Ephraim Kishon

AP/FRITZ REISS

"Höbilder" zum 100. Geburtstag

The Making of Ephraim Kishon

Auf das Leben! - Die Entstehungsgeschichte dieses Features ist lang, tragisch, oder um es mit dem Humor des Hauptdarstellers Ephraim Kishon angesichts der Ereignisse zumindest zu versuchen: schräg.

Sie zieht sich über 14 Jahre und sie hat den wohl traumatischsten Moment in der Geschichte Israels zum Hintergrund, den 7. Oktober 2023.

Die ersten Arbeitsschritte für das Feature finden bereits Anfang Oktober 2009 statt, als die beiden Feature-Autor:innen nach Israel reisen, um Aufnahmen für mehrere Sendungen zu Kultur und Lifestyle im Heiligen Land zu machen. In Tel Aviv kommen sie in Kontakt mit Menschen aus dem Umfeld des größten Humoristen des Landes, Ephraim Kishon. Dieser ist zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, doch seine Weggefährt:innen und seine Familie leben weiterhin in Tel Aviv.

Ephraim Kishon, 1988

Ephraim Kishon, 1988

AP/KARL-HEINZ KREIFELTS

Erste Interviews 2009

Durch die Offenheit, Herzlichkeit und Spontaneität der Israelis ergeben sich in wenigen Tagen viele sympathische Begegnungen und tiefgreifende Interviews zu Ephraim Kishon, wie mit dem ehemaligen Bürgermeister von Tel Aviv Schlomo "Tschitsch" Lahat und dessen Frau, einer Jugendfreundin von Ephraim Kishons "bester Ehefrau von allen". Es mutet beinahe als Kishon-Gag an, als die beiden Journalist:innen keine Stunde nach dem Interview die Schlomo-Lahat-Promenade - benannt nach der damals noch lebenden Stadtoberhauptlegende - entlangstromern.

Nach der Rückkehr nach Wien ergeben sich andere Projekte für die beiden Journalist:innen und das Kishon-Feature rückt in den Hintergrund. Bis der 100. Geburtstag von Ephraim Kishon naht und die beiden gemeinsam mit der Redakteurin beschließen, dass nun der richtige Zeitpunkt für diese Produktion gekommen ist.

2023 bei Kishons Sohn Rafi

Eine weitere Israel-Reise wird geplant und durchgeführt, um das Interviewmaterial abzurunden und upzudaten. Ende September 2023 macht sich die Autorin allein auf den Weg nach Tel Aviv - der Autor ist wegen Zuckerkrankheit seines inzwischen 14-jährigen Katers unpässlich. Sie erlebt wunderbare Tage in der Mittelmeermetropole und organisiert weitere Interviews. Im Gespräch mit Ephraim Kishons Sohn Rafi erfährt sie, dass dieser - im Brotberuf ist er Tierarzt - mit einer Stand-up-Comedy über das Leben seines berühmten Vaters höchst erfolgreich in Israel und international unterwegs ist.

Der Besuch an einem sonnigen Nachmittag im Tel Aviver Stadtteil Afeka, in dem Haus, das Kishon 1965 mitten in der Wüste baute, gestaltet sich ergreifend. Rafi Kishon wohnt bis heute in dem Haus, er hat fast nichts an der Einrichtung verändert. Dafür hat er sein ergrautes Haar mit einer Tinktur gestylt, die an schwarze Schuhpasta denken lässt, und wirkt dadurch und durch seine witzige und pointenreiche Kommunikation trotz seiner 66 Jahre erstaunlich jung.

Rückflug für 7. Oktober gebucht

Das Arbeitszimmer von Ephraim Kishon erweckt den Eindruck, der Humorist wäre gerade eben vom Schreibtisch aufgestanden, um einen kleinen Spaziergang zu machen. Hier sind alle Erinnerungen an das unglaublich produktive Wirken Kishons aufbewahrt, in den Regalen feinsäuberlich aufgereiht die Bücher von Ephraim Kishon in 37 Sprachen: darunter - neben den »üblichen Verdächtigen«, wie Deutsch und Englisch - auch Chinesisch, Japanisch, Koreanisch und Georgisch, an der Wand die Urkunden der Oscar-Nominierungen für die Filme "Sallah Shabati" und "Schlaf gut, Wachtmeister!".

Bald nach dem Besuch in Kishons Haus macht sich die Autorin für die Abreise aus Israel bereit, die für den 7. Oktober um 17.00 Uhr fixiert ist. In den Morgenstunden des 7. Oktober wird sie von Sirenen aus dem Schlaf gerissen. Der Flug wird von der gebuchten Fluggesellschaft wegen des Terrorangriffs und des Kriegsbeginns gestrichen. Die Journalistin sitzt auf dem Flughafen Ben Gurion fest, verbringt die Nacht dort und kann am Morgen des 8. Oktober 2023 mit der israelischen Airline El Al, die als einzige Linie gesicherte Flugtermine anbietet, nach Europa ausreisen. Mitten in dieser Situation mit völlig offenem Ausgang entsteht ein Feature über den größten Humoristen Israels, den Holocaust und Gulag-Überlebenden Ephraim Kishon, der der grausamen und unmenschlichen Wirklichkeit seinen Humor entgegensetzte. L’Chaim. Auf das Leben. Und: Schalom!

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