Umweltbundesamt.

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Hör-Tipp
Dimensionen, Mittwoch, 16. Mai 2007, 19:05 Uhr

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