Die Klippen umschiffen

Exil-Autor Rafik Schami

Rafik Schami wurde in Syrien geboren, seine Jugend verbrachte er aber im Libanon. Um den Restriktionen im arabischen Raum zu entgehen - "ich stehe in allen diesen Ländern auf der schwarzen Liste" -, lebt Schami seit vielen Jahren im deutschen Exil.

Bedrängt von Diktatoren auf der einen und Fundamentalisten auf der anderen Seite: Die Lage von Autoren in arabischen Staaten ist nach den Worten des in Deutschland lebenden Exil-Schriftstellers Rafik Schami prekär.

"Der Schriftsteller ist wie ein Kapitän dort. Er ist dauernd am Manövrieren zwischen verschiedenen Klippen", sagt der aus Syrien stammende Schami, der lange Zeit im Libanon gelebt hat und jetzt im deutschen Exil lebt. Seit den 1970er Jahren schreibt er seine Bücher auf Deutsch.

Frei schreiben nur im Exil

In den arabischen Staaten gibt es nach Schamis Worten derzeit zwei Arten von Schriftstellern: "Die Oppositionellen, die unter den schwersten Bedingungen produzieren und kaum gehört und gedruckt werden - und die Staatsdichter, die unfähig sind, etwas Neues zu bringen." Nur die Schriftsteller im Exil könnten frei schreiben und hätten mit ihren Werken weltweit auch den größten Erfolg.

Keine arabischen Übersetzungen

Während Schami im deutschsprachigen Raum ein prominenter Erzähler ist, kennt in den arabischen Staaten kaum jemand seine Bücher. "Man kennt mich in Arabien nicht, weil ich in allen Ländern auf allen schwarzen Listen stehe. Das ist der höchste literarische Preis, den ich bekommen kann. Das heißt, die Herrschenden dort verstehen wohl meine Literatur", sagt der Autor. Frühere Übersetzungsanfragen habe er abgelehnt, weil die arabischen Verleger stets bestimmte Szenen auslassen wollten. Ende 2005 ist erstmals eine Rafik-Schami-Buch auf arabisch erschienen - allerdings im deutschen Hanser Verlag.

In 23 Sprachen sind Schamis Bücher veröffentlicht, sogar in Israel, nur nicht in seiner Muttersprache Arabisch. Er zahle mit seinem Exil dafür, frei schreiben zu können und wolle diese Freiheit nicht einfach aufgeben, so Schami. "Es wäre ein Verrat nicht nur an meinen Kolleginnen und Kollegen, die im Gefängnis sitzen wegen eines Gedichts, sondern auch Verrat an mir selbst. Ich habe doch nicht all die Jahre des Exils in Kauf genommen, damit ich mich jetzt zensieren lasse."

Zugang zu Weltsprachen

In seiner Heimatstadt Damaskus hätte er seinen aktuellen Roman "Die dunkle Seite der Liebe" - eine Saga über die Geschichte zweier syrischer Familien - niemals schreiben können, betont Schami. "Da wäre ich entweder in der Psychiatrie oder im Gefängnis elend zu Grunde gegangen." Die Recherche etwa über die Situation in den syrischen Gefängnissen sei von Deutschland aus abenteuerlich genug gewesen. "Es waren viele, viele Menschen, die unter Lebensgefahr manchmal etwas nach Beirut geschmuggelt und von dort mit der Post geschickt haben."

Seinen eigenen Status nimmt Schami meistens mit Humor. Das Exil habe ihm das Geschenk der deutschen Sprache gemacht und ihm damit einen weit einfacheren Zugang zu den Weltsprachen beschert als mit Arabisch, sagt er. Sein Heimweh halte er normalerweise mit arabischem Kardamom-Kaffee, Liedern der libanesischen Sängerin Fayrouz und dem Austausch von Klatschgeschichten mit seiner Schwester in Damaskus im Zaum.

Service

Rafik Schami, "Das Geheimnis des Kalligraphen", Hanser Verlag

Rafik Schami, "Milad. Von einem der auszog, um einundzwanzig Tage lang satt zu werden", Hanser Verlag

Rafik Schami, "Reise zwischen Nacht und Morgen", Hanser Verlag

Rafik Schami, "Die dunkle Seite der Liebe", Hanser Verlag

Wikipedia - Rafik Schami
Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt - Interview mit Rafik Schami