Hubert von Goisern im Gespräch

Widerstand im Salzkammergut

Im Linzer Lentos sprach Michael Kerbler mit Hubert von Goisern, dem Botschafter der Kulturhauptstadt Linz 2009, über sein ambitioniertes Projekt "Linz-Europa 2007-2009". Dabei ging es auch um die Beziehung seiner Familie zu jener Jörg Haiders.

Hubert von Goisern über sein Europa-Projekt

Mit seiner Tour "Linz-Europa 2007-2009“ nimmt Hubert von Goisern die kulturelle Osterweiterung selbst in die Hand. Ein Schiff, umgebaut zur Konzertbühne, ist Plattform für Musiker und Künstler aus den jeweiligen Ländern. Im Linzer Lentos sprach Michael Kerbler mit dem Botschafter der Kulturhauptstadt Linz 2009 über sein ambitioniertes Projekt, das ihn entlang der Donau bis ans Schwarze Meer bringen wird. Dabei gab der Musiker aus dem Salzkammergut auch etwas über seine Herkunft preis.

Hubert von Goisern: Ich habe mich eigentlich um Politik lange nicht gekümmert, und ich tu's auch jetzt ungern. Aber es ist eine Notwendigkeit, der man sich manchmal stellen muss. Aber es war natürlich dieses Gefühl, dass ich umgeben bin von Menschen, die wollen, dass nur noch Märsche gespielt werden, und Landler und Steirer - denen ich inzwischen auch was abgewinnen kann, und die ich ja auch damals gespielt hab. Aber diese Ausschließlichkeit fand ich schon bedrohlich in einer Welt, die über den Fernseher anfängt, auch in die engen Täler einzudringen. Dieses Abwehrverhalten, das hab ich intuitiv abgelehnt.

Michael Kerbler: Ist politisiert worden in der Familie?
Wüll i über des redn? ... Ich hab sehr spät rausgefunden, so mit 30 Jahren, dass mein Großvater eines der Gründungsmitglieder dieser Vorgängerpartei, deren Namen nicht genannt werden soll ...

Also VDU?
Ja. Und ein ganz enger Freund vom Vater des anderen Goiserers. Und da gab's eben Streitereien, und unter dem Tisch wurde mir immer gegen das Schienbein getreten, dass ich darüber nicht reden soll oder diskutieren. Die Familie, in der ich aufgewachsen bin, die meines Vaters, die waren alle bis zu den Zehenspitzen rot, es heißt ja auch, das Innere Salzkammergut ist der "red canyon", und Kreisky war unser und auch mein Hero. Aber über Politik ist eigentlich nicht wirklich geredet worden.

Wenn man sich mit der Geschichte des Salzkammerguts, und auch der Jahre 38 bis 45 näher befasst, kommt man plötzlich drauf: Da gab's Widerstand, der ganz, ganz wichtig von Frauen mitgetragen worden ist, die Deserteure versteckt haben. Ich will jetzt das Salzkammergut nicht zum Partisanenstützpunkt Österreichs gegen Hitlerdeutschland erklären, aber diese Schwarzweißmalerei stimmt einfach nicht. Und das Spannende ist, dass man aber nach 1945 über die Leute, die den Kopf hingehalten haben, die das Bissl Widerstand organisiert haben, dass man da nicht drüber geredet hat. Zum Beispiel der spätere Sparkassenchef von Goisern war ein ganz wichtiger Mann, der den Widerstand organisiert hat.
Erzählen Sie mir davon!

Mittlerweile gibt es ja sogar einen Wanderführer durchs Salzkammergut, wo die Widerständler ihren Nachschub herbekommen haben. Das kann man sich heute ergehen. Einmal sei der Unaussprechliche genannt: Jörg Haider. Sind Sie sich je begegnet in Bad Goisern?
Ich glaub, er ist um drei Jahre älter als ich, und das reicht im jugendlichen Alter, dass man keinen Kontakt hat. Und der ist ja weggegangen mit 18, da war ich 15. Also ich hab's erst später mitbekommen, dass es da andere Goiserer auch noch gibt.

Der Großvater ist ja nicht in Bad Goisern geboren? Er ist aus dem Sudetenland nach Österreich gekommen. Der Zug, mit dem die Flüchtlinge gekommen sind, hatte auf dem Waggon "Wien" stehen ...
Richtig. Und mein Großvater hat sich dann umgehört, und ihm wurde gesagt, dass Wien ziemlich kaputt war und dass es kein guter Platz zum Neuanfangen war. Er hat gefragt "Wo ist es noch nicht kaputt?" Worauf er gefragt wurde: "Was sind Sie denn?". Er war Schuster. Und dann haben's ihm gesagt: "Goisern!". Und da hat er mit einem Schwamm das Wort "Wien" weggewischt und hat mit Kreide "Goisern" draufgeschrieben. Die haben das gelesen, zur Kenntnis genommen und haben den Waggon abgehängt, an einen anderen Zug drangehängt, haben ihn nach Goisern geführt, haben ihn dort abgehängt, und da stand er mit wenig Hab und Gut und seiner Familie in Goisern. Und dann kam die Polizei und hat gesagt: "Also entweder hast in 48 Stunden eine Arbeit und einen Platz, oder ab - wohin auch immer!" Und da hat er dann den Vater vom Jörg Haider kennengelernt, die sich dann als Gesinnungsgenossen auf der Straße erkannt haben. Und der hat ihm dann einen Job besorgt.

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Hör-Tipp
Im Gespräch, Donnerstag, 31. Mai 2007, 21:01 Uhr

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