Werbebotschaften geistern durchs Netz
Virales Marketing
Virales Marketing ist eine Marketingform, die soziale Netzwerke ausnutzt, um Aufmerksamkeit auf Marken, Produkte oder Kampagnen zu lenken. Doch lassen sich Communities wirklich erzwingen und soziale Netzwerke für Werbefeldzüge instrumentalisieren?
8. April 2017, 21:58
Der Sinn von Marketingabteilungen besteht im Grunde genommen darin, Kunden zu begeistern und in ihnen ein Feuer zu entfachen. Sie sollen dafür sorgen, dass sich die Menschen mit einem Produkt beschäftigen, sagt Gregg Benkendorfer, Digital Marketing Manager von Toyota Motor Sales Inc, USA.
Den Dialog führen Anwälte
Im Internet bekommt man davon noch recht wenig mit. Vor allem lässt die Kommunikations- und Dialogbereitschaft der Firmen oft zu wünschen übrig. In Deutschland sind es weniger Firmen, die mit ihren Konsumenten in Kontakt treten wollen, sondern Anwälte. Sie mahnen ab und stellen Geldforderungen. Auch ohne Rückfrage an das betroffene Unternehmen.
Die Anklage besteht meist aus dem Vorwurf, Markenname und Bildmaterial ohne Abklärung der Rechter verwendet zu haben. Auch wenn diese Briefe oft selbst ungesetzlich sind, sie reichen aus, um User Unannehmlichkeiten zu bereiten und einen Schreck einzujagen.
Markenpiraten oder Multiplikatoren?
In den USA nehmen die meisten Firmen davon Abstand, meint Gregg Benkendorfer. Eine Ausnahme bleibt die Film- und Musikindustrie. Aber der Rest habe dazugelernt, meint Benkendorfer, und erkannt, dass es durchaus positive Effekte haben kann, wenn Konsumenten ihre eigenen kleinen Werbevideos produzieren und auf Kanälen wie YouTube veröffentlichen. Nicht selten erregen die mehr Aufsehen als die eigenen Produktionen. Trotzdem gleicht der Umgang der Firma mit den Internetbenutzern noch immer den von Eltern und Kind: An manchen Tagen ist das Vertrauen stark getrübt.
"Derzeit sind die Fahrzeuge und die Marke unseren Managern noch so wichtig, dass es sie nervös macht, die Schlüssel zum Königreich den Konsumenten zu überlassen. Aber früher oder später wird es passieren."
Der Lackmustest der AGBs
Wie ernsthaft Firmen ihren Webauftritt planen und damit den Umgang mit potenziellen Kunden nehmen, lasse sich am besten an den AGBs, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ablesen, sagt Peter Steinberger von der Firma DKS. Die besagen meist, dass der User wenig aber das Unternehmen größtmöglichen Freiraum hat, Daten und Materialien weiter zu verwenden.
Das Potenzial wird langsam erkannt
User generierte Medien sind kein Phänomen mehr. Laut einer vor ein paar Tagen veröffentlichten Studie, sollen sich im Netz demnächst 1,23 Millarden Menschen tummeln. Die Zahl ist in den Marketingabteilungen angekommen. Genauso wie die Bezeichnungen für die unterschiedlichen Plattformen und Applikationen: Games, E-Mail, Video, Podcast, Weblogs, Suchmaschinen, RSS und vieles mehr wurden in den Firmenunterlagen mit dem Zusatz "Marketing" versehen.
Was fehlt, ist das Verständnis
Die Bereitschaft, sich mit den Eigenheiten des Netzes ernsthaft auseinander zu setzen, ist noch nicht sehr verbreitet. Zuhören könnte ein erster Schritt sein. Aber das ist nicht nur ungewohnt, sondern kann auch unbequem werden. Auf besser gesichertem Terrain bewegt man sich, wenn man es dabei belässt und sich mit dem Umfüllen von alten Wein in neue Schläuche beschäftigt. Mit Wörtern wie Second Life, Web 2.0, virales, soziales oder Ambient Marketing kann man zumindest seinen Chef beim Abendessen beeindrucken, aber nur selten und nur kurz die User - Verzeihung: Konsumenten.
Hör-Tipp
Matrix, Sonntag, 27. Mai 2007, 22:30 Uhr