Verbrechen lohnt sich doch

Arrividerci amore, ciao

Einen Kriminalroman mit dem etwas anderen Happy End präsentiert Massimo Carlotto mit "Arrividerci amore, ciao." Grundaussage des "hard-boiled-Krimi" italienischer Prägung scheint zu sein, dass sich Verbrechen doch auszahle.

"Arrivederci, amore ciao" könnte man als "hard-boiled-Krimi" italienischer Prägung durchgehen lassen. Ein Ex-Terrorist von der linken Seite schließt nach Jahren der Flucht einen Handel mit der Polizei, um so einer längeren Haftstrafe zu entgehen. Wieder auf freiem Fuß wird er demzufolge erpresst, und nachdem er auch von etwas leben muss, beginnt er eine Karriere als Klein- bis Mittelkrimineller zuerst in Mailand, dann in Venetien. Drogen- und Menschenhandel, italienische und ex-jugoslawische Mafia.

Zynischer Antiheld

Das einzige Ziel, das Giorgio Pellegrini - so heißt die zynische Heldenfigur - hat, ist einer der vorderen Plätze in der Gesellschaft: eine reine Weste, viel Geld und schöne Frauen. Die politischen Überzeugungen sind ihm schon lange abhanden gekommen, jetzt muss er nur noch seinen polizeilichen Führungsoffizier, ein korrupter Charakter vom Scheitel bis zur Sohle, loswerden. Das gelingt ebenso wie der "große Coup", der Überfall auf einen Geldtransporter.

Am Ende steht ein Happy End, und das ist in diesem Fall das exakte Gegenteil einer Läuterung. Verbrechen lohnen sich, wenn man sie nur konsequent und kaltblütig genug begeht - das ist die "Moral" dieser Geschichte.

Gründlich missraten

Nichts Neues, aber eben "hard boiled”, garniert mit viel Sex und Gewalt. Zu viel des Guten oder Schlechten, wie auch immer man das sehen mag. Denn die Story selbst ist leider zu schwach, die Psychologie des "Helden" zu grob, und von einer überzeugend atmosphärischen Schilderung des Milieus kann auch keine Rede sein.

"Arrivederci amore, ciao" ist ein gründlich missratener Kriminalroman. Warum er trotzdem hier Erwähnung findet, hat ebenfalls mit seinem literaturbetrieblich exemplarischen Charakter zu tun: Zum einen finden sich am Buchumschlag nicht im Geringsten nachvollziehbare Lobeshymnen – von der italienischen Zeitung "Il manifesto" bis zur "New York Times" -und auch Veit Heinichen, der deutsche Autor inzwischen verfilmter Triest-Krimis, gibt seine Empfehlung für einen angeblich "schonungslosen, lakonischen, mortalen Aufschrei eines Autors" ab. "Mortal" ist die Sache insofern, als man nach der Lektüre der knapp 190 Seiten an den guten alten Spruch denken muss: "Und für so was mussten Bäume sterben". Das nur nebenbei gesagt.

Autor selbst schon angeklagt

Zum anderen setzt der Verlag, auch wenn er es sich der Form halber verbitten mag, auf die Biografie eben jenes Autors. Massimo Carlotto war nämlich in den 1970er Jahren, den "bleiernen Jahren", wie sie in Italien heißen, ebenfalls am äußerst linken Rand des politischen Spektrums zu finden, wurde als 19-Jähriger eines Mordes angeklagt, den er selbst der Polizei gemeldet hatte, wurde verurteilt, freigesprochen, wieder verurteilt, war mehrere Jahre auf der Flucht, einige dann im Gefängnis, bis er Anfang der 1990er Jahre begnadigt worden ist. Heute lebt er auf Sardinien und schreibt Kriminalromane mit einem Privatschnüffler namens "Alligator" als Helden. Die sollen ganz gut sein. Vom autobiografisch gefärbten "Arrivederci amore, ciao" kann man das leider nicht behaupten.

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Buch-Tipp
Massimo Carlotto, "Arrivederci amore, ciao", aus dem Italienischen übersetzt von Hinrich Schmidt-Henkel, Tropen Verlag, 2007, ISBN 978-3932170942

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Tropen Verlag