Franz Fischler, ehemaliger EU-Agrarkommissar

Energie vom Land

Entwicklungen im ländlichen Raum wirken sich aus auf den Arbeitsmarkt, die Zukunft landwirtschaftlicher Betriebe, den Tourismus, Investitionen in die Infrastruktur und den Erhalt der Kulturlandschaft.

Neue Ideen autarker Energieversorgung

Michael Kerbler: Wir haben Regionen, die brach liegen. Wir führen jetzt eine Energiedebatte, eine CO2-Debatte in der Frage nachwachsender Energie. Glauben Sie, dass wir in dieser Phase für den Bauern genau diese Wiesen und Felder für nachwachsende Energien nutzen, ein neues Einkommen für Bauern schaffen können?
Franz Fischler: Dazu zwei Überlegungen. Ja, es stimmt, es gibt Regionen, die brach liegen. Wenn man genau nachschaut, warum das so ist... Nehmen wir einmal einen extremeren Fall: Eine Voivodschaft in Ostpolen in der Nähe der ukrainischen Grenze. Dort haben Sie jede Menge Bauern, die haben zwei Kühe und ein Pferd und bauen ein paar Kartoffeln an, und davon leben sie - wenn man das überhaupt als ein vernünftiges Leben bezeichnen kann. Jetzt ist aber die Frage, ist damit eigentlich das Ziel, das wir vor Augen haben, erfüllt? Denn diese Entwicklung, die läuft dort zwar schon seit 50 Jahren, und da sind die Strukturen eingefroren worden, die es vor 50 Jahren gegeben hat und die damals noch einen gewissen Sinn gemacht haben. Auch zum Teil aus Widerstand gegen den Kommunismus, wie wir wissen. Das Ergebnis jetzt ist, dass erstens versäumt wurde, diesen Bauern alternative Jobs anzubieten, und daher können sie nur wählen, entweder sie führen so ein Hungerleiderdasein, oder sie wandern aus. Daran sieht man, dass das eine sehr zwiespältige Sache ist, und dass das nicht so simpel ist, wie manche glauben: "Unter allen Umständen, und egal wie viel es kostet, wir erhalten die Struktur, wie sie ist, aufrecht, und dann haben wir kein Problem". Das stimmt eben leider nicht. Das ist die eine Seite.

Das andere Seite: Was bringt jetzt diese neue Debatte über Energie. Ich seh das so, dass gewisse Formen der alternativen Energienutzung durchaus eine neue Einkommenschance darstellen. Da denke ich in Österreich natürlich in erster Linie ans Holz und alles, was mit Holz zusammenhängt. Wir wissen ja, dass unsere österreichischen Wälder nicht in dem Maße genutzt werden, wie sie genutzt werden können, auch wenn man einen Nachhaltigkeitsstandpunkt zugrunde legt. Das heißt, es wächst zurzeit in Österreich wesentlich mehr neues Holz, als geerntet wird. Und es ist zum Teil sogar so, dass wir überalterte Wälder - unsere Schutzwälder sind zum Teil völlig überaltert, und da droht sogar, dass sie die Schutzfunktion verlieren - also da täte es dem Wald sogar sehr gut, wenn mehr Holz geerntet würde.

Es ist sicher auch eine Chance in einem gewissen Umfang, alle Abfälle, die die Landwirtschaft produziert, so weit es geht energetisch zu nutzen, über Biogas zum Beispiel.

Es ist sicher auch in einem gewissen Umfang eine Chance, Getreide oder andere Ackerfrüchte, wie zum Beispiel auch Pflanzenöle zu nutzen, um daraus Treibstoffe herzustellen. Vor allem beim Getreide macht es Sinn, dass man die schlechten Qualitäten heranzieht, die ohnedies für den menschlichen Konsum kaum oder gar nicht geeignet sind, da hätte man eine Verwertungsschiene, wo ein neuer Wert entsteht. Entscheidend allerdings - und da ist die Entwicklung in Österreich nicht überall so ideal - ist, dass solche Systeme dezentral organisiert werden. Also nicht ein Biomasse-Blockheizwerk mit 20 Megawatt - das ist meiner Meinung nach nicht das Modell, das funktioniert. Das Modell ist das dezentrale Modell. Das funktioniert.

Hör-Tipp
Im Gespräch, Donnerstag, 21. Juni 2007, 21:01 Uhr
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